Händlerporträt

"Im Fachhandel einkaufen ist eine Alterserscheinung"

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Radio TV Bürgi ist seit 50 Jahren Fachhändler in Basel-Land. Inhaber Ruedi Nohl sagt, wie er die aktuelle Branchenkrise wahrnimmt. Er selbst ist zuversichtlich.

Ruedi Nohl im Ladengeschäft von Radio TV Bürgi in Therwil. (Quelle: Netzmedien)
Ruedi Nohl im Ladengeschäft von Radio TV Bürgi in Therwil. (Quelle: Netzmedien)

Radio TV Bürgi aus Therwil wird im Mai 50 Jahre alt. Ruedi Nohl, der seit der Gründungszeit im Unternehmen dabei ist, zuerst als Lehrling, heute als Inhaber, hat in diesen 50 Jahren drei Krisen im CE-Fachhandel erlebt, wie er sagt. Das erste Mal seien die TV-Preise mit der Einführung des Farbfernsehers eingebrochen. Das zweite Mal, als Discounter wie Türlimann, Thürkauf, Eschenmoser und Co. in den Markt drängten. Die dritte Welle folgte mit dem Onlinehandel. Seither mache der Fachhandel mit dem Geräteverkauf zu wenig Marge, um die Ladenmiete und den dazugehörenden Verkäufer bezahlen zu können, sagt Nohl.

Er ist trotzdem zuversichtlich. Es sei ein gutes Zeichen, dass es die genannten Discounter nicht mehr gebe und heutige Grossverteiler rote Zahlen schrieben. Daran zeige sich, dass der Fachhandel mit seinem Service- und Dienstleistungsangebot auf das stärkere Fundament setze als die Margenzerstörer. «Ich bin überzeugt, dass der gelernte Fachhandel Zukunft hat», sagt Nohl. Wichtig sei, dass man in der aktuellen Durststrecke nicht an Technikern spare. Wer in dieser Branchenkrise sein Geschäft nicht verkleinere, werde sich etablieren.

Vor sieben Jahren vergrösserte Nohl sein Unternehmen mit der Übernahme des Fachhändlers Jordi aus dem Nachbarort Reinach. Der Laden wird diesen Frühling mit Euronics gebrandet sein.

Preisvergleiche als Hauptproblem

Das Team um Nohl besteht aus fünf Technikern und zwei Lehrlingen, die er wie eine zweite Familie sieht. Das Team habe genau die richtige Grösse, sagt Nohl. «Damit sind wir auf einem guten Weg.» Kleiner sollte das Team nicht sein. Dann könne der Fachhändler seine grösste Stärke nicht mehr ausspielen: die schnelle Reaktion. So habe er etwa auf die Schnelle eine Videoübertragung einer Kirchenpredigt in eine zweite Kirche verkabeln müssen. «Da verträgt es keine Abwesenheiten von Mitarbeitern», sagt Nohl.

Verkäufer gibt es keine bei Radio TV Bürgi. Nohl sagt: «Wer heute eine Lehre als Multimediaelektroniker abschliesst, muss auch verkaufen können. Die Techniker sind nicht mehr nur an der Werkbank.» Trotzdem ist die Werkstatt bei Radio TV Bürgi grösser als das Ladengeschäft. Im Laden findet man eine gezielte Auswahl von Fernsehern und Audiogeräten. Damit will sich der Fachhändler vom Discounter abgrenzen. «Mein Sortiment fängt da an, wo es bei den Grossverteilern aufhört», sagt Nohl. So könne er das Problem umgehen, dass die Preise online verglichen werden. Langfristig sei der Fachhandel nicht teurer als andere Anbieter, deshalb sieht Nohl Preisvergleiche als das grösste Problem für die CE-Branche. Von einem Onlineshop sieht er denn auch ab. Derzeit werde aber an einer Website gearbeitet, auf der Besucher eine Übersicht der Dienstleistungen finden können.

"Ein Multimediaelektroniker muss keine Sorgen haben"

Nohl spricht dem Fachhandel trotz der beschriebenen Probleme Mut zu: «Ein Multimediaelektroniker mit seriöser Ausbildung muss keine Sorgen haben, dass er bestehen kann. Trotz der Digitalisierung wird es immer gut ausgebildete Handwerker brauchen.»

Auch die Kunden kämen zum Fachhandel zurück. Die seien bei Radio TV Bürgi meist älter als das Unternehmen. «Im Fachhandel einkaufen ist eine Alterserscheinung», sagt Nohl. Er sei stolz auf die treue Kundschaft, freue sich aber auch, wenn ein Kunde mehr als zehn Jahre später wieder in der Kundenkartei auftauche.

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