One-to-One

"Unser hybrides Modell ist einzigartig"

Uhr | Aktualisiert

Markus Mahler führt Brack und Alltron als CEO in einer Doppelrolle. Im Interview sagt er, welche Synergien daraus auch für den Handel entstehen können. Für viele Seiten.

Markus Mahler, CEO von Alltron und Brack.ch (Quelle: Netzmedien)
Markus Mahler, CEO von Alltron und Brack.ch (Quelle: Netzmedien)

Wie läuft das Distributionsgeschäft von Alltron?

Markus Mahler: Wir sind sehr zufrieden, auch wenn die Umsätze nicht durch die Decke gehen. Wie alle anderen merken auch wir, dass wir mehr drehen müssen, um gleichviel umzusetzen. Unser Vorteil ist, dass unsere vier Felder, Telko, CE, IT und Elektro, immer mehr zusammenwachsen, so können wir unsere Kompetenz noch mehr ausspielen und Marktanteile gewinnen.

Sie haben als CEO von Brack und Alltron eine Doppelrolle. Wie passt das zusammen?

CEO für die Alltron AG und Brack in Personalunion zu sein ergibt gerade im Gespräch mit Herstellern oder Grosskunden Sinn. Auch erleichtert die gemeinsame Führung von Verkauf, Einkauf und Marketing, die bei uns nicht für beide Handelsfirmen separiert sind, das Treffen von Entscheidungen. Roland Brack hat von Anfang an sowohl den Handel als auch Endkunden bedient, das ist quasi in unserem Erbgut verankert. Unser hybrides Modell ist einzigartig. Das macht die Zusammenarbeit mit uns insbesondere für Hersteller interessant, weil wir den ganzen Markt bedienen können. Ausserdem können wir in der Kombination Synergien nutzen.

Was heisst das konkret?

Wir binden den Handel, etwa als Servicepartner für Brack-Kunden, ein. Die Transaktion machen wir, die Inbetriebnahme der Partner. Rund 200 Händler sind dabei. So verknüpfen wir den Produkthandel mit Kompetenz vor Ort. Die Swisscom-Tochter Mila stellt die Plattform bereit.

Wie zufrieden sind Sie damit?

Wir lancierten es im November, und es funktioniert super. Die Anzahl Leistungen ist aber noch überschaubar, zurzeit sind es etwa Montage und Inbetriebnahme von Fernsehern oder die Installation eines PCs. Diese Kerndienstleistungen bieten wir zu Pauschalpreisen an. Der Kunde hat dann die Wahl, ob er den Service von einem Alltron-Partner oder einer Privatperson nutzt.

Welche weiteren Dienstleistungen sind geplant?

Wir sind in intensiven Gesprächen mit Kunden und Partnern, welche Dienstleistungen gewünscht sind. Das können fremde Märkte sein, etwa ein Rasenmäherroboter, der vor Ort installiert wird. Sinnvoll sind Services in jeder Produktkategorie, in der ein Endkunde die Arbeit nicht selbst machen will oder die Fachkenntnisse dafür fehlen.

Sind auch Lösungen fürs Smarthome geplant?

Ja, denkbar sind standardisierte Lösungen als Komplettpaket. Ich denke z.B. an Beleuchtungs-, Multiroom-Sound- und Foto-/Videostreaming-Pakete. Da gibt es aber noch viel Entwicklungsbedarf für durchdachte Lösungen. Wir bieten auch schon eine Software an, die mit verschiedensten Technologien kommunizieren kann.

Welche Bedeutung haben die Pop-up-Stores für Sie, von denen Sie zwei eröffneten?

Das war eine reine Kommunikationsmassnahme, wir kommen als Pure Player aus einer anderen Ecke. Wir setzten nicht mal Umsatzziele. In Spreitenbach gab es einen grossen Raum mit wenigen Produkten, so funktioniert Detailhandel nicht. Ich war aber überrascht, wie schnell Kunden tatsächlich Artikel abholten. Es gibt aber noch keine konkreten Pläne, wieder einen Store zu eröffnen.

Gibt es nun einen französischen Shop von brack.ch?

Nein, die technische Hürde ist höher als gedacht. Zurzeit führen wir ein Product Information Management ein, die Grundlage für die Übersetzung der Texte. Bis es funktioniert, braucht es noch Veränderungen am Front-End. Ich rechne damit, dass wir dieses Jahr fertig werden.

Wieso verzichteten Sie bis jetzt auf dieses Umsatzpotenzial?

Als ich die Geschäftsführung von Brack übernahm, waren wir erst bei knapp über 50 Prozent Bekanntheit in der Deutschschweiz, da hatte die Breitenkommunikation die höhere Priorität. Die Ressourcen sind gerade in der Entwicklung massiv beschränkt. Durch unser Sponsoring in der Challenge League, in der viele welsche Klubs sind, sind wir schon in den Köpfen der Leute, wenn wir einen französischen Shop lancieren. Wir machen auch jetzt schon Umsätze in der französischen Schweiz, die sind aber erst bei rund 4 bis 5 Prozent des gesamten Privatkundenumsatzes.

Brack ist die Nummer fünf der grössten Onlineshops in der Schweiz. Welche Expansionspläne haben Sie?

Wir wollen nicht die Nummer eins werden, das wäre vermessen. Dafür ist der Abstand zu gross. Unser Ziel ist, weiterhin vorne mitzumischen. Ich bin auch nicht der Typ fürs Konkurrenzdenken. Wir haben einen gemeinsamen Auftrag, den Markt zu entwickeln.

Wie wollen Sie das tun?

Wir haben in unserer Branche das Privileg, dass die Schweizer Anbieter den Onlinemarkt in der Schweiz dominieren. In der Mode läuft das ja komplett anders. Bei uns spornt jeder den anderen mit neuen Leistungen an.

Amazon macht in der Schweiz 300 Millionen Franken Umsatz. Haben Sie keine Angst?

Davon stammt nur ein kleiner Teil aus unserem Kerngeschäft. Unser Vorteil ist, dass wir früh lernen mussten, mit Weltmarktpreisen und sehr kleinen Margen zu arbeiten. Wir machen das Geschäft über die Menge, arbeiten heute schon auf Hochleistung. Wir können "Same Day" liefern. Und wir haben in der Schweiz einige schützende Faktoren wie den Stecker und die Tastatur nach Schweizer Norm.

Wie schätzen Sie die Entwicklung des Consumer-Electronics-Handels allgemein ein?

Ich hege nicht die Hoffnung, dass die Entwertung aufhört. Es ist Wahnsinn, wie wenig Wert für eine unglaubliche Leistung der Geräte gelöst wird. Die tiefen Preise führen dazu, dass mehr Geräte gekauft werden, aber es wird wohl nicht mehr gelingen, den Durchschnittspreis jemals wieder ansteigen zu lassen. Ich glaube aber, dass es für CE Potenzial im Smarthome gibt, es entstehen derzeit viele smarte Funktionen. Dafür muss aber der Nutzen für den Konsumenten ersichtlich werden.

Wieso haben Sie Twint als Bezahllösung integriert?

Wir probieren gerne Neues aus. Ausserdem ist Twint eine günstige Schweizer Lösung, die in kurzer Zeit breit abgestützt war, auch von Coop und Migros. Und mit Paymit gibt es schon die nächste Schweizer Lösung. Die werden wir natürlich auch integrieren. Wir tragen aber keine strategische Verantwortung, welche Lösung sich durchsetzen wird. Wir müssen nur die Lösungen anbieten, damit der Konsument das nutzen kann, was er gerade bevorzugt.

Was kostet Twint?

Im Vergleich zu den Kreditkartengebühren fast nichts. In unserem extrem niedrigmargigen Geschäft können wir nun einmal keinen wesentlichen Teil der Marge an eine Kreditkartenfirma oder an Paypal abgeben. Deshalb sind wir auch froh, dass der Rechnungsanteil in der Schweiz so gross ist.

War die Integration von Twint kompliziert?

Nein, die individuellen Einstellungen waren keine grosse Geschichte, weil die Zahlungsmethode wie alle anderen auch über Datatrans funktioniert.

Gab es bereits Reaktionen?

Ja, wir hatten während der ersten drei Tage über 100 Transaktionen. Das waren aber wohl die Early Adopters. Ich habe Twint bei meiner LSV hinterlegt, dann ist es simpel. Ich hoffe, dass es sich durchsetzt und ein Bargeldersatz wird. Wenn die Wallet weiter ausgebaut wird, steigt auch der Gesamtnutzen für den Kunden. Solche Transformationsprozesse können aber lange dauern.

Wird es eine Brack-Treuekarte geben, die Sie bei Twint hinterlegen?

Wir haben ein Bonusprogramm auf einem Walletsystem schon zigfach diskutiert. Die Frage ist, in welcher Form so eine Karte zu uns passen würde, auch bezüglich des Qualitätsaspekts. Es braucht eine intelligente Lösung, die informiert aber nicht zumüllt mit Push-Meldungen, welche Aktionen gerade laufen.

Wie weit sind Sie mit dem Bau des Mittel- und Grossteilelagers im Logistikzentrum in Willisau?

Derzeit läuft ein Baugesuch für die Gebäudehülle. Wir mussten allein schon wegen des Wachstums handeln, damit wir mehr Effizienz in der Verrichtung und in der Abwicklung erreichen. Unser Logistikzentrum ist eines der modernsten in Europa.

Was bedeutet das für Brack? Verschiebt sich die Rangliste?

Nein, das glaube ich nicht. Wir sind nicht die günstigsten, weil wir sonst gewisse Dienstleistungen im Pre- und After-Sales nicht mehr anbieten könnten. Das Logistikzentrum ist ein Schlüsselfaktor, aber im Sinne einer Marktberechtigung, wie wir langfristig aufgestellt sind. Die grosse Breite unseres Sortiments sollte dazu führen, dass wir das Lager auch für andere zugänglich machen können.

Sie führen neu Weisse Waren. Wie kam das an?

Sehr gut. Elektronik ist unsere Herkunft, das traut man uns zu. Es brauchte neue Prozesse für die Weissen Waren, aber das betraf grösstenteils die externe Logistik. Unsere Partner sind Planzer für die Etagenlieferung und den Anschluss, den Einbau macht Sibirgroup für alle Einbaugeräte.

Ihre Message an den Handel?

Wir glauben an den serviceorientierten Handel und sind überzeugt, dass wir gemeinsam noch viel erreichen können. Es ist eine Tatsache, dass der Konsument vermehrt online einkauft, das lässt sich auch nicht mehr umkehren. Aber wir müssen erklären, dass Services eine Bedeutung haben. Daran arbeiten wir auch in der IT.

Was meinen Sie damit?

Wir bauen eine Plattform für Cloud Services auf, um Services für Kunden zu bündeln. Den Integrator braucht es aber weiterhin. Er kümmert sich um die Installation, das Umsetzen der Arbeitsplätze, die Betriebssoftware und weiteres. Diese Serviceorientierung ist extrem wichtig. Ich glaube, dass wir das noch stärker fördern können. Früher hatte der Fachhändler die Dienstleistungen und Services im Verkaufspreis drin, heute muss er es extern verrechnen. Aber damit kann er gutes Geld verdienen.

Wieso ist Alltron nicht an der CE Expo dabei?

Es ist immer ein Abwägen, weil wir zeitnah die eigene Hausmesse haben. Wir bekommen viel Bestätigung von Kunden und Partnern für unsere Messe, deshalb entschieden wir uns dieses Jahr, uns auf die eigene Messe zu konzentrieren.

Persönlich

Markus Mahler gründete nach der KV-Lehre in der Treuhandbranche gemeinsam mit seinem Vater eine Firma im Lebensmittelgrosshandel und danach eine Marketingfirma. Daraufhin war Mahler in beratender Funktion als Unternehmensentwickler tätig, bis er 2008 als Mitglied der Unternehmensleitung zur Competec-Gruppe kam. Seit 2012 ist Mahler CEO von Brack.ch, im März 2015 übernahm er zudem die Geschäftsleitung von Alltron. Mahler ist verheiratet und Vater von drei Söhnen. Nebenbei gründete er den Bio-Onlinehändler Mahler & Co. und fungiert dort als Verwaltungsratspräsident.

Webcode
7218