Nachgefragt

«Wenn alle zuhören, bricht das Netz zusammen»

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von Fabian Pöschl

Was zeichnet den Schweizer Radiomarkt aus? Wie weit ist Digitalradio in der Schweiz? Ralf Reynolds, Regional Director Central Europe bei Hersteller Pure, gibt Antworten.

Ralf Reynolds, Regional Director Central Europe bei Pure. (Quelle: Pure)
Ralf Reynolds, Regional Director Central Europe bei Pure. (Quelle: Pure)

Braucht es noch Digitalradio und UKW, es gibt ja ­tausende Internetsender?

Ralf Reynolds: Ja, wegen ihrer Regionalität und Glaubhaftigkeit. Internetsender aus New York beispielsweise geben keine Auskunft über den hiesigen Strassenverkehr. Man will ja schliesslich informiert sein. Zudem ist für das Internetradio immer eine WLAN-Verbindung nötig. Und wenn alle zuhören, bricht das Netz zusammen. Deshalb braucht es bei Notfällen Broadcast.

Wie verläuft der Wechsel von UKW zu Digitalradio?

Der Trend geht eindeutig zu digital. Aber in der DACH-Region haben wir die beste UKW-Versorgung. Deshalb müssen wir bei Digitalradio mit besseren Inhalten punkten.

Was sind die Vorteile von Digitalradio?

Digitalradio ist das einzige Medium, über das man relativ einfach grosse Massen erreichen kann. Es ist günstiger als UKW, aber beim Internetradio müssen die Rundfunkbetreiber ihre Kosten pro Hörer kalkulieren. Das kann zum Ruin führen. Im Vergleich zu UKW sind auch die Dynamik und Tonqualität besser. DAB+-Radios mit Farbbildschirmen bieten zudem Zusatzinhalte wie Wetterkarten oder Grafiken.

Pure ist Gründungsmitglied der MCDT. Wie setzen Sie sich für Digitalradio in der Schweiz ein?

Unsere Intention war es, das Zukunftsradio mit mehreren Betreibern zusammen, wie etwa dem öffentlichen Rundfunk, zu promoten und bekannt zu machen. Pure ist aber schon seit 2001 in der Schweiz aktiv, um die Zukunft des Radio-Mediums im Schweizer Markt aufzubereiten.

Wie weit ist Digitalradio in der Schweiz?

Digitalradio ist das nächste ablösende Medium. Der Schweizer Rundfunk leistete sehr gute Arbeit. Obwohl es in der Schweiz eine Begrenzung von 2 kW/h für Sendemasten gibt, und die Schweiz topografisch betrachtet kein einfaches Land ist, erreicht das Radio 99 Prozent der Konsumenten. Wir arbeiten nun mit Astra zusammen, damit es auch in Tunneln eine bessere DAB+-Abdeckung gibt.

Wie erklären Sie sich, dass die Schweiz die beste DAB+-Netzabdeckung weltweit hat und trotzdem weniger Radio gehört wird?

Der Radiohörer findet neue Wege. Statt über DAB hört er heute etwa online Radio. Ausserdem hören Jugendliche zwischen 12 bis 25 Jahren wenig Radio, der Trend geht bei dieser Zielgruppe zu Angeboten wie Spotify. Aber die Nutzerzahlen bewegen sich wellenartig. Sie werden auch wieder steigen. Je älter die Leute sind, desto eher sind sie an Regionalität interessiert. Da findet dieselbe Entwicklung statt wie bei der Tageszeitung.

Was zeichnet den Schweizer Radiomarkt aus?

Er ist typisch europäisch. In den USA beispielsweise hat das Radio nicht so einen hohen Stellenwert wie bei uns. In der DACH-Region kaufen die Leute gerne qualitativ hochwertige Radios.

Was unternimmt Pure gegen sinkende Umsätze im Schweizer Radiogeräte-Markt?

Die typische Radio-Zielgruppe will Musik nicht streamen. Diese wollen wir mit dem Design unserer Geräte ansprechen. Wir ignorieren aber Streaming-Dienste und den Multi-Room-Trend nicht. Wir haben ebenfalls Multi­-Room-Lautsprecher für jüngere Zielgruppen entwickelt und bieten unseren eigenen Musik-Streaming-Dienst an. Über diesen kann ich für 5 Franken unbegrenzt Musik ausleihen. Das ist die Zukunft, und die physischen Datenträger werden verschwinden.

Wie hören Sie Radio?

Digital, weil es da Sender wie Swissjazz gibt. Seit es mehr Sender gibt, hört auch meine Tochter etwas mehr Digitalradio.

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