Händlerportrait

"Konkurrenz ist gut. Sie fördert Qualität und Vielfalt"

Uhr | Aktualisiert

Sinisa Sarkezi hat 25 Jahre lang das Audio-Fachgeschäft Longtone Hifi in Wien geführt. Die Erfahrungen aus dieser Zeit brachte er vor rund eineinhalb Jahren nach Bern. Unter dem Namen Stereofile bietet Sarkezi nun massgeschneiderte High-End-Lösungen.

Sie betreiben das Audio-Fachgeschäft ­Stereofile an der Militärstrasse in Bern. Was hat es mit dem Namen auf sich?

Sinisa Sarkezi: Als ich mein Geschäft im vorigen Jahr eröffnete, wollte ich über den Namen im Grunde zwei Dinge vermitteln. Hinter Stereo verbirgt sich der Hinweis auf eine hochwertige Stereowiedergabe. Mit File möchte ich die Brücke zu einem jungen Publikum schlagen und auf die Wiedergabe der Computer-Files eingehen.

Das klingt fast schon nach einer Art Konzept. Was ist das besondere an Ihrem Geschäft?

Es handelt sich um ein audiophiles Geschäft im traditionellen Sinne. Das heisst, ich biete wenige aber sorgfältig ausgesuchte Marken an, aus denen ich meine Audio-Systeme zusammenstelle und in zwei dafür geeigneten Wohnraumstudios vorführe. Meine Kunden sollen ihre Anlage nach Performance aussuchen. Sie können unter realistischen Bedingungen erfahren, wie so eine Anlage die Sprache der Musik kommuniziert. Sie sollen nicht anhand irgendwelcher Kennzahlen oder unnötigen Funktionen entscheiden. Natürlich habe ich auch einen Internet-Auftritt und betreibe versuchsweise einen kleinen Webshop, in dem ich ausschliesslich Zubehör und Tonträger anbiete. Trotzdem steht bei mir die Beratung an erster Stelle. Im High-End-Bereich sind ein Besuch im Laden und eine ausführliche Beratung inklusive Vorführung unersetzbar. Über das Internet geht das einfach nicht. Die Auswahl der passenden Anlage kann man schlicht und einfach nur über das Hören treffen. Meine Absicht ist es, logisch kombinierte und individuell abgestimmte Anlagen zu offerieren.

Die Anlage im Laden zu testen ist ja schön und gut, aber hört sich das Ganze denn nicht wieder völlig anders an, wenn die Anlage dann beim Kunden zu Hause steht? Bieten Sie da auch Unterstützung an?

Das ist eine typische und berechtigte Frage. Letztlich biete ich nicht nur die Hardware an, sondern auch eine kostenlose Aufstellung vor Ort. Dabei arbeite ich gemeinsam mit dem Kunden an einer Installation, die mindestens dem im Geschäft gehörten Standard entsprechen muss. Für bestehende Anlagen biete ich eine Art Bestandsaufnahme vor Ort und empfehle dem Kunden sinnvolle Verbesserungen. Alte Komponenten sollten nach gewisser Zeit gepflegt und eventuell optimiert werden, um Einbussen in der Qualität des Tons zu vermeiden. Da kann ich die mechanischen Reparaturen, Kabelkonfektionierung sowie die Plattenspieler-Einstellungen bei mir im Laden vornehmen, bei elektronischen Angelegenheiten kann ich auf die Expertise eines Technikers zugreifen.

Ansonsten arbeite ich auch immer wieder mit Architekten zusammen. Da geht es um mehrere Projekte für integrierte Audiosysteme, die aus verschiedenen Zonen auf einen zentralen Server zugreifen.

Das wirkt so, als müsste man ziemlich genau wissen, was man will, wenn man zu Ihnen in den Laden kommt. Wer sind Ihre Kunden?

Meine Kunden sind hauptsächlich "Wiederholungstäter", die schon viel Erfahrung und Vorwissen mitbringen. Es kommen aber auch immer wieder jüngere Leute und auch Anfänger zu mir. Mein Kundenstamm setzt sich jedoch überwiegend aus "alten Hasen" zusammen. Davon abgesehen habe ich in der Berner "Analog-Szene" einen ziemlich guten Ruf. Der basiert auf meiner langjährigen Erfahrung im Umgang mit britischen Plattenspielern. Bei audiophilen Musikliebhabern ist die Schallplatte nicht wegzudenken, wir haben in der Stadt noch immer ein Paar Musikläden, die fast ausschliesslich vom Verkauf der LPs leben.

Der CD Markt ist hingegen seit ein Paar Jahren sukzessive kleiner geworden. Die Wiedergabe der Downloads und gerippten Files gewinnt nicht zuletzt wegen der einfachen Handhabe und des schnellen Zugriffs zunehmend an Popularität.

Sie nehmen den Begriff Analogszene in den Mund. Dass Kunden aus diesem Umfeld genau wissen was sie suchen, ist naheliegend. Wie sieht es aber bei den Anfängern aus? Wie begegnen Sie jemanden ohne Vorwissen?

Neukunden sind am Anfang oft mit der Technologie überfordert. Sie haben das Bedürfnis sich zu orientieren. Meldungen im Internet und Berichte in der Presse sind leider oft nicht sehr differenziert. Da wird meistens nur im Auftrag der Industrie beworben wie toll die Produkte doch eigentlich sind. Deshalb steht bei mir am Anfang die Beratung. Ich stecke gemeinsam mit den Kunden ab, wie sie Musik hören wollen und über welches Medium sie sie wiedergeben.

Vor allem diejenigen, die auf die "Qualität" ihrer Mp3- und Mp4-Dateien schwören, sind mitunter verwundert, wie leblos und langweilig sie im Vergleich mit unkomprimierten Formaten wie Flac- und Wav-Dateien klingen. Die hochwertige Musikwiedergabe hängt also vor allem von der Qualität des Signals ab, es gibt kein Weg an dieser Tatsache vorbei. Basierend auf den ausgeloteten Wiedergabepräferenzen arbeite ich mit den Kunden ein bedarfsorientiertes Konzept aus. Darauf aufbauend kann ich dann ein System zusammenstellen.

Und sehen Sie sich abseits von MP3 und MP4 weiteren Herausforderungen gegenüber?

Ich könnte jetzt die Konkurrenz nennen. Doch wenn ich ehrlich bin, gibt es in der High-End-Branche keine schädliche Konkurrenz. Es gibt hier in Bern sechs kleine Läden, ähnlich dem meinigen. Es macht keiner das gleiche. Ich führe mein Geschäftsmodell konsequent durch und freue mich, wenn die Kunden an meiner Beratungsphilosophie Gefallen finden und im Laufe der Zeit wieder zu mir kommen, um sich nach weiteren Verbesserungen der Anlage zu erkundigen.

Meiner Meinung nach hat Konkurrenz durchaus etwas Gutes in sich. Durch die Konkurrenz wächst das Interesse an dem Thema. Die Qualitätsstandards der Präsentation und der Vorführungen werden immer besser und die Vielfalt der Produkte grösser – was dem Kunden letztendlich zu­gute kommt.

Und wenn ich zu Beginn davon gesprochen habe, dass ich auch online experimentiere, weil man da heutzutage irgendwie nicht mehr daran vorbei kommt, dann ist das eigentlich nur zum Teil richtig. Wenn jemand auf Beratung wert legt – und das tun im High-End-Bereich die meisten – geht er zum Spezialisten. Dass mir irgendein Online-Händler das Geschäft kaputt macht, halte ich daher für unwahrscheinlich. Der Markt auf dem ich mich bewege ist ziemlich klein und nicht zu vergleichen mit dem typischen Consumer-Segment wie es Media Markt und Co. bedienen.

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