One-to-One

Darum ist Giordano Sticchis Start bei Mobilepro herausfordernd gewesen

Uhr

Seit Februar 2022 ist Giordano Sticchi Geschäftsführer von Mobilepro. Im Interview sagt er, wie die Integration des neuen Mobilepro-Teams vorangeht und mit welchen Projekten sich der Pro-AV-Disti momentan noch beschäftigt.

Giordano Sticchi ist seit Februar 2022 Geschäftsführer von Mobilepro. (Source: zVg)
Giordano Sticchi ist seit Februar 2022 Geschäftsführer von Mobilepro. (Source: zVg)

Sie sind seit Februar bei Mobilepro. Wie ist es Ihnen seitdem ergangen?

Giordano Sticchi: Nach den Umstrukturierungen und den zahlreichen Abgänge Ende des letzten Jahres war die Stimmung im Unternehmen getrübt. Entsprechend herausfordernd war mein Start im Februar, in einer Phase, die von Unsicherheit geprägt war, vor allem aus der Sicht der Kunden und unserer Lieferanten. Das war also eine äusserst intensive, aber auch lehrreiche und motivierende Zeit. Ich bin extrem dankbar, diese grossartige Chance bekommen zu haben.

Weshalb haben Sie sich nach fast 13 Jahren dazu entschieden, Epson zu verlassen?

13 Jahre sind eine grosse Zeitspanne. Trotzdem hatte ich nie das Gefühl, stehen zu bleiben. In dieser Zeit haben sich sowohl das Unternehmen wie auch das Umfeld stets dynamisch entwickelt. Das breit abgestützte Geschäft von Epson hat dafür gesorgt, dass es immer spannend blieb und ich mich persönlich und beruflich weiterentwickeln konnte. Irgendwann kam aber der Moment, an dem ich mich gefragt habe, ob ich etwas Neues wagen sollte. Man sagt ja, dass das Leben erst mit dem Verlassen der Komfortzone beginnt.

Was reizt Sie daran, Mobilepro zu führen?

Es sind verschiedene Aspekte: Zum einen habe ich meine gesamte berufliche Karriere bei Herstellern verbracht und hatte nun Lust, die Seite zu wechseln, beziehungsweise in der Wertschöpfungskette etwas weiter nach vorne zu rücken. Zum anderen ist es aber auch so, dass die Gestaltungsmöglichkeiten bei einem kleineren lokalen Handelsbetrieb grösser sind als in einem stark zentralisierten Grosskonzern. Mobilepro ist die perfekte Wahl: Als Tochtergesellschaft von Kern & Kelly in Hamburg und durch die Zugehörigkeit zur in Grossbritannien ansässigen Midwich Group mit über 900 Millionen Euro Jahresumsatz können wir auf starke und kompetente Partner zählen. Ich bewege mich weiterhin in einem internationalen Umfeld, gleichzeitig können wir hier mit dem Team die Entwicklung unter Berücksichtigung der lokalen Gegebenheiten vorantreiben. Der letzte Punkt war für mich im Vorfeld der Vertragsunterzeichnung besonders wichtig. In den zahlreichen Gesprächen mit Lutz Kern, Regional Director DACH, und Tom Sumner, Managing Director EMEA, wurde schnell klar, dass wir die gleiche Vision teilen. Der Schweizer AV-Markt kann nur durch eine starke lokale Organisation effektiv bearbeitet werden. Gleichzeitig haben wir durch die Gruppe den Zugang zu potenziellen neuen Herstellern und können agil auf zukünftige Trends im Markt reagieren.

Was sind die grössten Baustellen bei Mobilepro?

Von Baustellen würde ich, ehrlich gesagt, nicht sprechen. Mobilepro war trotz der Turbulenzen Ende des vergangenen Jahres immer voll operativ und hat in den letzten sechs Monaten praktisch nichts eingebüsst. Diese Leistung ist nur dank des tollen und unermüdlichen Einsatzes der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter möglich, die dem Unternehmen treu geblieben sind. Ich muss meinem Team ein grosses Lob aussprechen und mich bei ihnen herzlich bedanken. Sie haben auf beeindruckende Weise, unter Druck und unter hoher Arbeitsbelastung den Betrieb von Mobilepro sichergestellt.

Welche Aufgaben haben Sie als Erstes angepackt?

Es war schnell klar, dass die erste und wichtigste Aufgabe darin lag, das Team so rasch wie möglich zu vervollständigen und fehlende Kompetenzen im Unternehmen wieder aufzubauen. Parallel dazu ging es aber auch darum, das Vertrauen unserer Kunden und Lieferanten zu bewahren, zu gewährleisten und zu festigen. Es ist uns in zahlreichen Gesprächen gelungen, Kunden und Geschäftspartner von unserer Strategie zu überzeugen. Wir konnten alle bestehenden Lieferanten behalten und unsere Kunden haben uns ebenfalls ihre Treue zum Ausdruck gebracht. Dafür sind wir sehr dankbar.

Wie läuft es mit dem Wiederaufbau des Mobilepro-Teams?

Das Team ist, bis auf eine Position, wieder vollständig! Das ist - unter Berücksichtigung der Verhältnisse am Arbeitsmarkt - wirklich eine bemerkenswerte Leistung, die enorm viel Engagement und Fokus von allen Beteiligten erfordert hat. Zwischen März und September hatten wir jeden Monat ein bis zwei Neuzugänge. Ich bin sehr zufrieden und erfreut, wie gut es uns gelungen ist, Mitarbeitende für unseren Plan zu gewinnen. Employer Branding & Attractiveness sind in diesem Zusammenhang wichtige Begriffe. Die Tatsache, dass wir zu einer starken Gruppe gehören, mit Kern & Stelly und der Midwich Group im Rücken, war bei der Rekrutierung sicherlich hilfreich.

Welche weiteren Projekte beschäftigen Sie derzeit?

Die Aufgaben gehen uns bestimmt nicht so schnell aus. Die Integration so vieler neuer Kolleginnen und Kollegen in der kurzen Zeit und die Team-Entwicklung ist sicher ein Fokus-Thema, das uns über die nächsten Monate beschäftigen wird. Mit der Rekrutierung allein ist es nicht getan. Wir haben ausserdem in allen Bereichen Optimierungspotenzial. Wir schauen uns zurzeit jeden Aufgabenbereich und Prozess an, hinterfragen bestehende Vorgehensweisen und versuchen, Abläufe zu verbessern.

Was sind Ihre Ziele mit Mobilepro?

Wir orientieren uns an den Besten, im In- und Ausland. Wir haben innerhalb der Midwich-Gruppe und insbesondere in der DACH-Region mit Kern & Stelly einige Beispiele von Best-in-Class-Distributoren. Wir hegen grosse Ambitionen, wir gehen sie aber mit viel Demut und Geduld an. Das Prädikat "Best-in-Class" ist keine Selbstverklärung. Das Zeugnis wollen wir in Zukunft von unseren Kunden erhalten, denn sie beurteilen unsere Leistungen. Dieses Ziel erfordert Fähigkeiten in sehr vielen Bereichen. Unsere Strategie zielt darauf hin, die nötigen Kompetenzen auszubauen, unsere Systeme und Prozesse in der Auftragsabwicklung und in der Logistik zu optimieren und darauf, unser Produktportfolio weiterhin attraktiv zu gestalten.

Was macht Mobilepro als Distributor aus?

Mobilepro ist, sinnbildlich gesprochen, ein multidimensionaler Knotenpunkt, wo Produkte zu Lösungen werden und wo Kunden aus allen Sprachregionen der Schweiz mit einem Team hochqualifizierter Spezialisten zusammentreffen und interagieren. Unsere Kunden profitieren ausserdem von einer international verankerten, soliden und finanzstarken Organisation. Wie gesagt: Es ist noch nicht alles perfekt, aber wir haben eine klare Ausrichtung und arbeiten daran.

In einem früheren Interview erwähnten Sie, dass Sie vorhandene Kompetenzen ergänzen und eine positive Unternehmenskultur schaffen möchten. Wie wollen Sie insbesondere Letzteres erreichen und wie kommen Sie damit voran?

Wir konnten ein Team zusammenstellen, das aus einem guten Mix aus erfahrenen Branchen-Insidern und Young Talents/Young Professionals besteht. Die fachlichen und persönlichen Kompetenzen im Team sind sicher umfangreicher als bisher. Eine Unternehmenskultur erlangt man aber nicht mit dem Zauberstaub. Diese wird auch nicht von oben nach unten delegiert. In den nächsten Monaten geht es darum, einen Team-Entwicklungsprozess erfolgreich zu gestalten und zu begleiten, damit wir schnell in die Performance-Phase kommen. Ich bin sehr erfreut über die aktuelle Entwicklung, der Weg ist aber noch lang. Mittel- bis langfristig geht es darum, ein Arbeitsumfeld zu gestalten, das auf geteilten Werten, sozialen Normen und gemeinsamen Zielen gründet. Dieses Gebilde möchten wir gemeinsam als Team definieren und entwickeln. Ganz wichtig dabei ist der Einbezug aller Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.

Probleme wie Inflation und Lieferschwierigkeiten beschäftigen derzeit die Wirtschaft. Inwiefern ist Mobilepro davon betroffen und wie gehen Sie damit um?

Die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen und die Schwierigkeiten im Bereich der Supply Chain belasten jeden Marktteilnehmer. Im Gegensatz zu einem Hersteller verfügen wir als Distributor über ein breiteres Produktportfolio und sind in der Lage, hier und da auszuweichen. Aber ich gestehe, das ist nur bedingt möglich. Als einer der grössten Pro-AV-Distributoren am Schweizer Markt versuchen wir im Austausch mit unseren Partnern, die Nachfrage so gut wie möglich einzuschätzen und unsere Bestellungen früh zu platzieren. Es gelingt uns ordentlich, auf Sicht zu navigieren. Was sich im Vergleich zur Vergangenheit verändert hat, ist die Visibilität in der Supply Chain und somit auch die Planbarkeit bezüglich Lagerhaltung und Auslieferungen.

Welche Markttrends beobachten Sie aktuell? Wo sehen Sie Chancen für Ihr Geschäft?

Anfang Mai hat, nach zweijähriger Abstinenz, die ISE in Barcelona stattgefunden. Wenn ich die Messe mit einem Satz zusammenfassen müsste, wäre dies: Evolution statt Revolution. Mein Eindruck ist, dass die Pandemie die Innovationskraft der Branche vorübergehend etwas gebremst hat. Die zwei grossen Themen der ISE waren LED-Walls und die Weiterentwicklung im Bereich Unified Communication & Collaboration. Keine neuen Themen also, dennoch mit deutlichen Verbesserungen in Bezug auf Produkteigenschaften, Einsatzbereich, Integration und User Experience. Als Mobilepro sind wir im Bereich LED hervorragend aufgestellt. Mit unseren Investitionen im UC-Bereich sind wir ebenfalls für die Branchentrends gerüstet. Für die Zukunft erwarte ich allerdings wieder mehr Innovationskraft in der Branche. In der Midwich-Gruppe befassen wir uns jetzt schon mit möglichen neuen Trends.

Wie war das Geschäftsjahr 2021 und welche Prognose geben Sie für das laufende Geschäftsjahr von Mobilepro ab?

2021 war sowohl für die Unterhaltungselektronik- wie auch für die Pro-AV-Branche ein ausserordentlich starkes Jahr. Nach dem eher verhaltenen ersten Pandemie-Jahr 2020 war 2021 von wirtschaftlicher Zuversicht und grossem Nachholbedarf geprägt. Die Zahlen von 2021 zu übertreffen, dürfte für die meisten Markteilnehmer schwierig sein. Aufgrund der unsicheren wirtschaftlichen und politischen Rahmenbedingungen ist eine Prognose für 2022 schwierig. Wir sind auf jeden Fall positiv und optimistisch gestimmt: Mobilepro ist aktuell sehr viel besser unterwegs, als die Prognosen Anfang des Jahres vermuten liessen.

Wo sehen Sie Mobilepro in fünf Jahren?

Ich sehe Mobilepro als "Best-in-Class" Value-Added-Pro-AV-Distributor aus Sicht unserer Kunden, als wirtschaftlich erfolgreiches Unternehmen und als attraktiver Arbeitgeber.

persönlich

Giordano Sticchi (54) ist seit Februar 2022 Geschäftsführer von Mobilepro. Der Wirtschaftsinformatiker SIB absolvierte einen Studiengang als Msc. in Marketing bei der GSBA Zürich. Seine berufliche Laufbahn führte ihn zu Stationen bei IBM, Compaq Computer (heute HP), Nortel und Sony. Seit 2009 war Sticchi beim japanischen Hersteller Epson tätig, wo er zuletzt als ­Branch Office Manager Schweiz & Österreich die Vertriebsteams beider Länder leitete. Sticchi ist verheiratet und Vater zweier Töchter (15 und 5). In seiner Freizeit verbringt er viel Zeit mit seiner Familie, in der Natur und kocht sehr gerne. (Source: Mobilepro)

Lesen Sie ausserdem: Vom 10. bis zum 13. Mai hat in Barcelona die diesjährige ISE stattgefunden. Die Pro-AV- und Digital-Signage-Leitmesse fand 2022 erstmals wirklich in Barcelona statt. Weshalb sich die Reise nach Spanien auch für Schweizer Unternehmen lohnt, sagt Mobilepro-CEO Giordano Sticchi.

Webcode
DPF8_268240

Meist gelesen

» Mehr News