One-to-One mit Fabian Brockhage

Was der Geschäftsführer von AV Distribution mit Architektur am Hut hat

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Fabian Brockhage hat Architektur studiert, dann aber umgesattelt. Vor rund drei Jahren übernahm er die Geschäftsführung von AV Distribution. Wie es zum Branchenwechsel kam und warum er von ­seinen Erfahrungen aus der Arichtektur profitieren kann, sagt er im Interview.

Fabian Brockhage, Geschäftsführer, AV Distribution. (Source: zVg)
Fabian Brockhage, Geschäftsführer, AV Distribution. (Source: zVg)

Seit wann sind Sie operativ als Geschäftsführer von AV ­Distribution AG tätig?

Fabian Brockhage: Seit August 2020. Mein Vater, Klaus Brockhage, der die AV Distribution AG vor über 25 Jahren gegründet hatte, zog sich aus gesundheitlichen Gründen aus dem operativen Geschäft zurück und übertrug damals die Geschäftsleitung an mich. Er war aber weiterhin im Hintergrund aktiv und unterstützte mich in dieser neuen Aufgabe. Im vergangenen Oktober ist er aufgrund seiner Krankheit verstorben. 

Stand schon immer fest, dass Sie AV Distribution ­eines ­Tages übernehmen werden? 

Nein. Meine Eltern haben mir und meiner Schwester freie Wahl gelassen, was unseren Berufs- und Bildungsweg anbelangt. Für mich war früh klar, dass ich im Bereich Architektur tätig sein wollte. Deshalb absolvierte ich die Lehre zum Hochbauzeichner EFZ, um anschliessend Architektur zu studieren. Als mein Vater infolge Pensionierung anfing, sich Gedanken bezüglich der Zukunft der Firma zu machen, wurde dieses Thema natürlich zuerst innerhalb der Familie besprochen. Da meine Schwester schon seit über 15 Jahren im Ausland lebt, kam es für sie nicht infrage, in die Firma einzusteigen. Ich für meinen Teil brauchte damals noch etwas Bedenkzeit, da ich weder mit der Branche, dem Betrieb noch den Partnern vertraut war. Zwar hatte ich in den Schulferien stets im Unternehmen mitgeholfen, doch ins Geschäft einzusteigen war dann doch eine andere Hausnummer. Wir hatten 2017 entschieden, dass ich mich zuerst ins Unternehmen einarbeite und mir so einen Einblick verschaffen konnte, um dann Schritt für Schritt Fuss zu fassen. 

Wie war die Umstellung für Sie?

Am Anfang war es sehr intensiv, da ich mich komplett in eine neue Materie einarbeiten musste. Ich konnte mich jedoch sehr schnell für diese neue, sehr abwechslungsreiche Arbeit begeistern und die Abläufe und Arbeitsweisen rasch adaptieren sowie mich mit den neuen Aufgaben vertraut machen. Zudem haben wir ein super Team, das mich damals bei meinem Einstieg extrem unterstützt hat und dies nach wie vor tut. 

Welche Parallelen und Unterschiede stellen Sie zwischen dem Architektur- und dem Pro-AV-Business fest? 

Der grösste Unterschied ist beim Kundenkontakt auszumachen. Reaktionszeit und Intensität im Austausch mit einem Kunden verhalten sich diametral. Als Architekt arbeitet man über mehrere Jahre sehr eng und intensiv mit dem Kunden an einem Projekt, bis es dann vollendet ist. In der Pro-AV-Branche hingegen gibt es eine viel höhere Kundenzahl, wobei die Projektdauer um ein Vielfaches kürzer ist, was sich dann in der Intensität niederschlägt. Alles geht viel schneller, ist viel kurzlebiger und das macht es unter anderem so spannend. Die grösste Parallele sehe ich in der Dienstleistung. Was aber für mich viel interessanter ist, sind die Berührungspunkte. Diese gibt es etwa, wenn uns Planerbüros kontaktieren. Da weiss ich aufgrund meines Werdegangs, was Planer brauchen und wie sie arbeiten, was wiederum die Kommunikation extrem vereinfacht. Zudem kann ich die Pläne lesen und die Planer auf gewisse Dinge aufmerksam machen oder mich konstruktiv in die Projekte einbringen. Das ist sicherlich ein persönlicher Mehrwert, der stets geschätzt wird.    

Was hat sich für Kundschaft und Partner verändert, seit Sie das Ruder übernommen haben? 

Im Grunde nichts. Natürlich ist jetzt ein anderer Brock­hage in der Führungsposition, doch für die Kunden sollte primär unser Service zählen und nicht unbedingt, wer der Chef des Unternehmens ist. Es war unter anderem eines meiner Ziele, dass die Kunden den Übergang so wenig wie möglich spüren und ich glaube, es hat sehr geholfen, dass ich mit meinem Vater stets Rücksprache halten konnte, wenn Bedarf bestand.

Welche weiteren Ziele verfolgen Sie als Geschäftsführer?

In den vergangenen drei Jahren hat sich in der Distributionslandschaft vieles verändert, wovon die ganze Branche betroffen ist. Unser Ziel besteht weiterhin darin – trotz diesen Veränderungen – Ansprechpartner Nummer eins für unsere Kunden zu sein. Uns ist es ein grosses Anliegen, unseren Kunden stets den Mehrwert und Service zu bieten, den sie von uns seit jeher kennen und schätzen. 

Was hat sich in der Distributionslandschaft verändert? 

Aufgrund der Pandemie ist der Konkurrenzdruck viel grös­ser geworden. Das Onlineshopping ermöglicht jedem Kunden ein einfaches Vergleichen der Produkte und Preise. Doch Produkte im Pro-AV-Bereich sind oft erklärungsbedürftig, vor allem, was Technik, Anwendung oder System­implementierung anbelangt. Dort werden Know-how und Erfahrung benötigt und diesen Mehrwert bieten wir an. Dies war schon immer unsere Kompetenz und damit heben wir uns von der Konkurrenz ab. 

Welche Produkte boomten durch die Pandemie und in ­welchen Segmenten sank die Nachfrage? 

Um den gesamten Education-Bereich wurde es sehr ruhig. Das ist verständlich, da viele Gemeinden während dieser Zeit ihre Gelder anderswo investieren mussten. Auch der Ausschreibungsmarkt brach komplett ein. Zudem stellten viele Unternehmen während der Pandemie die Notwendigkeit von Sitzungszimmern infrage, da die Mitarbeitenden alle im Homeoffice waren. Einen Boom erlebte hingegen der Videokonferenzbereich. Zu diesem Zeitpunkt hatten wir mit unseren Herstellern aber keine passenden Produkte in diesem Segment. Erst später war es uns möglich, Produkte dieser Art anzubieten und den Anfragen nachzukommen. Andere Produkte beziehungsweise Segmente, in denen wir einen Boom erwartet haben, blieben bis jetzt aus. 

Welche Produkte/Segmente sind das? 

Arbeitsplatz-Reservierungssysteme zum Beispiel. Dort hinkt die Schweiz anderen Ländern noch hinterher. Nach oder während der Pandemie bauten viele Unternehmen Büroflächen ab und setzten auf flexible Arbeitsplätze. Für sie wären solche Systeme ideal. Stattdessen suchen sich die Mitarbeitenden vielerorts auf gut Glück einen Arbeitsplatz. Ähnliches beobachten wir im Schulsektor. Wir hatten gehofft, dass Schulen nun technisch aufrüsten würden, doch an vielen Orten fehlt es an finanziellen Mitteln, oder die zuständigen Personen müssen nebst ihrer Hauptanstellung als Lehrperson die Beschaffung sicherstellen. Dabei gäbe es diverse Lösungen für die neue Art des Lernens. Meist ist diese Technik jedoch den Universitäten und höheren Fachschulen vorbehalten. 

Versuchen Sie die erwähnten Bereiche aktiv zu pushen? 

Jein. Als Distributor bewegen wir uns auf einem schmalen Grat, denn letztlich bestimmt der Endkunde, was und welches Produkt er möchte. Der Endkunde ist aber nicht primär unsere Zielgruppe. Wenn wir aktiv auf Endkunden zugehen würden, könnte das bei einigen Integratoren für Misstrauen sorgen. Deshalb appellieren wir an unsere Hersteller, dass sie für ihre Produkte bei den Endkunden werben. Vor allem auch, weil sie mit ihrem Namen effektiver sind und grössere Strahlkraft haben als wir. Wir sind natürlich immer bereit, unsere Kunden bei Terminen mit Endkunden zu unterstützen. Zudem veranstalten wir in unregelmässigen Abständen Workshops, um den Wissenstransfer zu fördern. Dieses Wissen können sie dann vorteilbringend bei ihrer täglichen Arbeit anwenden und sich damit gegenüber ihren Mitbewerbern abheben.

Welche Marken und Produkte fehlen Ihnen noch im Sortiment? 

Ich glaube, mit unserem Produktportfolio sind wir bereits sehr gut aufgestellt. Einzig im Audiobereich sind wir nicht sonderlich breit abgedeckt, was aber ein bewusster Entscheid ist. Es ist ein spezieller Bereich, der extrem viel Know-how erfordert und dafür gibt es bereits andere, gute Distributoren in der Schweiz. 

Weshalb legen Sie den Fokus auf die Exklusivdistribution? 

Ich glaube, der Vorteil liegt auf der Hand: Man ist keinem Preiskampf mit Mitbewerbern ausgesetzt. Zudem kann sich die Distribution in allen Bereichen auf die Produkte und den Brand konzentrieren und diesen im Markt pushen. Auch für die Integratoren ist es von Vorteil, wenn der Endkunde die Produkte beim Googeln nicht mit Preisangaben auf diversen Plattformen findet. Natürlich schränkt dies die Sichtbarkeit der Produkte ein, was für die Bekanntmachung respektive Bewerbung von neuen Produkten sicherlich hilfreich wäre. Doch wie erwähnt, liegt seit jeher unsere Kompetenz vor allem in der Qualität, dem Know-how und der Erfahrung für die Produkte, die wir vertreiben.

Vor etwa zwei Jahren haben Sie die Distribution für die Business-Projektoren Probeam von LG übernommen. Wie kam es dazu?

Wir waren über mehrere Jahre exklusiver Distributor von Hitachi-/Maxell-Projektoren gewesen, bis sie sich 2021 aus dem Pro-AV-Markt zurückzogen. Mit diesem Einschnitt zogen wir einige Alternativen in Betracht, da der Projektionsbereich für uns ein wichtiges Standbein ist. Die bis dahin anderen Hersteller erschienen uns wenig sinnvoll, da diese Marken bereits bei anderen Schweizer Distributoren vertreten sind. Dann trat LG an uns heran und sicherte uns zu, dass sie gemeinsam mit uns das Segment der professionellen Projektoren aufbauen möchten. LG startete mit vier Projektoren im Bereich 5000 und 6000 Lumen, die den Hauptmarkt mit jeweils zwei 4k- und WUXGA-Geräten abdecken. Zudem besprachen sie mit uns ihre Ideen für den weiteren Ausbau des Portfolios. Für Anfang dieses Jahres hat LG einen 4k-Projektor mit 7000 Lumen angekündigt.   

Wie ist die Resonanz seitens der Kundschaft?

Grundsätzlich gut, da LG bereits eine bekannte Marke ist und man den Brand nicht erklären muss. Anfangs hatten wir aufgrund der Chipknappheit Startschwierigkeiten mit der Verfügbarkeit. Wir hatten zwar den Distributionsvertrag, aber noch keine Geräte, die wir den Kunden vorführen konnten, um sie von der Qualität der Projektoren überzeugen zu können. Einige Kunden sind leider aus der Vergangenheit noch negativ gegenüber DLP-Geräten eingestellt. Doch mittlerweile sollte man diese Meinung revidieren und die aktuellen Geräte einfach einmal ausprobieren, um sich von der 4k- Technologie und deren Qualität überzeugen zu lassen. Denn das Preis-Leistungs-Verhältnis ist unvergleichlich.

persönlich

Fabian Brockhage (38) ist seit 2017 bei der AV Distribution AG und seit 2020 Geschäftsführer des familiengeführten Unternehmens. Zuvor hatte er ein Architekturstudium an der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften (ZHAW) in Winterthur absolviert, das er mit dem Master of Arts in Science abschloss. Danach arbeitete er als Projekt- und Bauleiter in einem Architekturbüro in Zürich. Fabian Brockhage ist verheiratet und Vater von zwei Kindern. In seiner Freizeit spielt er Eishockey in ­einer Amateurliga. (Source: AV Distribution)

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