Nachgefragt

Deshalb braucht der Aufbau einer Unternehmenskultur seine Zeit

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Giordano Sticchi ist seit rund 100 Tagen Geschäftsführer von Mobilepro. Wie er gestartet ist und wie Mobilepro mit Inflation und Lieferschwierigkeiten umgeht, sagt der CEO des Pro-AV-Distributors im Interview.

Giordano Sticchi, Geschäftsführer von Mobilepro. (Source: zVg)
Giordano Sticchi, Geschäftsführer von Mobilepro. (Source: zVg)

Sie sind seit rund 100 Tagen Geschäftsführer von ­Mobilepro. Wie haben Sie die ersten Monate erlebt?

Giordano Sticchi: Das war eine äusserst intensive, aber auch lehrreiche und motivierende Zeit. Ich bin extrem dankbar, diese grossartige Chance bekommen zu haben.

Was sind die grössten Baustellen bei Mobilepro?

Von Baustellen würde ich, ehrlich gesagt, nicht sprechen. Mobile­pro war trotz der Turbulenzen Ende des letzten Jahres immer voll operativ und hat in den vergangenen sechs Monaten praktisch nichts eingebüsst. Diese Leistung ist nur dank des tollen und unermüdlichen Einsatzes der Mitarbeitenden möglich, die dem Unternehmen treu geblieben sind. Ich muss meinem Team ein grosses Lob aussprechen und mich bei ihm herzlich bedanken. Das Team hat auf beeindruckende Weise, unter Druck und unter hoher Arbeitsbelastung, den Betrieb von Mobilepro sichergestellt.

Welche Aufgaben haben Sie als Erstes angepackt?

Es war schnell klar, dass die erste und wichtigste Aufgabe darin bestand, das Team so rasch wie möglich zu vervollständigen und fehlende Kompetenzen im Unternehmen wieder aufzubauen. Parallel dazu ging es aber auch darum, das Vertrauen unserer Kunden und unseren Lieferanten zu bewahren, zu gewährleisten und zu festigen. Es ist uns in zahlreichen Gesprächen gelungen, Kunden und Geschäftspartner von unserer Strategie zu überzeugen. Wir konnten alle bestehenden Lieferanten behalten und unsere Kunden haben uns ebenfalls ihre Treue zum Ausdruck gebracht. Dafür sind wir sehr dankbar.

Wie läuft es mit dem Wiederaufbau des Mobilepro-Teams?

Das Team wächst stetig und bis August werden wir, bis auf eine Position, alle offenen Stellen besetzt haben. Seit März verzeichnen wir jeden Monat ein bis zwei Neuzugänge. Ich bin sehr zufrieden und erfreut, wie gut es uns gelungen ist, Mitarbeiter für unseren Plan zu gewinnen. Employer Branding & Attractiveness sind in diesem Zusammenhang wichtige Begriffe. Die Tatsache, dass wir zu einer starken Gruppe gehören, mit Kern & Stelly und der Midwich Group im Rücken, war bei der Rekrutierung sicherlich hilfreich.

Welche weiteren Projekte beschäftigen Sie derzeit?

Die Aufgaben gehen uns bestimmt nicht so schnell aus. Die Integration so viel neuer Kolleginnen und Kollegen in der kurzen Zeit und die Team-Entwicklung ist sicher ein Thema, das uns über die nächsten Monate beschäftigen wird. Mit der Rekrutierung allein ist es nicht getan. Wir haben ausserdem in allen Bereichen Optimierungspotential. Wir schauen uns zurzeit jeden Aufgabenbereich und Prozess an, hinterfragen bestehende Vorgehensweisen und versuchen, Abläufe zu verbessern.

Wie Sie in einem früheren Interview sagten, möchten Sie vorhandene Kompetenzen ergänzen und eine positive Unternehmenskultur schaffen. Wie geht das voran?

Wir konnten ein Team zusammenstellen, das aus einem guten Mix aus erfahrenen Branchen-Insidern und Young Talents respektive Young Professionals besteht. Die fachlichen und persönlichen Kompetenzen im Team sind sicher umfangreicher als bisher. Eine Unternehmenskultur erlangt man aber nicht mit dem Zauberstaub. Diese wird auch nicht von oben nach unten delegiert. In den nächsten Monaten geht es darum, den typischen Team-Entwicklungsprozess erfolgreich zu gestalten und zu begleiten, damit wir schnell in die Performance-Phase kommen. Ich bin sehr erfreut über die aktuelle Entwicklung, der Weg ist aber noch weit. Mittel- bis langfristig geht es darum, ein Arbeitsumfeld zu gestalten, das auf geteilten Werten, sozialen Normen und gemeinsamen Zielen gründet. Dieses Gebilde möchten wir gemeinsam als Team definieren und entwickeln. Ganz wichtig dabei ist der Einbezug aller Mitarbeitenden.

Probleme wie Inflation und Lieferschwierigkeiten beschäftigen die Wirtschaft. Inwiefern ist Mobilepro davon betroffen und wie gehen Sie damit um?

Die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen und die Schwierigkeiten im Bereich der Supply Chain belasten jeden Marktteilnehmer. Im Gegensatz zu einem Hersteller verfügen wir als Distributor über ein breiteres Produktportfolio und sind in der Lage, hier und da auszuweichen. Aber ich gestehe, das ist nur bedingt möglich. Als einer der grössten Pro-AV-Distributoren am Schweizer Markt versuchen wir im Austausch mit unseren Partnern, die Nachfrage so gut wie möglich einzuschätzen und unsere Bestellungen früh zu platzieren. Es gelingt uns ordentlich, auf Sicht zu navigieren. Was sich im Vergleich zur Vergangenheit verändert hat, ist die Visibilität in der Supply Chain und somit auch die Planbarkeit bezüglich Lagerhaltung und Auslieferungen.

Welche Markttrends beobachten Sie aktuell? Wo sehen Sie Chancen für Ihr Geschäft?

Anfangs Mai hat, nach zweijähriger Abstinenz, die ISE in Barcelona stattgefunden. Wenn ich die Messe mit einem Satz zusammenfassen müsste, wäre dies: Evolution statt Revolution. Mein Eindruck ist, dass die Pandemie die Innovationskraft der Branche vorübergehend etwas gebremst hat. Die zwei grossen Themen der ISE waren LED-Walls und die Weiterentwicklung im Bereich Unified Communication & Collaboration. Keine neuen Themen also, dennoch mit deutlichen Verbesserungen in Bezug auf Produkteigenschaften, Einsatzbereich, Integration und User Experience. Als Mobilepro sind wir im Bereich LED hervorragend aufgestellt. Mit unseren Investitionen im UC Bereich sind wir ebenfalls für die Branchentrends gerüstet. Für die Zukunft erwarte ich allerdings wieder mehr Innovationskraft in der Branche. In der Midwich Gruppe befassen wir uns jetzt schon mit möglichen neuen Trends.

Welche Prognose geben Sie für das laufende Geschäftsjahr von Mobilepro ab?

Auf Grund der unsicheren wirtschaftlichen Rahmenbedingungen ist eine Prognose schwierig. Wir sind auf jeden Fall positiv und optimistisch gestimmt: Die Mobilepro ist 2022 sehr viel besser unterwegs, wie die Prognosen im Dezember/Januar vermuten liessen.

Wo sehen Sie Mobilepro in fünf Jahren?

Ich sehe die Mobilepro als "Best in Class" Value Added Pro AV Distributor aus Sicht unserer Kunden, als wirtschaftlich erfolgreiches Unternehmen und als attraktiver Arbeitgeber.

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