Mystery-Shopping

Media-Markt-Verkäufer: "Explodierende E-Bike-Akkus? Das sind doch Märchen!"

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von Adrian Oberer und lha

Seit ihrem Umzug in die Agglomeration fährt Astrid T. häufig mit öffentlichen Verkehrsmitteln. Um für kurze Strecken flexibler zu sein, will sie sich ein E-Bike zulegen. Bei der Beratung im Handel stellt sie fest, dass nicht nur die Preise bei den Händlern weit auseinanderliegen.

(Source: BGStock72/AdobeStock.com)
(Source: BGStock72/AdobeStock.com)

Seit Astrid T. vor zwei Jahren vom Land in die Agglomeration umgezogen ist, steht ihr Auto die meiste Zeit in der Garage. Die öffentlichen Verkehrsmittel hat sie längst schätzen gelernt. Trotzdem wünscht sie sich, wieder etwas mobiler und für kurze Fahrten in die Stadt weniger von einem Fahrplan abhängig zu sein. Daher machte sich Astrid zunächst online zum Thema E-Bikes schlau.

Mehr als 3500 Franken sollte ein E-Velo, das bis 25 Kilometer in der Stunde fährt, nicht kosten. Sorgen bereiten ihr vor allem die Akkus, las sie doch in den vergangenen Jahren immer wieder über Elektrogeräte, deren Akkus überhitzen und in Flammen aufgehen könnten. Eine Freundin erzählte Astrid, dass auch für E-Velos ­neuerdings eine Tagfahrlicht-Pflicht gelte. Ob das wohl stimmt? Die Mystery-Shopperin entschied sich, im Handel Rat zu ­suchen.

Obi

Einen ersten Halt legte Astrid in einer Obi-Filiale ganz in der Nähe ihres Zuhauses ein. Im Internet hatte sie nämlich entdeckt, dass der Baumarkt auch E-Bikes führt. Kaum im Geschäft, sprach ein Verkäufer sie an. Etwas verlegen antwortete er auf Astrids Frage nach E-Bikes: "Momentan haben wir nur ganz wenige ausgestellt. Es ist halt noch nicht Velo-Saison." Tatsächlich standen drei Velos etwas verloren in einer Ecke im Laden - eines davon ein E-Mountainbike der Marke Fischer. Die anschliessende Beratung ging nicht über das Nennen von Kennzahlen wie Reichweite, Gewicht des Velos oder der Kapazität des Akkus hinaus. Von einer Tagfahrlicht-Pflicht wusste der Verkäufer nichts - von brennenden Akkus ebenso wenig. Anstalten, diese Fragen für Astrid abzuklären, machte der Verkäufer keine. Immerhin konnte Astrid das Velo im Laden Probe fahren. Nach einer kurzen Runde machte sie sich auf zum nächsten Geschäft.

Melectronics

Bei ihrer Internetrecherche war Astrid auch auf Angebote von Melectronics gestossen - dachte sie zumindest. Als die Mystery-Shopperin in einer Filiale eine Verkäuferin danach fragte, schaute diese sie ziemlich verdutzt an. Sie glaube nicht, dass es E-Bikes im Melectronics-Sortiment gebe. Da Astrid nicht lockerliess und darauf bestand, dass sie dergleichen auf der Website des Geschäfts gesehen hatte, suchte die Verkäuferin den nächsten PC auf. Wie sich herausstellte, zeigen die Migros-Onlineshops auch Angebote anderer Migros-Fachhändler an. "Sie haben wohl die Angebote von Bikeworld oder SportXX gesehen. Die nächste Bikeworld-Filiale ist gleich um die Ecke. Schauen Sie doch mal dort vorbei", riet die Verkäuferin.

Bikeworld

Die Mystery-Shopperin folgte dem Rat und betrat kurze Zeit später eine Filiale des auf Velos spezialisierten Ablegers von SportXX. Auf einer sehr grosszügigen Ladenfläche reihte sich Fahrrad an Fahrrad - vom modernen E-City-Bike bis zum Kindervelo. Abwesend war allerdings jegliches Verkaufspersonal. Astrid schlenderte rund eine Viertelstunde durch den Laden, bis aus einem Hinterzimmer ein Verkäufer auftauchte. Die anschliessende Beratung liess dann aber nichts zu wünschen übrig. Der junge Mann wusste nicht nur einen Grossteil der Kennzahlen verschiedener Modelle auswendig, sondern erklärte Astrid auch, wie sie ihren Sattel richtig einstellt, worauf sie bei der Pflege eines E-Bikes achten muss und welches weitere Zubehör einen Mehrwert bringen würde. Die Frage nach der Tagfahrlicht-Pflicht musste die Mystery-Shopperin nicht einmal stellen; der Verkäufer wies sie von sich aus darauf hin. Auch die Frage nach explodierenden Akkus konnte den Verkäufer nicht aus dem Konzept bringen: "Da müssen sie sich gar keine Sorgen machen, die heutigen Akkus sind so robust, da kann gar nichts passieren", sagte er. Letztlich empfahl der Verkäufer Astrid das Modell Comfort Wave von Crosswave zu einem Preis von 2399 Franken. Nach einer kurzen Probefahrt notierte sich die Mystery-Shopperin den Modellnamen und zog mit einem guten Gefühl weiter.

Media Markt

Astrids nächste Station war eine Filiale von Media Markt. Ein Verkäufer sprach sie sogleich an. Auf ihre Frage nach E-Velos teilte ihr der Verkäufer mit, dass im Laden keine E-Bikes ausgestellt seien, er sie aber gerne am PC berate. Auf mehr als ein Vorlesen der Kennzahlen verschiedener Modelle belief sich die Beratung allerdings nicht. Von einer angeblichen Tagfahrlicht-Pflicht hörte der Verkäufer dann auch von Astrid zum ersten Mal. Darauf angesprochen, fragte er aber sogleich Google danach und bestätigte der Mystery-Shopperin, dass seit dem 1. April 2022 auch E-Bikes tagsüber mit Licht fahren müssen. Zu guter Letzt stellte Astrid auch hier wieder die Frage nach der Akku-Sicherheit. Der Verkäufer konnte sich ein Lachen nicht verkneifen und sagte: "Explodierende E-Bike-Akkus? Das sind doch Märchen! Ich habe zumindest noch nie von einem echten Fall gehört." Das beruhigte Astrid nicht wirklich - etwas enttäuscht zog die Mystery-Shopperin weiter.

Jumbo

Als Nächstes machte Astrid einen Abstecher in einen weiteren Baumarkt. Denn auch Jumbo hat zumindest online E-Bikes im Angebot. Nachdem sie, auf sich alleine gestellt, mehrere Minuten vergeblich nach diesen Ausschau gehalten hatte, machte sich Astrid auf die Suche nach dem Verkaufspersonal. Die kurz darauf gefundene Verkäuferin teilte ihr allerdings mit, dass in dieser Filiale momentan keine Fahrräder ausgestellt seien - auch sie verwies da­rauf, dass noch nicht Velosaison sei. Die Verkäuferin bot aber an, Astrid am Info-Desk weiter zu beraten. Ausser einer Aufzählung der verfügbaren Modelle gab die Verkäuferin Astrid auch noch nützliche Hinweise mit auf den Weg. So etwa, dass sie den Akku gerade im Winter drinnen aufladen müsse, da dieser anfällig für Kälte sei. Zu Astrids Erstaunen wies die Verkäuferin sie auch direkt auf die geltende Tagfahrlicht-Pflicht hin. Mit der Empfehlung für ein City E-Bike Cita 6.0I von Fischer für 2799 Franken machte sich die Mystery-Shopperin auf zu ihrer letzten Station.

Velohändler

Zum Schluss versuchte die Mystery-Shopperin ihr Glück noch bei einem Velohändler. Astrid hatte den Laden kaum betreten, da begrüsste sie bereits ein älterer Mann – der Besitzer des Ladens. Bevor die Mystery-Shopperin all ihre Ansprüche anbringen konnte, begann der Ladenbesitzer damit, sie mit Fragen zu löchern: "Wie weit würden Sie denn so im Durchschnitt fahren wollen? Sind Sie auf asphaltierten Strassen unterwegs oder wollen Sie auch mal ins Gelände oder müssen Kieswege nehmen? Wollen Sie das E-Velo auch im Winter nutzen?" Einige dieser Fragen hatte sich Astrid bisher gar noch nicht gestellt. Nach einer hochkompetenten Beratung präsentierte der Ladenbesitzer Astrid einen ersten Vorschlag: das Upstreet5 der Marke Flyer. Nachdem die Mystery-Shopperin unter Anleitung des Verkäufers die Sattel- und Lenkerhöhe selbst eingestellt hatte, konnte sie das Fahrrad auch gleich Probe fahren. Astrid dachte schon, ihr perfektes E-Bike gefunden zu haben, da merkte sie, dass sie noch gar nicht wusste, was das E-Bike kostet. Der Preis von rund 3900 Franken lag deutlich über Astrids Budget. Der Ladenbesitzer versicherte ihr aber, dass es eines der günstigsten Modelle sei, die er habe. Sollte ihr das E-Bike wirklich zu teuer sein, solle sie einmal bei einer Velobörse vorbeischauen. Da gebe es immer wieder Gebrauchträder in gutem Zustand. "Gute Idee", dachte sich Astrid, "das muss aber warten."

Fazit

Die Beratung in den auf Fahrräder spezialisierten Läden hob sich deutlich von der der restlichen Händler ab. Während die Beratung im Jumbo zumindest teilweise einen Mehrwert brachte, erfuhr Astrid in der Obi- und Media-Markt-Filiale nichts, was sie nicht auch auf deren Websites hatte lesen können. Zudem ist das Sortiment bei Obi, Jumbo und Media Markt – zumindest im Winter – ziemlich beschränkt. Die Beratungen bei Bikeworld und beim Velohändler waren qualitativ miteinander vergleichbar. In der Bikeworld-Filiale musste die Mystery-Shopperin allerdings lange warten, bis sich der Verkäufer im Laden zeigte. Der deutliche Unterschied lag hier bei den Preisen. Während das günstigste Modell bei Bikeworld 1799 Franken kostete, führte der Velohändler kein Modell unter 3900 Franken.

Apropos E-Bike: Mit diesen 8 Tipps sind Sie sicher mit dem Elektrovelo unterwegs. 

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