One-to-one

"Es war eine Herkulesaufgabe"

Uhr | Aktualisiert
von Marc Landis

Panasonic ist seit dem 1. April 2012 mit einer eigenen Niederlassung in der Schweiz präsent. Die ehemalige Panasonic-Generalvertretung John Lay Electronics musste den Vertrieb nach über 50 Jahren einstellen. Urs Fischer, der frühere Director Consumer Systems bei John Lay Electronics, ist der erste Geschäftsführer von Panasonic Schweiz. Neue Prozesse einführen, neue Logistik aufsetzen, neuen Servicedienstleister aufbauen: Fischer hatte zusammen mit seinem Team eine Herkulesaufgabe zu bewältigen. Doch er zieht nach knapp drei Monaten Geschäftstätigkeit eine positive Bilanz.

(Quelle: Netzmedien)
(Quelle: Netzmedien)

Herr Fischer, wie fühlen Sie sich als frisch gebackener Country Manager eines Weltkonzerns. Das ist für Sie bestimmt ein wichtiger Karriereschritt?

Urs Fischer: Ich bin kein Karriere-Mensch und ich hätte auch am alten Ort weiter gearbeitet, wenn es möglich gewesen wäre. Solange es für einen stimmt, muss man den Job nicht wechseln. Nun freue ich mich aber auf die neue Herausforderung im Gefüge eines Weltkonzerns zu arbeiten und auf die Erfahrungen, die ich dabei machen und sammeln werde.

Und wie haben Sie die vergangenen Monate erlebt?

Nun, Sie können sich vorstellen: Es gab einiges zu tun. Einerseits mussten wir John Lay Electronics würdig und geordnet herunterfahren, um das Unternehmen auf die Liquidation vorzubereiten, andererseits mussten wir die Geschäftstätigkeit von Panasonic Schweiz aufbauen und hochfahren. Es war eine Herkulesaufgabe, die uns auch emotional einiges abverlangte. John Lay Electronics schliessen zu müssen, war für alle sehr schmerzlich. Wir mussten uns von vielen Menschen verabschieden, mit denen wir zuvor viele Jahre zusammengearbeitet haben. Panasonic konnte im Rahmen der neuen Organisation nur 36 Mitarbeiter übernehmen.

Was veränderte sich konkret mit der neuen Organisation?

Wir haben auf ein neues Informatiksystem migriert und sind jetzt dem Firmennetzwerk von Panasonic angeschlossen. Dann musste der ganze Logistikprozess neu aufgesetzt werden, da wir unsere Ware nun direkt aus dem Panasonic-Logistikzentrum in Erfurt beziehen und in der Schweiz via Subdistribution durch Postlogistics weiter an den Handel verteilen. Ebenfalls neu ist, dass der technische Kundendienst von Panasonic-Produkten nun von einem externen Servicedienstleister, der Bachmann Mobile Kommunikation AG in Stans, bereitgestellt wird. Jetzt sind wir am Fine-tuning.

Haben sich die Lieferzeiten mit der Umstellung auf das europäische Logistikzentrum in Erfurt verändert?

Ja, das ist so. Allerdings weit weniger als ich es erwartet hätte. Im Vergleich zu vorher brauchen wir jetzt sechs Stunden mehr Vorlaufzeit. Wir arbeiten auch noch weiter daran, diese zu verkürzen. Händler haben immer noch ihren Wochenliefertag, sie müssen heute einfach bis 12:00 Uhr anstatt erst bis 18:00 Uhr ihre Bestellung aufgegeben haben, damit die Ware wie gewohnt ankommt.

Und was müssen Sie sonst noch verbessern?

Wir haben jetzt bei Panasonic sehr viel straffere Prozesse, in die wir hineinwachsen müssen. Der Teufel liegt im Detail und da gibt es noch Aufgaben zu erledigen.

Erleben Sie gerade einen Kulturschock?

Das würde ich nun nicht gerade sagen. Früher als Generalvertreter waren wir ein Schweizer KMU in Schweizer Besitz. Nun sind wir die Schweizer Niederlassung eines globalen börsenkotierten Grosskonzerns. Das ist schon eine andere Kultur. Aber wir haben ja bereits jahrzehntelange Erfahrung in der Zusammenarbeit mit Panasonic. Die Umstellung ist auf gutem Weg, dauert aber etwas länger als uns lieb ist.

Wie hat der Handel auf das Ende von John Lay Electronics und den Start-up von Panasonic Schweiz reagiert?

Von Schock über Trauer und Erschütterung bis "nicht überraschend" war alles dabei. Und natürlich eine grosse Verunsicherung wie es denn weitergeht. Unser grosser Vorteil war und ist natürlich, dass wir von John Lay Electronics viele bekannte Leute zu Panasonic Schweiz mitnehmen konnten. Für den Handel haben nur sehr wenige Ansprechpartner gewechselt. Und alle Kundenbeziehungen sind natürlich noch gegeben. Trotzdem war es eine sehr grosse Umstellung. Aber der Handel hat uns bisher sehr gut unterstützt und uns sehr viel Kredit entgegengebracht. Dafür will ich hier auch danke sagen. Jetzt müssen wir noch den Tatbeweis erbringen.

Wie hat sich das Geschäft des noch jungen Unternehmens Panasonic Schweiz in den ersten paar Monaten entwickelt?

Wir sind damit sehr zufrieden. Unsere Ziele, die wir gemeinsam mit Panasonic vereinbart hatten, haben wir erreicht. Das gibt ein gutes Gefühl für die Zukunft und wir sind auch stolz darauf, dass wir es geschafft haben. Wenn man bedenkt, was hier alles hätte schiefgehen können…

Mit welchen Produkten werden Sie nun im Markt agieren?

Panasonic hat beim Design der Fernseher einen grossen Sprung nach vorne gemacht. Da werden wir einen Schwerpunkt setzen. Der Handel freut sich auch auf die neuen Fernseher, das wurde uns auch an der Expo Montreux im März bestätigt.

Welche Sortimente vertreibt Panasonic selbst, welche über Distributoren?

Im Bereich Consumer werden die digitalen Kameras zusätzlich zu Panasonic Schweiz über Leica Camera und über Engelberger AG vertrieben. Bei den Batterien sind wir noch in der Finalisierung eines kommenden Vetriebskonzepts. Das restliche Consumer Sortiment wird über Panasonic Schweiz vertrieben.

Wie ist die Personalsituation bei Ihnen? Genügen die knapp 40 Mitarbeiter?

Grundsätzlich hätten wir natürlich gerne mehr Mitarbeiter von John Lay Electronics übernommen. Doch das war leider nicht möglich. Aber mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus Marketing, Verkauf, Administration und Finanzen die übernommen wurden, sind wir gut aufgestellt. Ebenso haben wir mit den Koordinationsfunktionen in der Technik und Logistik Einsicht in die jeweiligen Prozesse. Klar hätten wir in der Start-up-Phase mehr Leute gebrauchen können. Aber für dieses und auch für das nächste Jahr stellen wir wohl keine neuen Mitarbeiter ein. Allerdings ist das auch abhängig von der weiteren Geschäftsentwicklung.

Mit Bachmann Mobile Kommunikation AG, dem neuen Servicepartner von Panasonic, kommt ein bislang in der CE-Branche wenig bekannter Servicedienstleister ins Spiel. Was waren die Gründe für die Wahl von Bachmann?

Die Suche nach einem neuen Servicepartner wurde sehr breit angelegt. Man hat sich für Bachmann entschieden, weil das Unternehmen eine Expansion und eine Diversifizierung seines Portfolios im Consumer-Electronics-Bereich suchte und bereit war, die entsprechenden Investitionen in Personal und Ausrüstung zu tätigen. Im Rahmen der Evaluation, die Panasonic von Deutschland aus gemacht hat, beeindruckte überdies auch, wie gut Bachmann seine Service-Prozesse im Mobile-Bereich im Griff hat und diese sehr schnell auf das erweiterte Sortiment mit CE übertragen konnte.

Bachmann hat zudem 12 Servicemitarbeiter von John Lay Electronics übernommen und selbst noch ein oder zwei zusätzliche Leute eingestellt. Im Übrigen spielte bei der Entscheidung für Bachmann als Servicedienstleister auch die räumliche Nähe zu unserer Niederlassung hier in Rotkreuz eine Rolle. Es sind nur 35 Kilometer bis nach Stans. Geleitet wird der Panasonic-Service bei Bachmann von Rico Camenzind, der schon eine Führungsposition in der Serviceabteilung bei John Lay Electronics inne hatte. Wir sind guter Dinge und freuen uns auf die Zusammenarbeit.

Was wünschen Sie sich von Ihren Handelspartnern in der neuen Konstellation?

Wir hoffen natürlich, dass Sie uns weiterhin treu bleiben. Wir werden alles daran setzen, unseren Job so gut wie möglich zu machen. Mit unserem Produktportfolio sind wir gut aufgestellt und wir werden auch in Zukunft ein verlässlicher innovativer Partner für den Handel sein.

Über Urs Fischer

Urs Fischer war seit 1997 bei John Lay Electronics tätig und führte zuletzt als Mitglied der Geschäftsleitung die Division Consumer Systems. Er ist Betriebswirtschafter und schloss auch erfolgreich ein Musikstudium ab. Seit April ist er Country Manager der Schweizer Niederlassung von Panasonic in Rotkreuz.

 

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