Interview mit Angela Nicoara

"Edge Computing wird das IoT-Wachstum weiter vorantreiben"

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von Yasmin Billeter, Hochschule Luzern

Internet of Things, Edge Computing, Telekommunikation im Weltraum und - Sicherheit. Ein Hintergrundgespräch mit HSLU-Professorin und IoT-Expertin Angela Nicoara über aktuelle und zukünftige Herausforderungen und darüber, warum sich die technologische Zukunft nicht voraussagen lässt.

Angela Niocara, Professorin für Informatik an der HSLU (Soruce: HSLU)
Angela Niocara, Professorin für Informatik an der HSLU (Soruce: HSLU)

Was ist in diesem Jahr in Ihrem Fachbereich IoT zu erwarten?

Angela Nicoara: Ende 2021 werden weltweit rund 30 Milliarden Geräte digital vernetzt sein. Die Menge an Daten, die durch diese vernetzten "Dinge" generiert wird, ist enorm. Diese Daten müssen gesammelt, gespeichert, verwaltet und analysiert werden. IoT-Edge-Computing spielt dabei eine immer wichtigere Rolle: Der dezentrale IT-Ansatz ermöglicht es, Daten direkt dort zu verarbeiten, wo sie erzeugt werden, statt sie zur Analyse erst in die Cloud zu übertragen. Das wird das Unternehmenswachstum sowie wirtschaftliche Umwälzungen in unserem Markt in diesem und den kommenden Jahren vorantreiben. Und so das Leben der Menschen, die Unternehmen und die globale Wirtschaft verändern.

Was wird es in Ihrem Fachgebiet auch im kommenden Jahrzehnt noch nicht geben?

Die Technologie entwickelt sich so schnell, dass wir die Zukunft nicht zuverlässig vorhersagen können. Das nächste Jahrzehnt wird für die Industrie und die Nutzerinnen und Nutzer spannend werden. Wir werden beginnen, die Auswirkungen der künstlichen Intelligenz, von 5G/6G-Netzwerken sowie der schnellen Einführung von IoT-Technologien während der Covid-19-Pandemie zu realisieren. Bestehende IoT-Netze werden stetig erneuert und verbessert werden. Trotzdem wird die massive Anzahl von IoT-Geräten die Unternehmen dazu bringen, die Telekommunikation auch in den Weltraum zu verlagern. Um grosse Gebiete effizient abdecken zu können, werden viele kleine Satelliten eingesetzt, die in Konstellation zusammenarbeiten. Ob es allerdings "Orbital Edge Computing" bereits im nächsten Jahrzehnt geben wird, bezweifle ich. Beim "Orbital Edge Computing" werden Daten im Orbit verarbeitet, anstatt sie zur Erde zurückzuschicken. Die Satelliten senden dann nur jene Daten zur Erde, die tatsächlich wertvoll sind.

Worauf werden wir noch sehr lange warten müssen?

Auf intelligentere Städte, in denen IoT-Geräte überall eingesetzt werden. Autonom fliegende Drohnen werden in einer zunehmend digitalisierten Welt der Zukunft angestrebt. Ebenso wie Autos mit personalisierten Fahrpräferenzen und Diensten, die sich an die Bedürfnisse der Kundinnen und Kunden anpassen.

Was ist der grösste Irrtum von Laiinnen und Laien in Ihrem Fachgebiet?

Dass der Sicherheitsaspekt vernachlässigt werde. Sicherheit ist entscheidend für das Vertrauen und die Akzeptanz des IoT. Sie ist eine der grössten Herausforderungen, um das IoT Wirklichkeit werden zu lassen. Internetfähige Dinge wie Haushaltsgeräte, intelligente Energiezähler, persönliche Gesundheitsmonitoren, Autos, Smartphones usw. sind persönliche Geräte, die eine Fülle von Daten enthalten – auch wenn sie nicht verbunden sind. Die Daten müssen sowohl auf den Geräten als auch in der Cloud und am Edge gespeichert werden. Auch die Datenübertragung muss gesichert werden. IoT-Systeme müssen von Anfang an über Sicherheitsmechanismen verfügen. Sie später hinzuzufügen, ist eine grosse Herausforderung. Darüber hinaus muss die Sicherheit durchgängig angewendet werden: vom IoT-Gerät bis hin zum Cloud-Backend und der Analyseanwendung.

Was wird 2021 die grösste Knacknuss?

Vernetzte Geräte werden auch im Jahr 2021 zahlreiche Unternehmen definieren und verändern. Im Zuge von Covid-19 werden sich die grössten IoT-Herausforderungen auf die Bedürfnisse der Menschen konzentrieren, so zum Beispiel auf Gesundheits- und Sicherheitsmassnahmen (Gebäudereinigungstechnologien, Track-and-Trace-Funktionen, Fernüberwachung von Patientinnen und Patienten und so weiter).

Was fasziniert Sie an Ihrem Thema und warum stehen Sie dafür ein?

IoT ist die grösste Computing-Revolution der letzten Jahre und wird alle Branchen durchdringen. Es verbindet Geräte, Fahrzeuge und Infrastrukturen und vereinfacht den kontinuierlichen Zugriff auf Daten. So ermöglicht es bessere Produkte, effizientere Prozesse und neue Geschäftsmodelle. IoT-Technologien transformieren die Branche und sorgen für immer mehr Rechen-, Speicher- und Analysefunktionen am Edge. Unternehmen können diese Technologien nutzen, um branchenübergreifend für mehr Effizienz zu sorgen und die Erfahrungen der Nutzerinnen und Nutzer zu verbessern. Das IoT verändert die Art und Weise, wie wir über unser tägliches Leben denken, und wie die Industrie Probleme in Bezug auf Produktion, Qualität, Vertrieb, Lagerung, Verarbeitung, Einzelhandel und Konsum angeht.

Über Angela Nicoara

Angela Nicoara ist Professorin für Informatik und leitet das IoT Innovation Lab und die IoT Systems and Software Research Group an der Hochschule Luzern – Informatik.

Dieses Interview erschien zuerst auf dem Prognosen-Blog der Hochschule Luzern.

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