Nachgefragt

"Ich will mich dafür einsetzen, dass das Erfolgsmodell Schweiz erhalten bleibt"

Uhr | Aktualisiert
von Coen Kaat

Marcel Dobler, Mitgründer von Digitec, will nächstes Jahr für die FDP See-Gaster bei den Nationalratswahlen antreten. Im Interview spricht er über den Konflikt zwischen dem stationären und dem Online-Handel, sowie über seine Motivation, politisch aktiv zu werden.

Marcel Dobler, Mitgründer von Digitec (Quelle: Marcel Dobler)
Marcel Dobler, Mitgründer von Digitec (Quelle: Marcel Dobler)

Wie hat Digitec es geschafft, zum grössten Onlineshop im ICT-Bereich zu werden?

Marcel Dobler: Unser Betriebssystem und ERP war die USP von Digitec. Wir haben unsere Businessprozesse auf unsere Bedürfnisse zugeschnitten. Unsere Software und unseren Onlineshop programmierten wir selbst. Der Shop mit dem Suchraster verschaffte uns 2005, als er online ging, sicher einen Wettbewerbsvorteil. Wir waren auch die ersten im Onlinemarkt, die konsequent Printwerbung machten. Wir betrieben viel Marketing und spielten mit dem Brand. Von Anfang an setzten wir zudem auf Cross-Channel-Kam­pagnen. Auch haben Kunden bei Digitec die Wahl, ob sie sich ihre Waren per Post liefern lassen oder ob sie sie selbst im Shop abholen wollen. Nicht zuletzt hat sicherlich auch das attraktive Preis-Leistungs-Verhältnis unserer Angebote zum Erfolg beigetragen.

Was waren die grössten Schwierigkeiten und Herausforderungen bei der Entwicklung von Digitec?

Das personelle Wachstum zu bewältigen, war eine sehr grosse Herausforderung. Jedes Jahr wuchsen wir um etwa 20 Prozent. Im extremsten Jahr stellten wir gegen 100 Leute ein. Die neuen Mitarbeiter einzuarbeiten, so dass die Qualität konstant bleibt, war ein enormer Aufwand für unser Personal. Mit der Zeit wurde auch die Konkurrenz mehr auf uns aufmerksam. Wir mussten unser System immer wieder anpassen, um auf die Konkurrenten reagieren zu können. Aufgrund des Wachstums mussten wir auch das Zentrallager mehrmals wechseln.

Waren die Lieferanten von Anfang an dabei? Mussten Sie viel Überzeugungsarbeit leisten?

Als Startup Unternehmen mit nur drei Personen, das nur sehr wenig Umsatz macht, ist man für Firmen nicht so wichtig. Dennoch haben uns viele Firmen von Anfang an unterstützt und an uns geglaubt. Wir haben aber nicht von Vorschuss-Lorbeeren profitiert. Immer wenn Firmen ihr Vertrauen in uns gesteckt haben, mussten wir das danach auch bestätigen. Dafür mussten wir arbeiten, wie alle anderen auch.

Wird der Onlinehandel weiterhin auf Kosten des stationären Handels wachsen?

Als wir mit Digitec anfingen, gab es zwischen dem Online- und dem Offlinekanal noch einen Preisunterschied von etwa 20 Prozent. Bei solch grossen Preisdifferenzen kommt es natürlich auch zu Showrooming. Das bedeutet, dass die Kunden in ein stationäres ­Geschäft gehen, sich dort beraten lassen, ihren Einkauf dann aber online tätigen. Je näher die Preise online und offline sind, desto ­weniger kommt das vor. Ich behaupte, dass dieser Unterschied in der IT und auch in der Unterhaltungselektronik immer mehr verschwindet. Kunden würden dann nur noch wegen unterschiedlicher Dienstleistungen online kaufen. Online ist bequemer. Anstehen im Laden ist nicht mehr nötig.

Wie kann sich der stationäre Handel gegen den E-Commerce behaupten?

Beide Handelskanäle haben ihre Daseinsberechtigung. Die Verschiebung in Richtung online wird aber weitergehen. Will der Kunde einen Artikel sehen oder sich beraten lassen, wird er aber auch weiterhin in einen physischen Laden einkaufen gehen. Der Anteil des Retails wird möglicherweise schwinden, aber er wird nicht verschwinden.

Was sind Ihrer Meinung nach die grössten Schwierigkeiten im CE-Handel?

Auf dem Markt herrscht eine Preiserosion von etwa 5 Prozent pro Jahr. Diese zwingt die Marktteilnehmer jedes Jahr dazu, 5 Prozent effizienter zu werden. Das wird unweigerlich zu weiteren Konsolidierungen führen und dazu, dass man in dem Bereich immer weniger verdienen wird. Zudem steckt viel Marketinggeld in den Marktaktivitäten der grossen Player wie Migros oder Coop. Es geht um Marktanteile. Dadurch sinken Preise und damit die Margen in einem ohnehin schon hart geführten Wettbewerb noch weiter.

Wollen Sie solche Probleme auch in der Politik angehen?

Es gab während meiner Zeit bei Digitec schon Probleme in der Politik, die mich beschäftigt haben. Ich denke da etwa an das Widerrufsrecht, das jetzt im Parlament behandelt wird. Ich habe mich dafür eingesetzt, dass es nicht durchkommt. Das wäre eine Verschlechterung für alle Beteiligten im IT- und CE-Markt. Das Rückgaberecht von zwei Wochen würde zu einer unnötigen Preiserhöhung für den Konsumenten führen, da nicht alle Ausnahmen zu regeln sind. Das gilt es also zu bekämpfen. Trotz meiner Vergangenheit bei Digitec sehe ich mich aber nicht als reinen Wirtschaftsvertreter in der Politik, der einer bestimmten Branche verpflichtet wäre. Ich sehe auch andere Komponenten.

Können Sie weitere Beispiele nennen?

In meinen 13 Jahren bei Digitec sah ich mich immer wieder mit dem Wettbewerbsrecht konfrontiert. Ich erinnere mich an die Fälle Jura oder Nikon. Es gab immer unterschiedliche Preisniveaus zwischen der Schweiz und dem Ausland. Daher rührt ja auch die Idee von der ‚Preisinsel Schweiz’. Mit Parallelimporten kann man dies umgehen, sofern diese nicht verhindert werden wie im Fall Nikon oder wie bei Jura wo die Garantie auf den ausländischen Geräten verweigert wurde. Genau für diese Fälle gibt es die Wettbewerbskommission, welche aber aus meiner Sicht zu wenige Kompetenzen hat. Wir sollten hier in der Schweiz für die gleichen Produkte nicht unnötig zu viel zahlen müssen.

Wie sind Sie nun zur Politik ­gekommen?

Als Geschäftsführer einer Firma wie Digitec hat man nebenbei kaum Zeit, sich politisch zu engagieren. Ich war zu 100 Prozent Geschäftsführer und habe 100 Prozent meiner Leistung in die Firma gesteckt. Nach meinem Ausscheiden bei Digitec habe ich die Zeit und will sie der Politik widmen. «Schuld» daran ist auch Filippo Leutenegger. Er hat mich an einer Veranstaltung der FDP zur 1-zu-­12-Initiative vor allen Gästen quasi dazu aufgefordert, wofür ich ihm auch dankbar bin. Er meinte damals, ausgerechnet Unternehmer sollten nicht neben dem politischen Spielfeld stehen. Sie müssten sich beteiligen. Und das werde ich jetzt: Ich will mich dafür einsetzen, dass das Erfolgsmodell Schweiz erhalten bleibt.

Wieso haben Sie ihren Anteil an Digitec verkauft?

Ich habe Spass daran, etwas aufzubauen. Bei Digitec war das nicht mehr im bisherigen Ausmass möglich. Der Laden läuft. Es braucht mich nicht mehr. Bei Galaxus hatte ich am Anfang das Gefühl, dass es etwas total anderes sei. Aber es hat sich dann doch alles irgendwie wiederholt. Es waren immer wieder die gleichen Probleme. Der Hauptgrund ist aber eigentlich, dass ich mich nach 13 Jahren auch verändern wollte.

Können Sie sich vorstellen, ­irgendwann wieder einen ­Onlineshop aufzubauen?

Ich bin im Moment auf der Suche nach einer neuen Idee. Vielleicht baue ich wieder eine Firma komplett auf. Ich kann mir aber auch vorstellen, einen Betrieb zu kaufen oder mich irgendwo einstellen zu lassen. Aber ich will keine IT oder Unterhaltungselektronik mehr verkaufen. Ich verliess ja auch Digitec, weil ich mich verändern wollte. Zunächst bereite ich mich aber auf die Politik vor. Ich will das richtig machen, und ich werde mein Bestes geben. Es gibt wirklich zu wenige Unternehmer in der Politik. Es ist sicher gut, wenn die Wirtschaft stärker vertreten ist.

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