Für 8 Milliarden Euro

Update: Swisscom bestätigt Übernahme von Vodafone Italia

Uhr
von Joël Orizet und René Jaun und ml, msc

Swisscom übernimmt den Mobilfunkanbieter Vodafone Italia. Sie plant, ihn mit ihrer Tochterfirma Fastweb zusammenzulegen. Für den Deal legt der Schweizer Telko 8 Milliarden Euro auf den Tisch. Im Bundeshaus sorgt die Übernahme für Zündstoff.

Swisscom will Vodafone Italia übernehmen. (Source: Michael Derrer Fuchs / stock.adobe.com)
Swisscom will Vodafone Italia übernehmen. (Source: Michael Derrer Fuchs / stock.adobe.com)

Update vom 15.03.2024: Die Parteien sind sich einig: Swisscom übernimmt Vodafone Italia und fusioniert das Unternehmen mit Fastweb. Dies bestätigt Swisscom am 15. März 2024 offiziell. Den Kaufpreis von 8 Milliarden Euro deckt sie zu 100 Prozent durch Barmittel und finanziert ihn vollständig mit Fremdkapital.

Das durch die Fusion von Vodafone Italia und Fastweb entstehende Unternehmen werde "den italienischen Konsumentinnen und Konsumenten, den Unternehmen sowie dem Land viele Vorteile bringen", schreibt Swisscom. Swisscom-CEO Christoph Aeschlimann kommentiert: "Swisscom ist seit der Übernahme von Fastweb im Jahr 2007 erfolgreich in Italien tätig. In dieser Zeit konnten wir in Bezug auf Investitionen und rentables Wachstum einen beachtlichen Leistungsausweis erbringen. Die industrielle Logik der Transaktion ist sehr stark. Fastweb und Vodafone Italia passen ideal zusammen, um einen hohen Mehrwert für alle Stakeholder zu schaffen. Folglich werden Privat- und Geschäftskunden von einem umfassenden Angebot profitieren. Zudem wird Swisscom als Ganzes gestärkt, wodurch wir weiterhin hohe Investitionen in den Schweizer und italienischen Markt tätigen können."

Der Bundesrat nimmt den Vodafone-Italia-Kauf durch Swisscom zur Kenntnis. Er habe festgestellt, dass eine Übernahme von Vodafone Italia seinen strategischen Zielen nicht entgegenstehe, schreibt er in einer Mitteilung. Er habe dazu verschiedene risikominimierende Bedingungen definiert, welche Swisscom wiederum als erfüllt bestätigt habe. "Eine der wichtigsten Erwartungen des Bundesrats ist, dass das italienische und das schweizerische Geschäft organisatorisch und strukturell getrennt bleiben. Die Vorgabe, dass die Swisscom im Ausland keine Grundversorgungsaufträge übernimmt, gilt unverändert."

SVP fordert Taten

Im Parlament gibt die anstehende Transaktion weiter zu reden. In einer am 13. März eingereichten Motion fordert die Fraktion der Schweizerischen Volkspartei (SVP) den Bundesrat auf, "dem Swisscom Verwaltungsrat zu erklären, dass Swisscom Vodafone Italia nicht kaufen darf". Solange der Bund mehrheitlich am Telko beteiligt sei, sei Swisscom keine unabhängige, private Gesellschaft, heisst es in der Begründung. "Der Bund und damit letztlich die Steuerzahler haften für alle Geschäftsrisiken der Swisscom, namentlich auch bei Auslandgeschäften. Mit der beabsichtigten Übernahme von Vodafone Italia geht die Swisscom ein zu hohes Risiko für die Schweizer Steuerzahlerinnen und Steuerzahler ein."

In einer gleichentags eingereichten Motion verlangt SVP-Nationalrat Franz Grüter vom Bundesrat, "die Eignerstrategie bei seinen Staatsunternehmen so anzupassen, dass von Firmenübernahmen im Ausland abgesehen wird und das Parlament zwingend einbezogen werden muss". Setze der Verwaltungsrat eine derartige Übernahme trotzdem durch und gehe sie schief, solle der Bundesrat eine Klage anstrengen.

In seiner Mitteilung bezieht sich der Bundesrat zwar nicht auf diese Motionen. Er schreibt jedoch, der Entscheid zur Transaktion liege in abschliessender Kompetenz und der Verantwortung des Verwaltungsrats der Swisscom. "Unabhängig von der Transaktion soll im Verlauf dieses Jahres die Eignerstrategie des Bundes bezüglich der Swisscom überprüft werden, wie dies die Corporate-Governance-Leitsätze des Bundes vorsehen. Diese Überprüfung umfasst Fragen der Privatisierung oder Teilprivatisierung des Unternehmens."

Der Vollzug der Vodafone-Italia-Übernahme steht noch unter Vorbehalt regulatorischer und anderer üblicher Genehmigungen.

Update vom 05.03.2024:

Politik diskutiert geplante Vodafone-Übernahme durch Swisscom

Swisscoms Pläne zum Kauf von Vodafone Italia rufen gemischte Reaktionen unter Politikerinnen und Politikern hervor. Einige sprechen sich für eine Privatisierung des Unternehmens aus oder fordern zumindest, die Privatisierung zu prüfen, wie der "Blick" berichtet. Unter ihnen sind etwa GLP-Präsident Jürg Grossen oder Mitte-Politiker Philipp Kutter. Auch die SVP findet in einer Mitteilung, die Swisscom müsse privatisiert werden, wenn sie vollständige unternehmerische Freiheit wolle.

Bedenken bezüglich einer Privatisierung kommen derweil aus ländlichen Gebieten, wie der "Blick" weiter schreibt. Namentlich zitiert die Zeitung Martin Candinas: "Eine komplett privatisierte Swisscom, die einzig der Rendite verpflichtet ist, wäre für die ländlichen Regionen und Berggebiete eine Katastrophe", sagt der Mitte-Nationalrat aus Graubünden. SP-Nationalrätin Jacqueline Badran spricht sich schliesslich dafür aus, dass die Teilprivatisierung der Swisscom rückgängig gemacht werden sollte.

Anlässlich einer Fragestunde im Parlament hat sich auch Bundesrat Albert Rösti zu Swisscoms Vodafone-Kaufplänen geäussert. Konkret wollte SVP-Politiker Franz Grüter wissen, ob es eine Eignerstrategie des Bundes zur Swisscom gebe, die ausländische Firmenübernahmen untersage, wie die Parlamentsdienste berichten. In seiner Antwort verwies Rösti auf eine Reihe von Bedingungen, die von der Swisscom angestrebte Übernahmen erfüllen müssen: So darf der Telko im Ausland keine Beteiligungen an Telekom-Gesellschaften eingehen, die einen Grundversorgungsauftrag hätten. Andere Beteiligungen seien möglich, wenn sie das Kerngeschäft im Inland unterstützten oder eine andere strategisch-industrielle Logik aufwiesen. Seien die Bedingungen erfüllt und sei eine Übernajme mit den strategischen Zielen vereinbar, gebe es keine Möghlichkeit eines Verbots.

Der Bundesrat erwarte von der Swisscom, dass sie Beteiligungen oder Kooperationen im Ausland nur dann eingehe, wenn diese zur nachhaltigen Steigerung des Unternehmenswerts beitragen, stellte Rösti klar. Ausserdem erwarte die Landesregierung, dass solche Kooperationen führungsmässig gut betreut würden und dass dem Risikoaspekt genügend Rechnung getragen werde.

 

Originalmeldung vom 28.2.2024:

Swisscom will Vodafone Italia übernehmen

Die Swisscom will das Italien-Geschäft des Mobilfunkanbieters Vodafone übernehmen und es mit der eigenen Mailänder Breitbandtochter Fastweb fusionieren. Die genauen Bedingungen seien noch zu verhandeln, man habe sich jedoch vorläufig auf einen Kaufpreis von 8 Milliarden Euro geeinigt, teilt Swisscom mit. Ob der Deal tatsächlich zustande kommt, ist allerdings noch offen. 

Wie die Swisscom in der Mitteilung schreibt, wäre die Transaktion ein wichtiger Schritt, um ihr Ziel einer langfristigen Wertsteigerung in Italien und die strategischen Ziele des Bundesrats zu erreichen. Vodafone Italia und Fastweb würden komplementäre, hochwertige Mobilfunk- und Festnetz-Infrastrukturen, Kompetenzen und Fähigkeiten vereinen und gemeinsam zu einem führenden konvergenten Anbieter werden.
 

Vom vermeintlichen Milliardengrab zum Wachstumstreiber

Die Swisscom übernahm Fastweb im Frühjahr 2007 für knapp 7 Milliarden Euro - mit dem Ziel, die erwartete Umsatzerosion im Schweizer Geschäft zu kompensieren. Den Deal eingefädelt hatte damals der 2013 verstorbene Swisscom-CEO Carsten Schloter. Das Italien-Engagement brachte der Swisscom jedoch Probleme ein: 2010 hatte sich ein Mehrwertsteuerverfahren gegen frühere Mitglieder des Fastweb-Managements zu einem Geldwäscherei-Skandal ausgeweitet. Ein Jahr später musste die Swisscom bei ihrer Italien-Tochter 1,3 Milliarden Euro abschreiben

2013 bescherte Fastweb der Swisscom jedoch erstmals einen Gewinnsprung. Das lange darbende Italien-Geschäft entwickelte sich zum Wachstumstreiber: 2016 sagte der damalige Finanzchef Mario Rossi anlässlich der Bilanzpressekonferenz: "Das Wachstum von Swisscom kommt aus Italien."

Im Geschäftsjahr 2013 hat die Swisscom ihren Umsatz übrigens gehalten und den Gewinn gesteigert. Im Schweizer Kerngeschäft blieb das Betriebsergebnis auf Stufe Ebitda allerdings stabil - bei Fastweb stieg es indes um 2,1 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Lesen Sie hier mehr dazu

Webcode
2z98Hq8S