Warum das Samsung Galaxy Fold nicht sein volles Potenzial entfaltet
Mitte Oktober hat Samsung das Galaxy Fold in der Schweiz lanciert. Das foldable Premium-Handy lässt sich ausklappen, um ein 7,3 Zoll grosses Display zu offenbaren. Warum das Falthandy aber eher etwas für Instagram-Influencer und Retro-TV-Fans ist, zeigt der Hands-on-Bericht.
16-Megapixel-Hauptkamera, 7,3-Zoll-AMOLED-Display, 5G-fähig und ein stolzes Preisschild von 2100 Franken. Bei anderen Herstellern wären diese Spezifikationen bereits genug, um ein Handy als Flaggschiff-Modell zu bezeichnen. Samsung jedoch lancierte ein Smartphone, bei dem der Nutzer diese technischen Daten gar nicht mehr beachtet. Das Galaxy Fold fällt stattdessen damit auf, dass man es falten kann.
Das Auf- und Zuklappen des Smartphones bietet eine seltsame Genugtuung. Die Haptik erinnert etwas an die Klapphandys vergangener (und eventuell auch wieder künftiger) Zeiten: Nach getaner Arbeit kann der Nutzer das Smartphone nicht nur weglegen, er kann es zusätzlich noch wegklappen.
Zuklappen und weglegen. Die Haptik erinnert an die Klapphandys von früher. (Source: Netzmedien)
Der Fingerabrucksensor ist an der Seite angebracht – statt wie gewöhnlich auf der Rückseite direkt neben der Kamera. Dies erlaubt eine viel natürlichere Handhaltung beim Entsperren und wird hoffentlich bei künftigen Geräten beibehalten.
Vom Smartphone zum Mini-Tablet
Im zusammengeklappten Modus lässt sich das Handy über ein 4,6 Zoll grosses Touchdisplay bedienen. Faltet man das Galaxy Fold auf, hat man ein 7,3-Zoll-Tablet in den Händen. Viele Apps funktionieren nahtlos in beiden Modi. Der Nutzer kann also den Anfang einer Nachricht schreiben, das Fold aufklappen und an derselben Stelle weiterschreiben. Apps, die diese Funktion nicht unterstützen, müssen neu gestartet werden.
Das Geklappe weckte etwa im öV deutlich das Interesse der übrigen Pendler. Die Aufmerksamkeit ist auch durchaus verdient. Das Galaxy Fold ist ein sehr hochwertiges Smartphone und das faltbare Display eine interessante Neuerung – zumindest von einem technischen Standpunkt aus betrachtet.
Viele Apps funktionieren über das Klappen hinaus. (Source: Netzmedien)
Die praktische Umsetzung überzeugte weniger. So ist das Display zwar wirklich gut – aber die Faltlinie ist auf dem Display sicht- und fühlbar. Je nach Einfallswinkel des Umgebungslichts und dem dargestellten Bild fällt der Knick mehr oder weniger deutlich auf – aber auffallen tut er immer. Bei der Bedienung stört dies allerdings nicht. Auch auf der Faltlinie funktioniert das Touchdisplay stets korrekt.
Das Seitenverhältnis irritiert
Eine Frage vermag das Galaxy Fold jedoch nicht zu beantworten: Warum soll man es überhaupt falten? Das Gerät wird von einem sehr schmalen und dicken Smartphone zu einem eher kleinen Tablet mit dem seltsam anmutenden Seitenverhältnis von 4,2:3. Das Display wirkt somit beinahe quadratisch.
Die Konkurrenz von Motorola verfolgt eine andere Strategie, die wesentlich sinnvoller erscheint. Statt ein Smartphone zu einem Tablet auszuklappen, lässt sich das unlängst vorgestellte Razr-Smartphone zusammenfalten wie ein Klapphandy – lesen Sie hier mehr zur Razr-Ankündigung. Auf diese Weise soll auch ein grosses Smartphone noch leicht in die Hosentasche passen.
Spiele und Videos sind oft noch im Format 16:9 (im Bild: das mobile Game Hearthstone von Blizzard). Das fast quadratische Display des Galaxy Fold können sie daher nicht voll ausnutzen. (Source: Netzmedien)
Will man etwa Videos auf Youtube oder Netflix schauen, ist das Seitenverhältnis des Galaxy Fold eher störend. Denn heutige Videoinhalte sind generell im Format 16:9. Ein grosser Teil des Displays wird daher lediglich dazu verwendet, dicke schwarze Balken ober- und unterhalb des Bildes anzuzeigen.
Dasselbe Bild zeigt sich auch bei Mobile Games. Auch hier sind die schwarzen Balken sehr präsent. Andere Spiele nutzen zwar die volle Displaygrösse aus. Die Benutzeroberfläche ist jedoch nicht immer für ein fast quadratisches Bild gedacht und wirkt schnell überladen.
Für Insta-Influencer, Retro-TV-Fans und Multitasker
Das Format des Galaxy Fold eignet sich jedoch hervorragend für Instagram-Nutzer. Die Fotoplattform nutzt nämlich ein quadratisches Format. Ein weiteres Zielpublikum für Samsungs Falthandy könnten Fans von TV-Serien aus den 90er-Jahren und früher sein. Diese wurden noch in einem 4:3-Format gefilmt und passen daher perfekt auf das Display des Galaxy Fold. Auch Multitasker könnten gefallen finden an Samsungs Falthandy. Das Smartphone kann bis zu drei Apps gleichzeitig darstellen.
Das Seitenverhältnis eignet sich prima für alte TV-Serien, wie etwa Star Trek: The Next Generation. (Source: Netzmedien / https://www.youtube.com/watch?v=ADEDLoLY3AY)
Den 4235-mAh-Akku des Smartphones aufzuladen, dauert relativ lange. Wenn der Akku auf etwa 25 Prozent gesunken ist, sagt das System, dass es fast 3 Stunden braucht, bis das Gerät wieder vollständig geladen ist.
Dafür hält der Akku aber auch lange. Wird das Handy nur minim genutzt – kein WLAN und keine mobilen Daten – hatte das Gerät auch über eine Woche nach dem letzten Aufladen noch Strom. Übrigens: Das LTE-Modell verfügt über einen leicht grösseren Akku mit 4380 mAh.
Für Multitasker: Auf dem Galaxy Fold können Nutzer bis zu drei Apps gleichzeitig verwenden. (Source: Netzmedien)
Die Kamera macht zudem hervorragende Bilder und wechselt rasch zwischen der normalen Kamera sowie den integrierten Weitwinkel- und Teleobjektiven. Auch bei schlechteren Lichtverhältnissen macht das Galaxy Fold noch scharfe Fotos. Bei guten Verhältnissen brilliert sie.
Fazit: Zusammengeklappt ist es zu dick, ausgeklappt hat es ein unpraktisches Seitenverhältnis. Das Galaxy Fold weckt zunächst zwar das Interesse, enttäuscht aber bald darauf. Klar, es macht Spass, das Display immer wieder zu falten. Für viele gängige Anwendungen bietet es jedoch keinen echten Mehrwert. Bei einem Preis von 2100 Franken stellt sich deswegen die Frage: Warum falten, wenn man auch einfach ein Tablet kaufen kann?