Neue Services mit 5G

Wie Ericsson Schweiz im 5G-Geschäft Gas geben will

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Ericsson hat in Bern seine Räumlichkeiten im Postparc präsentiert. Bei dieser Gelegenheit erläuterte das Team um Country Manager Martin Bürki, welche strategische Bedeutung die 5G-Technik für die Schweizer Wirtschaft haben kann und wie die Roadmap des Netzausrüsters aussieht.

Der Netzwerkausrüster Ericsson hat vergangene Woche seine Räumlichkeiten im Postparc in Bern vorgestellt. Einen Meetingraum konnten die Medienvertreter gleich selbst testen. Dort präsentierten Country Manager Martin Bürki und sein Team die Trends im Mobilfunkbereich und welche Möglichkeiten sich dadurch für die Schweizer Wirtschaft ergeben.

Vom Technik- zum Service-Anbieter

Laut Bürki habe sich das Geschäft für den Vernetzungsspezialisten verändert. Noch vor zehn Jahren verdiente Ericsson laut Bürki das Geld zu 70 Prozent mit Technik und zu 30 Prozent mit Services. Heute habe sich das Verhältnis zwischen Technik und Services umgekehrt.

Auch die Kundenlandschaft sei heute eine andere. Zu den klassischen Anbietern aus dem Telekomgeschäft kamen in den letzten Jahren Kunden aus den Bereichen Polizei und Energieversorgung hinzu. Diese Gruppe dürfte heterogener werden und Ericsson neue Geschäftsfelder eröffnen. Hierfür sorgen verschiedene Techniktrends. Einer ist etwa das Internet der Dinge (IoT).

Von M2M zu MMT

Früher sprach man von Machinge-to-Machine-Kommunikation (M2M), heute vom IoT. Hierfür bietet Ericsson verschiedene Lösungen an. Ein typischer Anwendungsfall sei die Reservation von Sitzungszimmern. Immer wieder würden diese gebucht, aber nicht genutzt, sagte Bürki. Was tun? Ericsson bietet ein System mit Sensoren an, das Ericsson Smart Office. Dieses registriert, ob sich zur reservierten Zeit Personen im gebuchten Raum aufhalten. Auch Lüftung und Temperatur könnten mit dem System reguliert werden, sagte er.

Inzwischen macht ein weiterer Terminus in der Tech-Industrie die Runde: Massive Machine Type Communication (MMT). Der Begriff umschreibt den Austausch maschineller Daten. Im Vergleich zu einfachen M2M-Lösungen werden bei MMT grosse Datenmengen ausgetauscht. Anstatt bei Bedarf eine SMS mit dem Wartungsstatus zu versenden, überträgt eine Maschine permanent Information, etwa zu aktuellen Betriebsabläufen.

Neue Übertragungstechniken nötig

Für den Austausch dieser Datenströme benötigt es neue Übertragungstechniken. Dies ist ein Markt für Hersteller wie Ericsson. Das Unternehmen forscht und entwickelt Techniken für den Datenaustausch nach dem 5G-Standard, also dem Mobilfunknetz der fünften Generation. Dieser sei ein Gamechanger. Weshalb, erläuterte Bürkis Kollege Christoph Bach. Laut dem Ingenieur werden sich neue Geschäftsfelder ergeben, die wir heute noch nicht kennen.

So könnten etwa künftig nicht nur Datenvolumina verkauft werden. Auch die Zeitdauer der Datenübertragung könnte in Zukunft berechnet werden. Latenzzeiten könnten etwa für Gamer interessant sein. Im Unternehmenskundengeschäft eröffneten sich weitere Möglichkeiten. Seit Jahren etwa träumen Ingenieure vom autonom fahrenden Auto. Dieses braucht Daten über die Strecke, das Wetter oder andere Verkehrsteilnehmer.

Was soll ein selbstfahrendes Auto machen, wenn ein Auto vor ihm plötzlich bremst? Cisco diskutierte vor einigen Jahren das Konzept des sogenannten Fog-Computings, bei dem das Auto nicht auf einen andauernden Datenaustausch angewiesen ist. Das Auto kann nach Ciscos Modell mit Hilfe seines Bordcomputers eine Lösung berechnen, beispielsweise abbremsen.

Latenzzeit als Geschäftsmodell

Ein anderer Weg als das Fog-Computing wäre der permanente Austausch mit einem Rechenzentrum. In diesem Fall würde die Latenzzeit eine gewaltige Rolle spielen.

Mit dem heutigen 4G-Standard würde die Zeit der Datenübertragung zu einem Bremsweg führen, der einen Meter länger wäre, als wenn ein Fahrer hinter dem Lenkrad im Ereignisfall sofort bremsen würde. "Wir brauchen aber Zentimeter", sagte Bach. So wird rasch klar, welcher potenzielle Markt sich für Netzausrüster wie Ericsson oder Huawei eröffnet.

Bei 5G können verschiedene virtuelle Netze auf einem physischen Netzwerk aufgesetzt werden. So könnten Provider über ihre Netze für einige Kunden Dienste für hohe Bandbreiten und für andere Abnehmer Dienste mit geringen Latenzzeiten anbieten.

Es braucht einen Paradigmenwechsel

Um diese neuen Geschäftsmodelle zu realisieren braucht es nicht nur technische Neuerungen, sagte Bach. Es brauche auch ein Umdenken bei der Versorgung mit Bandbreite. Provider dürften bei ihrer Planung nicht nur die Ballungsräume im Blick haben. Ein autonom fahrendes Auto sollte schliesslich auch in einem Seitental im Wallis rasch bremsen, nicht nur in Zürich oder Bern. Hier seien auch die staatlichen Stellen und die Politik gefordert. Denn es stelle sich die Frage, inwieweit die 5G-Versorgung auch eine staatliche Aufgabe ist, wenn sie beispielsweise die Verkehrssicherheit betrifft. Auch müssen die entsprechenden Frequenzspektren bereitgestellt werden.

Bis dahin entwickelt mit Ericsson mit Swisscom und der EPFL Lösungen für die 5G-Ära. Es gehe auch darum, den Standort Schweiz auf seinem heutigen Level zu halten, sagte Bürki abschliessend. Die Entwicklung im 5G-Bereich werde die Wettbewerbsfähigkeit der Schweiz und Europa bestimmen, betonte Ericssons Schweiz-Chef und fügte an: "Es ist in unser Aller Interesse, den Standort Schweiz voranzubringen."

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