Schriftliche Unterlagen bleiben eine Herausforderung

Stiftung "Zugang für alle" zertifiziert E-Voting-System der Post als barrierefrei

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von René Jaun und lha

Das E-Voting-System der Post ist auch für Menschen mit Behinderungen zugänglich. Die Stiftung "Zugang für alle" hat das System als barrierefrei zertifiziert. Die weiterhin verschickten schriftlichen Zugangsdaten bleiben jedoch eine Herausforderung.

(Source: Angkana / stock.adobe.com)
(Source: Angkana / stock.adobe.com)

Das Abstimmungsportal der Schweizerischen Post ist barrierefrei. Zu diesem Schluss kommt die Stiftung "Zugang für alle", die das E-Voting-System der Post überprüft und – nach Korrektur der gefundenen Mängel durch den Konzern – zertifiziert hat. Demnach entspreche die Anwendung der Konformitätsstufe AA gemäss Richtlinien für barrierefreie Webinhalte (Web Content Accessibility Guidelines, WCAG), teilt die Post mit. "Das heisst, dass Menschen mit unterschiedlichen Behinderungen – visuellen, auditiven, motorischen oder kognitiven – das Abstimmungsportal barrierefrei nutzen können."

Das jetzt als barrierefrei zertifizierte E-Voting-System der Post kommt am 18. Juni 2023 erstmals zum Einsatz, allerdings nur in den Kantonen Basel-Stadt, Thurgau und St. Gallen; und auch diese Kantone öffnen den Kanal nicht für alle. In erster Linie können Auslandsschweizer und -schweizerinnen das System testen. Allerdings lässt der Kanton Basel-Stadt spezifisch auch Inlandschweizer Stimmberechtigte mit einer Behinderung elektronisch abstimmen. Im Kanton St. Gallen kann sich zusätzlich eine begrenzte Anzahl inländischer Stimmberechtigter aus fünf Gemeinden für E-Voting registrieren.

Insbesondere blinde Menschen waren bislang beim Ausfüllen von Stimm- und Wahlzetteln auf fremde Hilfe angewiesen. Erst 2022 erteilte das Schweizerische Parlament dem Bundesrat den Auftrag, "sicherzustellen, dass durch den Einsatz von sogenannten Abstimmungsschablonen die Wahrung des Stimmgeheimnisses von Menschen mit einer Sehbehinderung bei nationalen Abstimmungen ermöglicht werden kann", wie es in der entsprechenden Motion heisst.

Schriftliche Unterlagen als Barriere

Damit Menschen mit einer Sehbehinderung nun autonom abstimmen können, reicht ein barrierefreies E-Voting-System allein jedoch nicht. Ein weiteres Element seien entsprechend ausgestaltete Stimmrechtsausweise, merkt die Post in ihrer Mitteilung an. Denn aus Gründen der Sicherheit erhalten die Stimmberechtigten ihren E-Voting-Stimmrechtsausweis weiterhin auf Papier und per Post. Für Menschen mit einer Sehbehinderung stellt dies eine Hürde dar.

Der Kanton Basel-Stadt hat auf dieses Problem bereits reagiert. Auf der Website der Staatskanzlei hat er eine Anleitung zur Handhabung der Stimmunterlagen für Sehbehinderte publiziert. Darin erklärt er die taktilen Prägungen auf dem Stimmrechtsausweis, anhand derer blinde Menschen erkennen können, auf welcher Seite sich die fürs E-Voting benötigten Codes befinden. Diese können sie dann mit Hilfe eines Scanners einlesen. Wie die Post anfügt, prüfe der Kanton gemeinsam mit den Betroffenen, wie die Stimmrechtsausweise optimiert werden können.

Der Kanton St. Gallen erklärt auf Anfrage, aktuell sei lediglich das E-Voting-Portal selbst barrierefrei. "Derzeit arbeitet der Kanton St. Gallen daran, sowohl die Anmeldung zum E-Voting als auch den Stimmrechtsausweis barrierefrei zu gestalten. Sobald dies umgesetzt ist, ist ein durchgängig barrierefreier Prozess gewährleistet", heisst es in der Stellungnahme. Ob sich Menschen mit Behinderungen aus den Pilotgemeinden für E-Voting registriert haben, weiss der Kanton nicht.

Im April 2023 machte die Post ihr E-Voting-System öffentlich zugänglich. Interessierte sollten so die Möglichkeit erhalten, das System auszuprobieren. Mehr dazu lesen Sie hier.

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