Nationale Konferenz Digitale Schweiz

Wer digitalisieren will, muss Risiken eingehen

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Wer macht eigentlich die Regeln der Digitalisierung? Braucht künstliche Intelligenz Ethik? Und wo steht die Schweiz im Rennen um den technologischen Spitzenplatz? Diese Fragen standen im Zentrum der Nationalen Konferenz Digitale Schweiz in Basel.

Bundespräsident Ueli Maurer zeigte, wo es in der digitalen Schweiz mehr oder weniger rund läuft. (Source: Netzmedien)
Bundespräsident Ueli Maurer zeigte, wo es in der digitalen Schweiz mehr oder weniger rund läuft. (Source: Netzmedien)

Der Name der Veranstaltung ist gewichtig, die auftretende Polit-Prominenz auch. Gleich zwei Bundesräte haben an der "Nationalen Konferenz Digitale Schweiz" ihre Sicht auf Chancen und Herausforderungen der Digitalisierung vorgestellt. Ueli Maurer, Bundespräsident und Vorsteher des Eidgenössischen Finanzdepartements, sprach im Congress Center Basel über die Voraussetzungen von Wirtschaft und Verwaltung, um den digitalen Wandel zu meistern. Simonetta Sommaruga, Chefin des Eidgenössischen Departements für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation, lenkte den Blick auf die Gefahren der digitalen Ökonomie für Medien und Demokratie.

Lob und Tadel

Maurer stieg ambitioniert in sein Referat ein: "Ziel der Digitalisierung muss es sein, weltweit eine Führungsrolle einzunehmen." Dabei dürfe sich die Schweiz nicht zu sehr auf das verlassen, was in der Vergangenheit funktioniert habe. Auf die Dynamik der Entwicklung müsse man sich einstellen, um mitzuhalten. Das gelte auch für den Staat. "Daten sind Gold wert", sagte Maurer, und deshalb müsse reguliert werden, was damit passiert.

Die Schweiz verfüge über beste Voraussetzungen, um bei der Digitalisierung den Anschluss nicht zu verlieren, sagte Maurer, aber es gebe noch einige Baustellen. In der Entwicklung seien wir etwa führend, bei der Anwendung hapere es noch hie und da. In die Forschung müsse stärker investiert werden, vor allem aber in die Fachleute. Was die Schweiz brauche, sei ein Biotop der Start-ups und eventuell auch eine "Lex Informatik", um die besten Leute zu bekommen. Generell müssten Staat und Wirtschaft dazu bereit sein, Risiken einzugehen. Wer vorwärts kommen wolle, könne sich nicht um alle Bedenken kümmern.

Auch bei E-ID, Datenschutz, E-Government und Cybersicherheit müsse es vorwärts gehen, so der Bundespräsident weiter. Gerade die IT-Sicherheit sicherzustellen sei eine zentrale Aufgabe des Staates, denn sie bilde eine Grundlage der Digitalisierung. Maurer sagte, die Schweiz müsse eines der sichersten Länder bei der Anwendung digitaler Prozesse werden. Der nächste grosse Schritt sei nun die künstliche Intelligenz (KI). Wie sich diese Technologie genau entwickeln werde, könne heute noch niemand sagen. Aber es sei wichtig und schaffe Zukunftssicherheit, wenn die Schweiz in dem Bereich führend sei.

Simonetta Sommaruga: "Die Schweiz braucht auch im digitalen Zeitalter einen kritischen Journalismus." (Source: Netzmedien)

Simonetta Sommaruga ging der Frage nach, wie sich die Medien durch das Internet, Social Media und Algorithmen verändert haben - und wie der Staat darauf reagieren kann. Welche News Leute lesen und welche Werbung ihnen dabei angezeigt wird, liege heute in der Hand grosser Tech-Konzerne. Für die Politik bedeute dies, dass ihr Einfluss begrenzt sei. Stärker treffe es aber die Schweizer Medienhäuser. Vor allem die kleinen Publikationen litten darunter, dass lokale Themen in der digitalisierten Medienwelt kaum mehr eine Rolle spielten. "Im Silicon Valley hat man andere Sorgen als ein neues Schulhaus im Berner Oberland", sagte sie.

Für die Schweiz sei das ein Problem, warnte die Bundesrätin. Wenn ganze Regionen zum medialen Niemandsland würden, wenn sich die Bevölkerung über Entwicklungen vor ihrer Haustür nicht mehr informieren könne und kritischer Journalismus kein Geschäftsmodell mehr finde, gerate die direkte Demokratie in Gefahr. Der Bundesrat müsse deshalb Bezahlangebote fördern und Anreize zur Nutzung lokaler Medien setzen. An diesem Beispiel zeige sich die grundsätzliche Frage, wer eigentlich die Regeln für die Digitalisierung mache. Für Sommaruga war klar, dass nicht nur Firmen wie Google, sondern auch die Öffentlichkeit die Rahmenbedingungen für den Wandel gestalten müssten.

Der Philosoph Luciano Floridi skizzierte eine "good governance" für den digitalen Raum. (Source: Netzmedien)

Was die Social-Media-Generation denkt

Ausser Referaten zum Verhältnis zwischen digitalem Wandel, Öffentlichkeit und Regulierung bot der Konferenztag insbesondere Podiumsdiskussionen. Vertreter aus Forschung, Wirtschaft, Verwaltung und Politik debattierten etwa über die Themen "Macht der Maschinen - Ohnmacht der Menschen", "Nächste Schritte auf dem Weg zur digitalen Schweiz" und "Smart Cities, Smart Regions, Smart Villages". Gerade in der letzten Runde zeigte sich, wie fruchtbar es sein kann, wenn sich Experten und Entscheider über Kantons- oder Silogrenzen austauschen. Die Zusammenarbeit bei Konzeption, Umsetzung und vor allen Dingen Finanzierung sei wichtiger als die Technologie, die zum Einsatz kommt, waren sich die Teilnehmer einig.

Das Abschlusspodium mit Benedikt Würth, Nuria Gorrite, Benjamin Fischer, Peter Fischer, Marc Furrer, Roland Siegwart, Ladina Heimgartner, Tama Vakeesan und Giada Marsadri. (v.l., Source: Netzmedien)

Was die Digital Natives denken, die in einer Welt der Smartphones, sozialen Netzwerke und künstlichen Intelligenzen aufgewachsen sind, darum drehte sich ein interaktiver Teil der Konferenz. Dabei zeigte sich, dass Jugendliche gar nicht so anders ticken als ihre älteren Mitmenschen, und ihre Bedenken über die Schattenseiten der Digitalisierung teilen. Auch wer heute 20 Jahre alt ist, stellt eine Vereinzelung durch Onlineplattformen fest, macht sich Sorgen um den Datenschutz, will eine attraktive Arbeitswelt und betrachtet die Wirkungen von KI auf die Gesellschaft kritisch. An die in Basel versammelten Politiker richteten die Jugendlichen ausserdem vier Forderungen:

  • Digitale Kompetenzen sollen gefördert werden, aber nicht auf Kosten von sozialen Fähigkeiten für die analoge Welt

  • Es braucht Tools für mehr Mitsprache - und mehr Mut bei Städten und Gemeinden

  • Unternehmen müssen transparenter mit persönlichen Daten umgehen

  • Verbraucht nicht die ganze Zukunft, wir wollen auch noch was davon

Die ganze Konferenz im Video.

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