Händlerporträt

Ein Distributor kämpft an vorderster Front

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von David Klier

In Zürich an der Baslerstrasse lebt ein Zwitterwesen. Halb Distributor, halb Händler. Martin Leuzinger lenkt dieses Wesen. Mit Begeisterung für Fotografie und keinerlei Branchenerfahrung.

Light + Byte Geschäftsführer Martin Leuzinger. (Quelle: Netzmedien)
Light + Byte Geschäftsführer Martin Leuzinger. (Quelle: Netzmedien)

Der Showroom ist gewaltig. Stative, Taschen, Reflektoren, Objektive, Kameras. Viele Kameras. Von einem Ende des Raumes zum anderen muss man laut rufen, um sich gegenseitig hören zu können. Light + Byte hat 450 Quadratmeter Verkaufsfläche und führt mehr als 15 000 Artikel.

Wenn Martin Leuzinger durch den Showroom geht, leuchten seine Augen. Fotografie fasziniere ihn, sagt er. Doch Leuzinger ist ein Neuling in der Branche. Er leitet Light + Byte erst seit gut eineinhalb Jahren. Davor war er lange für Sig Combibloc tätig. Ein Unternehmen, das Verpackungen für Getränke herstellt. Leuzinger sammelte ausserdem Erfahrungen in der Uhrenindustrie. Er arbeitete für Zett-Meyer, Oris Watches und Maurice Lacroix.

Wie landete er in der Fotobranche? "Ein glücklicher Zufall", sagt Leuzinger. Seine Frau und seine neugeborene Tochter spielten dabei eine Rolle. Bei Sig tingelte er durch die halbe Welt. Mit einem Säugling zuhause wollte Leuzinger aber nicht mehr von Montag bis Freitag unterwegs sein. Zu dieser Zeit entschied sich Paul Merki – Gründer von Light + Byte –, einen CEO zu suchen. Leuzinger bewarb sich. Er bekam die Stelle als einziger Bewerber ohne Branchenkenntnis. Für ihn erfüllte sich ein Traum. Er konnte sein Hobby, seine Leidenschaft, mit dem Beruf verbinden. Mehr möchte Leuzinger dazu aber nicht sagen. "Die Zukunft ist viel spannender", sagt er.

Keine direkte Konkurrenz zum Handel

Leuzinger führt kein klassisches Ladengeschäft. Das Unternehmen ist gleichzeitig ein Distributor. Eine Kombination, die in anderen Branchen eher selten vorkommt. "Ich kannte das vorher nicht", sagt Leuzinger. Im Fotogeschäft sei es aber nicht unüblich, weiss er inzwischen. Trotzdem macht die Doppelrolle stutzig. Als Distributor konkurriert er mit dem Handel, als Händler profitiert er von tieferen Einkaufspreisen. "In unserem Fall ist die Überschneidung der zwei Welten, Verkauf und Distribution, nicht dramatisch", sagt Leuzinger. Das Unternehmen richtet sich mit seinem Ladengeschäft primär an Profi-Fotografen und "Prosumer", wie Leuzinger Endkonsumenten mit sehr hohen Ansprüchen nennt. Klassische Laufkundschaft habe Light + Byte nicht. Deshalb sieht sich Leuzinger nicht in direkter Konkurrenz zum Handel.

Light + Byte pflege viel mehr ein partnerschaftliches Verhältnis und versuche, Partner zu unterstützen. "Im Gegensatz zu einem reinen Distributor wissen wir sehr genau, was an vorderster Front geschieht", sagt Leuzinger. In den Gesprächen mit Konsumenten erfahren er und sein Team, wo es Probleme gibt, welche Herausforderungen Kunden bewältigen müssen. Dieses Wissen münzen sie um in Konzepte und Argumente für den Handel und geben sie an Händler weiter.

Mit Lösungen gegen den Abwärtstrend

Leuzinger will aber nicht einfach nur so weitermachen wie bisher. Light + Byte als Distributor sei in der Schweiz bekannt für spezielles Zubehör. "Die richtig coolen Tools", wie sich Leuzinger ausdrückt. Etwa Fernauslöser, die via Smartphone gesteuert werden können, oder Zusatzdisplays, Lampen und externe Mikrofone, die aus einer Fotokamera eine Videokamera machen. Dieses Sortiment an "coolen Tools" will Leuzinger ausbauen. Er sei mit wachsamen Augen unterwegs und beobachte den Markt. Neuester Zugang: die digitale Bolex. Eine Neuauflage der legendären Schweizer 16-Millimeter-Kamera von Paillard-Bolex.

Abgesehen davon weiss er um den schrumpfenden Markt. Es sei kein Geheimnis, dass in der Fotobranche alle Pfeile nach unten zeigen würden. Leuzingers Abhilfe: das Lösungsgeschäft. In Services und Lösungen wie 360-Grad-Fotografie für Webshops sieht er die Zukunft. Leuzinger räumt aber auch neue Stolpersteine aus dem Weg. Wenn Kunden mit einem Problem zu ihm kommen, sucht er die Lösung. Beratung und Dienstleistungen seien das A und O, sagt er.

Leuzinger möchte auch sein Vermietungs- und Schulungsgeschäft ausbauen. "Wenn wir Hardware verkaufen wollen, müssen wir Lust auf Fotografie schaffen", sagt er. Mit Kursen und Hands-On-Events möchte er den Menschen die Begeisterung für Fotografie näherbringen.

Doch auch abseits der physischen Welt macht Leuzinger nicht Halt. Im Mai bekam Light + Byte einen neuen Webauftritt inklusive integriertem Webshop. Der bisherige Webshop sei in die Jahre gekommen und nicht sehr benutzerfreundlich gewesen, sagt Leuzinger. Der neue Webshop behandelt Benutzer aber nicht nur freundlicher. Er dient Light + Byte als virtueller Katalog. Bislang belieferte das Unternehmen Kunden und Händler nämlich mit einem gedruckten Katalog. "Unser Katalog war sehr beliebt, aber leider auch immer sehr schnell veraltet", sagt Leuzinger. Händler könnten jetzt Produkte viel einfacher finden und bestellen. Endkunden natürlich auch.

Ganz verabschieden von der "Bibel", wie sie einige Händler nannten, will sich Leuzinger noch nicht. Im Moment möchte er sich die Option einer Neuauflage offen behalten. Leuzinger denkt über eine neue Form nach. Weniger Produkte, dafür aber redaktionelle Inhalte.

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