Besuch im Handel

Mystery-Shopping: "Keine Alternative zu Gopro"

Uhr | Aktualisiert
von Fabian Pöschl

Action-Cams sind fast die einzigen Überlebenden aus der einst so umsatzträchtigen Videokamera-Sparte. Hier liegt noch Marge drin, hier lässt sich Zubehör verkaufen. Doch im Fachhandel finden Action-Cams nicht statt. Auf ihrer Mystery-Shopping-Tour begegnete Astrid zudem mehr desinteressierten als begeisterten beziehungsweise begeisternden Verkäufern.

Nur noch ein paar Wochen, dann ist es so weit: Astrids Sohn wird volljährig. Seinen Geburtstag will er in einer Skihütte mit einigen Freunden feiern, das passende Geschenk dazu hat Astrid bereits im Kopf. Von einer Freundin und deren Kinder im Teenageralter erfuhr sie von Action-Cams. Die Kameras sind leicht und klein, stoss- und wasserfest, eignen sich damit also ideal fürs Filmen von sportlichen Aktivitäten. Astrid war überzeugt: Ihr Sohn würde es bestimmt toll finden, seine Snowboard-Künste im Internet mit Freunden teilen zu können – und das in Full-HD. Um die passende Action-Cam zu finden, ging sie in Begleitung von CEtoday auf Mystery-Shopping-Tour, die zu Ochsner Sport, dem Skater- und Snowboarderladen Doodah, Interdiscount, Digitec, Media Markt sowie EP- und Interfunk-Fachhändler führte.

Fachhandel

Astrids erste Station war ein EP-Fachhändler. Hier herrschte eifriger Betrieb. Mitarbeiter von Samsung und der POS-Agentur Augenblick hievten neue Fernseher wie etwa einen Curved-OLED-TV aus Kartons. Ein Verkäufer war aber nicht in Sichtweite. Astrid solle kurz warten, hiess es. So schlenderte Astrid zur ­Kameravitrine, fand darin etwa ein halbes Dutzend Digitalkameras, aber keine Action-Cam. Kurze Zeit später trat ein Verkäufer hinter den Kassentresen, ohne auf Astrid zuzugehen. Auf ihre Frage nach Actions-Cams antwortete dieser: "Action-Cams führen wir nicht, bestellen wir aber gerne für Sie." Die Mystery-Shopperin bedankte sich und verabschiedete sich mit dem Hinweis, sie würde die Geräte eben gerne vor dem Kauf in die Hand nehmen und ausprobieren.

Ihre Tour führte weiter zum Euronics-Interfunk-Fachhändler. Dort kam ein Verkäufer auf sie zu und antwortete auf ihre Anfrage nach Action-Cams: "Ah, sie meinen Gopros? Ich schaue mal im Onlineshop nach, ob wir so etwas bestellen können." Die Suche verlief erfolglos. Das Bestellen von Action-Cams war offenbar nicht möglich. Der Verkäufer riet ihr deshalb zum Besuch bei Interdiscount oder Fust.

Interdiscount

Gesagt, getan. Wie sich herausstellen sollte, war die Empfehlung goldrichtig. Ein junger Verkäufer kam sofort auf Astrid zu, als sie vor der Kamerawand stand. Dünn war allerdings die Auswahl an Action-Cams. Nur die Black Edition von Gopro war ausgestellt. Sie würden nur diese verkaufen, sagte der Verkäufer und schien schon auf die Folgefrage gewartet zu haben – ob diese denn zu empfehlen sei. Er kannte die Kamera offensichtlich. Mit leuchtenden Augen schwärmte er: "Die Gopro Black Edition ist bei Weitem das Beste auf dem Markt. Sie dreht fantastische Videos und mit ihr kann man wahnsinnig tief tauchen und es passiert auch nichts, wenn man beim Snowboarden hinfällt." Wahrscheinlich vor lauter Begeisterung vergass er zu erwähnen, dass die Kamera zum Aktionspreis erhältlich war. Stattdessen sprach er über Ultra-HD – ­eine weitere Funktion, welche die Action-Cam bietet – bis ein Kollege hinter dem Kassentresen nach ihm rief, eine Menge Kunden wolle endlich bezahlen.

Sportgeschäft

Astrid wusste jetzt einiges über das Gopro-Modell, wollte sich aber auch andere Marken ansehen. Sie versuchte ihr Glück bei Ochsner Sport. Leider einen Monat zu früh. Erst im November zur Skisaison würden sie wahrscheinlich welche bekommen, meinte eine Verkäuferin.

Skater- und Snowboarderladen

Enttäuscht zog Astrid von dannen und versuchte ihr Glück bei Doodah, einem Szenegeschäft für Skater und Snowboarder. Ein junger Verkäufer mit Snowboardmütze wartete hinter der Kasse. Er führte Astrid zu einem Ständer mit drei Gopro-Modellen, nachdem sie ihre Wünsche geäussert hatte, und sagte schliesslich: "Die White Edition ist für Anfänger, die Silver für Erfahrenere und die Black Edition für Profis." Falls Astrids Sohn die Videos nur auf Youtube hochladen wolle, würden die Modelle White und Silver vollkommen ausreichen. Dann schlug er vor: "Schauen Sie sich doch auf Youtube ein paar Videos an, um die Qualität zu vergleichen." Astrid hätte den Vergleich gern gleich im Laden gezogen, schliesslich zeigte ein Fernseher Action-Cam-Aufnahmen der Gopro. Der Verkäufer beendete das Gespräch mit dem Hinweis, falls Astrid noch Zubehör brauche, hätten sie alles verfügbar und zeigte auf einen Wandhalter mit entsprechenden Waren.

Steg Electronics

Astrid blieb erneut nur die Wahl zwischen Gopro oder Gopro. Ihren nächsten Halt machte sie bei einer Filiale von Steg Electronics. Um es vorweg zu nehmen: Auch hier traf Astrid beim Verkäufer auf einen überzeugten Gopro-Fan. Als sie fragte, ob sie noch mehr Action-Cams als die ausgestellte Gopro White Edition hätten, sagte dieser: "Wir haben nur Gopros, es gibt einfach nichts Vergleichbares. Sogar TV-Teams vertrauen auf diese Marke." Um Astrid von seiner Meinung zu überzeugen, ging er mit ihr zu einem Computer und führte Youtube-Videos von Gopro-Aufnahmen vor, während er bemerkte: "Schauen Sie sich mal das Ergebnis an, das ist fantastisch, kein Ruckeln, kein gar nichts." Als nächstes erklärte er die unterschiedlichen Funktionen der drei Gopro-Modelle, dass etwa die Black Edition Ultra-HD-Auflösung biete. Da es aber noch zu früh für Ultra-HD sei, würde er zum Mittelklasse-Modell der Silver Edition greifen. Die biete ein deutlich besseres Objektiv als die White Edition.

Digitec

Noch immer hatte Astrid keine Action-Cams ausser Gopros gesehen. Warum setzt der Handel so einseitig nur auf eine Marke? Die Suche ging weiter. Nächste Station war Digitec, wo das Bedienungs-Ticket zu einer jungen Verkäuferin führte. Die sagte auf Nachfrage, dass bei Digitec verschiedene Modelle verfügbar seien. Sie selbst kenne aber ausser Gopro nur ein Modell von Sony. Ihre Empfehlungen fielen deshalb auf die genannten zwei Marken. Sie seien beide führend in puncto Bildqualität. Bis jetzt hätten aber alle Kunden nur nach Gopro gefragt. Die Verkäuferin druckte ein Vergleichsblatt aus mit den Funktionen der beiden Modelle und erwähnte: "Bei der Gopro Hero 3 Black Outdoor Edition ist die Ausrüstung mit Kopf- und Helmgurt bereits inklusive." Dann fiel ihr der Preisunterschied auf und begann sich zu ereifern: "Die Gopro kostet mit 475 Franken fast doppelt so viel wie die HDR-AS15 von Sony. Das ist schon ein bisschen extrem, schliesslich sind beide gleich gut, die Gopro ist einfach ein bisschen handlicher und schicker." Ein Helmgurt für die Sony-Action-Cam koste aber nur rund 50 Franken, deshalb käme man mit Sony immer noch günstiger weg. Die Kameras seien ausgestellt, falls gewünscht würde sie diese auch zeigen. Astrid bedankte sich, sie hatte genug erfahren. Neben Gopro gibt es also doch Alternativen.

Media Markt

Die letzte Station führte zu Media Markt, wo Astrid einen Verkäufer in der Fotoabteilung vorfand, den sie ansprach. Auch dieser fand Alternativen zu Gopro. "Action-Cams? Wir verkaufen drei Modelle", antwortete er und zeigte auch hier wieder die Gopro White Edition, das Sony-Modell HDR-AS15 und eine Astrid noch unbekannte Action-Cam von Rollei. "Die sind alle drei gleich gut. Nur das Design unterscheidet sich", behauptete der Verkäufer um sogleich anzufügen: "Der eine Hersteller hat einfach beim anderen abgeschaut." Er würde aber zum Rollei-Modell greifen. Denn bei dieser sei bereits ein Display integriert, was die anderen Hersteller als Zubehör verkaufen. Ein weiterer Vorteil von Rollei: "Die Action-Cam ist kompatibel mit Zubehör von Herstellern wie etwa Hama. Das geht bei den anderen nicht und kann schnell sehr teuer werden. Sehen Sie mal, was es alles an Zubehör für Action-Cams gibt", sagte der Verkäufer, mit dem Finger auf eine Wand voller Action-Cam-Zubehör zeigend.

Fazit

Astrid bedankte sich und beendete ihre Mystery-Shopping-Tour. Ihr Fazit war durchzogen. Gopro dominiert den Action-Cam-Markt ganz klar. Die Marke kommt auch bei den meist jugendlichen Verkäufern sehr gut an und es werden kaum alternative Marken vom Handel angeboten. Obwohl es diese zweifelsohne auch von Sony, JVC, Rollei und weiteren gibt.

Überraschenderweise hat der Fachhandel (noch?) nicht auf den Action-Cam-Trend ­reagiert. Dies, obwohl sogar schon branchenfremde Händler wie Sportgeschäfte oder Skaterläden auf den Zug aufgesprungen sind und solche Kameras führen oder zumindest führen wollen.

Und nicht nur das Geschäft mit Action-Cams scheint zu florieren, auch der Verkauf von Zubehör scheint sich gut zu entwickeln, wie die zahlreich erhältlichen Accessoires vermuten lassen.

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