Digitale Revolution

Eine "smarte" Welt

Uhr | Aktualisiert

Smartphone, Tablet, Smart TV, Smart Home: Alles ist heute irgendwie "smart". Doch welches Potential und welche Chancen stecken eigentlich in diesem allgegenwärtigen Begriff? Antworten dazu gab es gestern am Media Briefing der IFA Innovations 2013 in Berlin.

Im Vorfeld der diesjährigen IFA haben gestern Mittwoch die Gesellschaft für Unterhaltungs- und Kommunikationstechnik (GfU) und einige Aussteller zum Media Briefing nach Berlin geladen. Unter dem Motto "40 Jahre GfU – Smart in die Zukunft" hielt die GfU eine grosse Jubiläums-Pressekonferenz. Vertreter von Handel, Industrie und Wissenschaft präsentierten aktuelle Themen, die die Branche bewegen.

Nicht alle Konsumenten sind "smart"

Nach der Eröffnungsrede von Cornelia Yzer, Wirtschaftssenatorin des Landes Berlin, die mit 15-minütiger Verspätung "glänzte", zeigte der GfU-Aufsichtsratsvorsitzende Hans-Joachim Kamp einige Ergebnisse der europaweiten GfU-Studie "Wie smart ist der Konsument".

Wichtige Erkenntnisse für Handel und Industrie sind laut Kamp der eindeutige Vormarsch der Smart-TVs und die Tendenz zu Grössen über 42 Zoll. Kamp zeigte aber auch auf, dass es etliche Haushalte gibt, die zwar einen Smart-TV besitzen, diesen jedoch nicht mit dem Internet verbunden haben. Ein klares Indiz für das schlummernde Potenzial von Smart-TVs.

Den Konsumenten scheint nicht bewusst zu sein, was mit den smarten Fernsehern möglich ist. Es bestehe grosses Interesse an Vernetzungstechnologien, doch es müsse auch noch einiges an Informationsarbeit geleistet werden, erklärt Kamp. Leider beinhaltete die Präsentation der europaweiten Studie vorwiegend Zahlen für Deutschland und einiger anderer EU-Länder, die Schweiz war nicht berücksichtigt worden.

Erster "Smart-TV" bereits 1997

Interessantes Hintergrundwissen zum Thema "Smart" lieferte Rüdiger Kays von der TU Dortmund. Der Professor versuchte zunächst zu erklären, was "Smart" denn eigentlich bedeutet. Sein Ansatz ging von der sprachlichen Bedeutung des englischen Begriffs aus. Demzufolge geht es um Dinge, die "schnell", "gewitzt" oder "schlau" sind. Allerdings, so gab er zu bedenken, sei dies übertragen auf unseren heutigen Geräte nichts gänzlich Neues.

Bereits 1997 gab es die Grundig-Set-Top-Box WB1. Diese konnte man mit einem Fernsehgerät verbinden und dann via Netscape-Browser (!) im Internet surfen. Der Erfolg blieb allerdings aus, der Markt schien noch nicht reif dafür zu sein. Dass der Markt heute bereit ist, beweise der Erfolg der smarten Geräte. Davon abgesehen führte Kays aber drei Gesetze als Daseinsberechtigung für smarte Technologien an.

Smart als logische Konsequenz

Er nannte das "Mooresche Gesetz" (Moore's Law), nach dem sich die Integrationsdichte von Computerchips etwa alle 18 Monate verdoppelt, die "Gilder's Law", die in Anlehnung an Moore's Law davon ausgeht, dass die Bandbreite der Kommunikation etwa dreimal so schnell wächst wie die Prozessor- respektive Rechenleistung. Und schliesslich noch das "Metcalfsche Gesetz" (Metcalfe's Law), das besagt, dass der Nutzen eines Kommunikationssystems proportional zum Quadrat der Anzahl der Teilnehmer wächst.

Vereinfacht gesagt bedeutet dies, dass die Entwicklung von Geräten wie Smart TV, Smartphone und Co. eine logische Konsequenz ist, bedingt durch die technologischen Möglichkeiten, die uns heute zur Verfügung stehen. Auf die Frage, wohin die "smarte" Reise geht, beziehungsweise gehen könnte, lieferte Kays die entscheidenden Stichworte für seine Nachredner.

Der Nutzer stehe im Mittelpunkt dieser Technologien. Es drehe sich alles darum, was der Nutzer oder die Nutzerin will: Unterhaltung, Information, Kommunikation überall und jederzeit, Energie sparen, Sicherheit und Komfort. Dies sind auch die Themen, die für Hersteller und Händler im Zentrum stehen müssten. Konkret geht es um die Aufklärung der Konsumenten. Solange diese nicht wissen, was möglich ist, würden sie sich auch nicht für die Technologien interessieren.

Aufklärungsinitiative in Deutschland

In Deutschland wurde am 10. Juli von Handel und Industrie eine Initiative gestartet, die sich genau dieser Problematik annehmen will. Der Bundesverband Technik des Einzelhandels (BVT) und der Fachverband Consumer Electronics im ZVEI wollen mit ihrer Kampagne "Smarter Fernsehen" Verbrauchern die Vorteile und Möglichkeiten von Smart TVs näher bringen.

Die Idee dahinter scheint nicht schlecht, doch bleibt abzuwarten, wie erfolgreich das Projekt sein wird. Das gewählte Marketinginstrument konnte die Journalistenschar an der Pressekonferenz nicht überzeugen. Die Comic-Videoclips erinnerten eher an ein Kinder-Unterhaltungsprogramm, statt an ein ernst gemeintes Aufklärungswerkzeug für eine breite Zielgruppe.

Kompatibilität und Begriffskonsistenz

Weitere Themen waren die Vernetzung von weisser Ware sowie der neue TV-Standard Ultra HD. Während sich das Multimediasegment durch überwiegend harmonische Konnektivität auszeichnet, fehlt bei der Heimvernetzung noch immer die nötige Kompatibilität. Neben verschiedenen, umfangreichen technischen Details stand diese dann auch im Zentrum. In Sachen Standards hinsichtlich Ultra HD und alles, was damit einhergeht, legte Marcel Gonska von White Light Consultations nahe, dass eine einheitliche Begriffskonsistenz unumgänglich ist. Konsumenten würden von all den verschiedenen Bezeichnungen und zahlreichen Features abgeschreckt, weil sie sie nicht verstehen würden.

Die grosse Herausforderung für die Industrie und auch den Handel ist es also, einheitliche Termini zu verwenden. Nur wenn der Konsument versteht, was ein Produkt bietet, kann er ernsthaftes Interesse entwickeln. Die Branche muss zusammenarbeiten, wenn sie das Marktpotential voll ausschöpfen will.

Die Internationale Funkausstellung in Berlin wird vom 6. bis 11. September stattfinden. Die Messe blickt auf eine lange Geschichte zurück. 1924 fand sie zum ersten Mal statt und öffnete bis 1939 jährlich ihre Pforten. Nach dem zweiten Weltkrieg fand sie bis 2005 mit einigen Ausnahmen nur alle zwei Jahre statt. Seit 2005 werden die neuesten Entwicklungen und Innovationen der Consumer Electronics und Home Apliances wieder jährlich präsentiert.

Webcode
kKEppdyy

Meist gelesen

» Mehr News