Humane AI Pin

Das Smartphone von morgen kommt ohne Display, dafür mit ganz viel KI

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von Maximilian Schenner und tme

Das Start-up Humane hat den "AI Pin" vorgestellt. Er ist ein Mini-Computer ohne Display, der sich an die Kleidung stecken lässt und mittels Kamera, Mikrofon und KI auf die Umgebung sowie auf Inputs des Users reagiert. Der AI Pin kostet 699 US-Dollar, dazu ist ein Abo für verschiedene Online-Services nötig.

(Source: Screenshot)
(Source: Screenshot)

Das US-amerikanische Start-up Humane hat seinen AI Pin vorgestellt. Dabei soll es sich um einen Mini-Computer handeln, der seinen Besitzer oder seine Besitzerin ständig begleitet und ihn oder sie im Alltag unterstützt. Klingt eigentlich wie ein herkömmliches Smartphone - es gibt aber einige wesentliche Unterschiede.

Gesten und Spracheingabe statt einem Display

Der wohl bedeutendste: Der AI Pin kommt ohne visuelles Display aus. Er misst keine fünf Zentimeter und würde damit - im Gegensatz zu einigen modernen Riesen-Smartphones - in jede Hosentasche passen. Das muss er aber gar nicht, denn er ist für das Tragen am Körper gedacht. Per Magnet wird der Pin auf Brusthöhe an der Kleidung fixiert. Der Magnet, der dafür im Inneren des jeweiligen Kleidungsstücks als Gegenpol agiert, ist gleichzeitig eine austauschbare Batterie, die den Pin mit Strom versorgt. Der Hersteller nennt ihn "Battery Booster". Ist er leer, holt man einen zweiten hervor, wie es in der Vorstellung des Geräts heisst.

Die Interaktion mit dem AI Pin geschieht via simpler Berührungen, Spracheingabe, Gestensteuerung oder ein sogenanntes Laser-Ink-Display. Dabei projiziert der Pin Inhalte auf die vorgehaltene Hand des Users oder der Userin. Der Content fällt jedoch minimalistisch aus und ist auf Symbole, kurze Texte oder wesentliche Informationen beschränkt. Netflix gucken ist damit also keine Option.

Das Laser-Ink-Display des Humane AI Pin. (Source: Screenshot)

Das Laser-Ink-Display des Humane AI Pin. (Source: Screenshot)

An der Vorderseite sitzen eine Ultra-Weitwinkel-RGB-Kamera, Tiefen-Sensoren und Bewegungssensoren sowie ein Personal Speaker, wie der Hersteller weiter erklärt. Der Speaker erzeuge eine Art Sound-Blase um den Träger oder die Trägerin herum. Der Radius, in dem der ausgegebene Ton zu hören ist, soll verstellbar sein. Natürlich könne man aber auch Bluetooth-Kopfhörer verbinden, um die Umgebung nicht mit der eigenen Musik zu belästigen.

Man könne den Pin beispielsweise auch bitten, Kontakte anzurufen, Nachrichten schreiben lassen oder Musik zu spielen, wie es für einen Sprachassistenten üblich ist. Mit dem Gadget könne man aber auch nach Informationen aus vergangenen Konversationen fragen, den Wortlaut einer diktierten Nachricht vor dem Versenden anpassen oder bestimmte Songs oder Playlists zu einem Thema oder einer Stimmung verlangen - etwa mit der Spracheingabe "Spiele Filmmusik aus verschiedenen Science-Fiction-Filmen" oder "Erstelle eine Playlist aus Hip-Hop-Songs, in denen es um das Skateboarden geht". Die Musik kommt vom Streaming-Anbieter Tidal, mit dem Humane zusammenarbeitet.

Wird der Pin-User in einer Fremdsprache angesprochen, agiert das Wearable als Dolmetscher und übersetzt Gehörtes wie Gesagtes, um einen Dialog zu ermöglichen.

"Wie viel Eiweiss hat diese Handvoll Mandeln?"

Die Kamera ist das Auge der KI, die im AI Pin steckt. Sie nehme bei Bedarf nicht nur Fotos und Videos auf, sondern könne auch Objekte erkennen. In der Demonstration hält Mitgründer Imran Chaudri eine Handvoll Mandeln vor die Linse und fragt den Assistenten, wie viele Gramm Eiweiss darin stecken, woraufhin die KI auch prompt eine Antwort liefert. User könnten dem Pin zeigen, was sie im Laufe des Tages zu sich nehmen, und die Software tracke sämtliche Nährwerte. Das Wearable gebe auch Bescheid, wenn ein gezeigtes Lebensmittel den User z. B. über die festgelegte maximale Menge an Zucker für den jeweiligen Tag bringen würde. So soll der Assistent zu einer gesunden Lebensweise beitragen.

Der AI Pin liefert Nährwertangaben zu vorgehaltenen Lebensmitteln. (Source: Screenshot)

Der AI Pin liefert Nährwertangaben zu vorgehaltenen Lebensmitteln. (Source: Screenshot)

Wenn der AI Pin etwas mitzuteilen hat, strahlt er Trägerin oder Träger mit einem kleinen Lämpchen an, etwa bei eingehenden Anrufen oder Nachrichten. Die Art der Mitteilung bestimmt die Farbe des Lichts. Apps gibt es auf dem AI Pin keine, betont der Hersteller. Stattdessen nutze das Gerät "AI Experiences", die sowohl in der Cloud als auch direkt am Pin laufen. Das Betriebssystem erkenne die Bedürfnisse des Users und stelle jeweils die passende KI-Anwendung bereit. Ein Qualcomm-Snapdragon-Chipset befeuert den kleinen Assistenten und soll für besonders schnelles Feedback der KI sorgen. Humane arbeitet mit einer Reihe an Tech-Firmen zusammen, auf dessen Dienste der User zugreifen kann. Dazu zählen Microsoft, Google, Slack und OpenAI.

Übrigens: OpenAI hat Anfang November 2023 erstmals einen "DevDay" veranstaltet. Dort stellte der Softwarehersteller nicht nur schneller GPT-Modelle vor, sondern kündigte auch an, das Erstellen einer eigenen ChatGPT-Variante ohne Programmierkenntnisse zu ermöglichen.

Updates für Abgetauchte

Das Kommando "Catch me up" könnte all Jenen gelegen kommen, die gerne für ein paar Stunden nicht erreichbar sind oder aber regelmässig in Gruppenchats vollgespammt werden. Das Gerät fasst daraufhin nämlich alle verpassten Anrufe und Nachrichten zusammen und reduziert sie auf die wesentlichen Informationen. Also etwa: "X, Y und Z treffen sich heute um 19:30 Uhr in diesem Restaurant."

In Sachen Datenschutz betont Humane, die anfallenden Daten in einer persönlichen Cloud des Users oder der Userin zu speichern, auf die sonst niemand Zugriff hat. Ein kleines Licht an der Vorderseite des Geräts leuchtet auf, wenn Kamera und Mikrofon eingeschaltet sind. Ist das Lämpchen aus, hört und sieht der Pin nichts - so zumindest das Versprechen des Herstellers. Wer sich nun Sorgen macht, dass das Gadget im Alltag trotzdem heimlich mithören könnte, sei be(un)ruhigt: Das tun herkömmliche Smartphones nämlich auch schon.

Das kostet der Spass

Der AI Pin ist in den Farben Eclipse, Lunar und Equinox erhältlich. Die Hardware allein kostet 699 US-Dollar. Das "Complete System" umfasst den AI Pin, ein Chargepad, Ladekabel und Adapter, ein Chargecase und einen extra "Battery-Booster". Die Nutzung des futuristischen Gadgets erfordert allerdings auch den Zugriff auf Cloud-Speicher und Services der Partnerunternehmen von Humane. Dies kostet zusätzlich 24 US-Dollar im Monat, wobei auch eine eigene Telefonnummer sowie unlimitierte Anrufe, SMS und Daten über das Netzwerk von Humane - bereitgestellt von T-Mobile - inkludiert sind. 

Der AI Pin ist in den Farben Eclipse, Lunar und Equinox erhältlich. (Source: Screenshot)

Der AI Pin ist in den Farben Eclipse, Lunar und Equinox erhältlich. (Source: Screenshot)

Optional sind auch Accessoires für den AI Pin erhältlich. So bietet der Hersteller einen magnetischen Clip für besonders dicke Kleidungsstücke an, etwa für dicke Pullis oder Jacken. Gegenteilig dazu gibt es einen besonders leichten Adapter für das Tragen auf dünnen und delikaten Stoffen wie etwa Seide, oder aber für den Sport. Auch Hüllen für den AI Pin in verschiedenen Farben sollen erhältlich sein.

Laut Website des Herstellers kann man das Gerät ab dem 16. November 2023 bestellen. Ob bzw. wann der AI Pin in die Schweiz kommt, ist noch nicht bekannt.

Das Smartphone von heute sitzt noch nicht auf der Kleidung, lässt sich aber falten. Im August hat Samsung das faltbare Galaxy Z Flip 5 auf den Markt gebracht; knapp ein Jahr nach dem Vorgängermodell Flip 4. Wie das Hands-on zeigt, ist das neue Falt-Handy definitiv nicht in allen Punkten ein Upgrade des Vorgängermodells.

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JCsrxkh6