Marktreport

Durchzogener Heimelektronikmarkt 2017 – mit Lichtblicken

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von Luca Giuriato, Senior Market Consultant, GfK Switzerland

Der Multimediamarkt Schweiz hat 2017 leicht zulegen können. Auch im Consumer-Electronics-Markt scheint die Talsohle bald erreicht. Extrem negativ schnitt das TV-Geschäft ab.

(Source: miket / Fotolia.com)
(Source: miket / Fotolia.com)

Nach einem negativen ersten Halbjahr hat sich der Multimediamarkt Schweiz seit Juli 2017 versöhnlicher gezeigt – die folgenden Monate lagen alle über dem Vorjahr. Dank hoher Nachfrage nach Gaming-Produkten, Drohnen, Notebooks und neuer Smartphones vermochte der Multimedia-Retailmarkt in der zweiten Jahreshälfte im Schnitt um 6,2 Prozent zuzulegen, sodass am Jahresende ein Umsatzvolumen von 3,66 Milliarden Franken resultierte, 0,4 Prozent höher als 2016. Ob der Monat November (mit dem Black Friday) mit plus 15,2 Prozent für ein knapp positives Jahresergebnis allein verantwortlich zeichnete, sei dahingestellt. Sonderanalysen und Umfragen zeigen, dass es sich bei den hohen Tagesverkäufen am Black Friday um vorgezogene Weihnachtsverkäufe handelt, auf Kosten der Margen. Mittel- bis langfristig prägt der Black Friday das Konsumverhalten, was eine zunehmende Flaute vor und nach der Kaufhysterie bedeutet und kaum nachhaltig ist.

(Source: GfK Switzerland)

Talsohle in der Consumer Electronics bald erreicht?

Das Geschäft mit klassischer Brauner Ware wurde in den vergangenen Jahren vom digitalen Wandel, der Verschmelzung der Produkte und einer Übersättigung des TV-Marktes am stärksten durchgerüttelt. Im Verlauf der letzten sieben Jahre halbierte sich das Marktvolumen! Nach einem düsteren ersten Halbjahr 2017, in dem der CE-Markt mit über 20 Prozent im Minus lag, relativierte sich der Verkaufsrückgang aufs ganze Jahr auf minus 12,5 Prozent. Analysiert man die Marktentwicklung des zweiten Halbjahres, so scheinen die Umsatzrückgänge deutlich abzuflachen, einzelne Monate lagen sogar im Plus, was sich wohl als baldiges Erreichen der Talsohle interpretieren lässt.

Das TV-Geschäft schnitt 2017 mit einem Mengenminus von 22,5 Prozent extrem negativ ab. Ein positives Zeichen war aber der Anstieg der Durchschnittspreise. Ein TV-Gerät kostete 2017 im Schnitt 8,5 Prozent mehr, der Durchschnittspreis stieg auf 937 Franken, im Weihnachtsgeschäft gar auf über 1000 Franken. Grund ist die erhöhte Nachfrage nach grösseren Bildschirmgrössen und neuen Technologien wie OLED und QLED. Das TV-Geschäft dürfte hinsichtlich der anstehenden Sport-Grossereignisse wie die Fussball-WM im ersten Halbjahr 2018 von positiven Effekten und einer optimistischen Nachfrage profitieren.

Nach einer erfreulichen Entwicklung des Home-Audio-Bereichs während der letzten Jahre verzeichnete auch dieser Teilmarkt 2017 ein Minus von 9 Prozent. Home-Cinema-Anlagen werden immer mehr durch Soundbars ersetzt, diese büssten aber aufgrund eines generell rückläufigen TV-Marktes ebenfalls 5 Prozent Umsatz ein. Ebenfalls rückläufig war der Bereich Smart Audio. Promotionen mit multiroomfähigen Produkten nahmen deutlich zu, sodass die Mengen zwar nur leicht zurückgingen, der Umsatz aber über 10 Prozent unter dem des Vorjahres lag. Ein auffallend positives Zeichen vermochte eine Nische zu setzen. Immer mehr Käufer begeistern sich für hochwertige Audio-Einzelkomponenten, klassische Premium-Lautsprecher und auch kurzzeitig ausgestorben geglaubte Plattenspieler.

Digital Imaging im Wandel

Der Bereich Foto & Video entwickelte sich 2017 einmal mehr verhalten. Die Substitution durch Smartphones ist nicht nur hardwaregetrieben, vielmehr steckt dahinter eine einschneidende Veränderung des Nutzungsverhaltens. Die heutige Kommunikation basiert oft auf Kurzmitteilungen, angereichert mit Bildern, die durch soziale Medien verbreitet werden. Filmen und Fotografieren im klassischen Sinn hat allerdings nach wie vor seine Berechtigung, ist jedoch zusehends auf Liebhaber ausgerichtet.

Während Actioncams in den letzten Jahren für Aufwind sorgten, ging der Digital-Imaging-Markt im Jahr 2017 um 19 Prozent (Menge) respektive 12 Prozent (Umsatz) zurück. Trendsetter sind Drohnen. In der Schweiz gingen 2017 73 200 Drohnen über den Ladentisch, was einem Plus von 66 Prozent entspricht. Das immer einfachere Filmen aus der Vogelperspektive erlaubt harmonisch tolle sowie dank 4k-Technik qualitativ sensationelle Aufnahmen.

Dass der Fotobereich nicht tot ist, beweist die anhaltende Nachfrage nach qualitativ hochwertigen Kameras. Insbesondere kompaktere Systemkameras mit Wechselobjektiven konkurrieren teilweise stark mit voluminösen Spiegelreflexkameras. Im professionellen Segment sind die SLRs zwar immer noch das Mass aller Dinge, jedoch nähern sich die Systemkameras immer mehr an. Sehr starke Rückgänge verzeichnen auf jeden Fall Einsteigermodelle im Sektor der Kompaktkameras, wo das Smartphone heute ähnliche bis sogar bessere Funktionen bietet.

Hohe Nachfrage bei Telekom im Hochpreissegment

Der Smartphone-Markt Schweiz dürfte 2017, was den Umsatz angeht, den absoluten Höhepunkt erreicht haben. Mit über 3,2 Millionen Geräten lagen die Mengen leicht unter denen des Vorjahrs, jedoch brachten mehrere Anbieter attraktive und hochpreisige Modelle auf den Markt, die auf grosse Resonanz stiessen. Der Umsatz im Smartphone-Markt stieg um 8 Prozent, was auch mit einer starken Nachfrage vonseiten der Firmenkunden zu tun hatte. Der B2B-Bereich befindet sich über die Sparte Smartphone hinaus, dank Investitionen in die Digitalisierung, gross im Aufschwung und stellt auch für 2018 ein attraktives Geschäftsfeld dar.

Die Marktentwicklung der Smartphones bei den Privatkunden war 2017 eher verhalten. Konsumenten machen den Kauf eines neuen Geräts immer weniger vom Einhalten des providerseitigen Abo-Zyklus von zwei Jahren abhängig. Das aktuelle Gerät wird heute tendenziell länger genutzt und immer öfter nicht mehr in Verbindung mit einer Abo-Verlängerung gekauft, sondern zu attraktiveren Konditionen anderweitig erworben.

B2B und Gaming bewegen den IT-Markt

Während der IT-Markt im ersten Halbjahr 2017 noch mit 7,7 Prozent hinter dem Vorjahr lag, vermochte die zweite Jahreshälfte mit plus 6,8 Prozent einiges wieder gut zu machen. Per Jahresende lag das kumulierte Umsatzvolumen um minus 0,4 Prozent unter dem von 2016.

Treiber waren vorwiegend Notebooks, Gaming-Desktops und Computermonitore. Sie verzeichneten ein knapp zweistelliges Umsatzwachstum. Der positive Trend bei Notebooks stammt aus erfolgreichen Produkten im gehobenen Preissegment und aus dem B2B-Bereich. Das Wachstum der Umsätze im Bereich Computermonitore hat zwar keinen direkten Zusammenhang mit den Notebooks, dennoch manifestieren sich ähnliche Ausprägungen. Mit einem Umsatzplus von 13 Prozent wächst der Markt ebenfalls durch eine bessere Ausstattung, die insbesondere beim Gaming ein fesselnderes Erlebnis bietet. Nach wie vor im Trend und lukrativ ist der Gaming-Bereich. 2017 lag dieser mit 14 Prozent im Plus. Ausser Monitoren erfreuen sich Gaming-PCs sowie die Peripherie einer anhaltenden Beliebtheit. Eines der wichtigsten Segmente der Gaming-Welt sind Desktop-PCs. Rund ein Viertel aller verkauften Desktops sind Gaming-PCs, die 2017 im Schnitt über 1500 Franken kosteten.

Produkttrends und Ausblicke für den Handel

Der Multimedia-Markt dürfte umkämpft bleiben. Trotzdem bietet das Umfeld dank Innovationen und hohem Konsumenteninteresse Chancen. Das Smarthome wird dank unkomplizierten Apps und einfacheren Produkten zu erschwinglichen Preisen immer konkreter. Seitens des Handels bedingt das in Sachen Ladengestaltung und Beratung ein Umdenken. Anstelle der klassischen Warenpräsentation mit vielen Regalen und grosser Produktauswahl ist die effiziente Präsentation einer vernetzten Lösung gefragt. Dabei steht das Erlebnis im Vordergrund. Dem Konsumenten müssen auf einfache Weise die Möglichkeiten eines vernetzten Heims persönlich aufgezeigt werden.

Produkte, die eine wichtige Rolle spielen, gehen mittlerweile über die klassischen Bereiche wie Musik und Bild hinaus. Immer wichtiger werden Home Security, Lichtsteuerung und Energiemanagement. Weitere Produkte und Dienste, die in naher Zukunft einen neuen Trend auslösen könnten, sind Alexa von Amazon und Google Play. Dahinter stecken grosse Visionen und Investitionen. Obschon die geplanten Applikationen neue Perspektiven und Möglichkeiten eröffnen und damit Chancen für den Handel aufzeigen, stossen die neuen Dienste nicht bei allen Konsumenten auf gleich grosse Akzeptanz. Bedenken hinsichtlich Daten- und Persönlichkeitsschutz stellen wohl die grössten Barrieren dar.

Aus Produktsicht dürfte 2018 von der weiterhin positiven Nachfrage nach Drohnen, Smartwatches und Home Security profitieren. Der TV-Markt dürfte die Talsohle erreicht haben und im ersten Halbjahr dank der Fussball-WM sogar über Vorjahr performen; eine Kompensation im zweiten Halbjahr ist dann allerdings die Regel. Im IT-Markt wird der Gaming-Bereich weiter an Bedeutung gewinnen. Aufgrund der Sättigung des Privatkonsums bei der übrigen IT-Hardware wie auch bei den Smartphones wird die gezielte Bearbeitung von B2B-Kunden für den Multimedia-Hersteller immer wichtiger. Firmen und Institutionen investieren stark in digitale Produkte, sodass sich der Fokus aller Anbieter auf diese Projekte zwangsläufig weiter verstärken wird.

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