Fleissige Fitness-Fans

Über 50 Prozent der Schweizer Bevölkerung nutzen Fitness-Tracker und -Apps 

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von Marc Landis und rja

In der Schweiz überwacht mehr als die Hälfte der Bewohner ihre Gesundheit über Fitness-Tracker und -Apps. Über 60 Prozent der jungen Menschen sorgen sich um ihre Gesundheit und stehen deshalb digitalen Gesundheitslösungen besonders offen gegenüber. Ausserdem googlen 90 Prozent der Bevölkerung nach Krankheitssymptomen.

Fitnesstracker und -Apps sind bei der Schweizer Bevölkerung hoch im Kurs. (Source: Luke Chesser / Unsplash.com)
Fitnesstracker und -Apps sind bei der Schweizer Bevölkerung hoch im Kurs. (Source: Luke Chesser / Unsplash.com)

Über 90 Prozent der Menschen in der Schweiz googeln regelmässig nach Krankheitssymptomen. Knapp 40 Prozent geben sogar einmal im Monat oder häufiger ihre körperlichen oder mentalen Beschwerden in der Google Suche ein, wie Zühlke aus seiner "Health Study 2023" berichtet. Besonders oft tun dies jüngere Menschen unter 40. In dieser Gruppe ziehen gemäss Studie 50 Prozent der Befragten "Dr. Google" mindestens einmal monatlich zurate. Für die Studie befragte das Engineering-Unternehmen Zühlke 600 Personen ab 18 Jahren.

"Gesundheitsthemen haben im Netz Hochkonjunktur", schlussfolgert Philipp Tholen, Head of Health bei Zühlke Schweiz. Ein wichtiger Grund hierfür sei, dass sich die User in nahezu allen Lebensbereichen daran gewöhnt hätten, schnell an die gewünschten Inhalte zu kommen. Zudem ist laut der Studie die Sorge um die eigene Gesundheit für rund die Hälfte der Befragten ein regelmässiges Thema. Dies gelte insbesondere für die jüngeren Studienteilnehmenden. Bei ihnen liege der Anteil bei 64 Prozent.

Sprechstunde bei Dr. Google verursacht Sorgen

Das Googlen nach Krankheitssymptomen führt laut Studie häufig zu Verunsicherung, wie die Ergebnisse der Studie nahelegen. Zwei Drittel derjenigen, die regelmässig online nach Symptomen suchen, hätten sich danach schon einmal ernsthaft Sorgen um ihre Gesundheit gemacht, heisst es von Zühlke weiter. Die meisten Sorgen machen sich demnach die 18- bis 39-Jährigen mit rund 80 Prozent. Allerdings, so hält Zühlke fest, seien über alle Altersgruppen hinweg die Befürchtungen nach dem Googeln in 40 Prozent der Fälle berechtigt. In Bezug auf Gesundheitsinformationen aus dem Netz, geniessen Krankenhäuser und Fachärzte laut der Zühlke-Studie bei den Befragten das grösste Vertrauen – gefolgt von Krankenkassen und Patientenorganisationen.

Das Googeln nach Krankheitssymptomen hat auf mögliche Arztbesuche unterschiedliche Auswirkungen: Demnach verzichtet ein Viertel der Befragten nach dem ausgiebigen Googeln der Symptome häufiger ganz auf den Arztbesuch. 48 Prozent erklären in der Studie, sie könnten mit dem Arzt dadurch besser über mögliche Behandlungsmöglichkeiten diskutieren. 23 Prozent teilen dem Arzt die gefundene Diagnose mit. "Die Befragten wollen offenbar nicht länger allein dem Arzt vertrauen, sondern auch selbst Verantwortung für die eigene Gesundheit übernehmen", sagt Philipp Tholen dazu.

Mehr als die Hälfte der Studienteilnehmenden nutzt im Zuge dieser gesteigerten Eigenverantwortung Tracker wie Schrittzähler oder Blutdruckmessgeräte zur Überwachung oder Förderung der eigenen Gesundheit und Fitness. Bei den unter 40-Jährigen liegt der Anteil gemäss Zühlke gar bei rund 70 Prozent, während das Interesse ab dem Alter von 60 Jahren deutlich abnimmt.

65 Prozent der Befragten nutzen ihr Smartphone zur Überwachung ihrer Gesundheit. Einen Schrittzähler nutzen 58 Prozent, 39 Prozent eine Smartwatch. Trainings-Apps werden von vier von zehn Befragten genutzt, am häufigsten für Fitnessübungen (28 Prozent), gefolgt von Yoga, Meditation und Ausdauersport, wie es weiter heisst.

Nutzen der digitalen Gesundheitsvorsorge

Fast 90 Prozent der User von Fitnesstrackern oder -Apps bescheinigen diesen auch einen Nutzen: 45 Prozent erklären laut Zühlke, dass sie sie zu mehr Bewegung anspornen. Mehr Motivation, um Gesundheitsprogramme durchzuziehen verspüren demnach 37 Prozent der Nutzer, mehr Ausdauer verzeichnen 21 Prozent, besseren Schlaf 20 Prozent. Auch Apps auf Rezept, die von den Krankenkassen bezahlt werden (vergleichbar mit den "Digitalen Gesundheitsanwendungen" oder "DiGAs" in Deutschland), sind für 42 Prozent aller Befragten interessant, bei den unter 40-Jährigen sogar für rund 60 Prozent. Einsetzen würden alle Altersgruppen diese vor allem gegen Angst und Depressionen sowie für besseren Schlaf (46 Prozent). Ebenfalls grosses Interesse besteht an Apps zur Linderung von Schmerzen und Migräne (45 Prozent). 

An eine zentrale Gesundheits-App stellen die Befragten umfassende Anforderungen. Diese würden vom Einreichen von Krankmeldungen und Rechnungen an die Krankenkasse über das Verfolgen der körperlichen Aktivität und die Verfügbarkeit von Notfalldokumenten bis hin zum Messen von Herzfrequenz, Blutzucker und Gewicht reichen, schreibt Zühlke. Allerdings würden lediglich 13 Prozent der Befragten für eine derartige Gesundheits-App mehr als zehn Franken monatlich bezahlen.

Krankenkassen seien für die Befragten die bevorzugte Wahl als Anbieter einer solchen Gesundheits-App. Sie kommen laut Studie bei möglichen Mehrfachnennungen auf einen Wert von über 60 Prozent, gefolgt von Krankenhäusern mit 47 Prozent. Auf den weiteren Rängen folgen staatliche Stellen, Online-Apotheken und Medizintechnik-Hersteller. BigTechs wie Google und Amazon landen gemeinsam mit Gesundheits-Start-ups mit 14 Prozent auf Platz sechs.

Gesundheitssystem mit viel Nachholbedarf

Was den Einsatz digitaler Technologien betreffe, sagt Philipp Tholem, habe das Gesundheitssystem im Vergleich zu anderen Branchen einen starken Nachholbedarf. "Wollen wir aber die Herausforderungen lösen, die auf uns zukommen und die wir zum Beispiel bei der Terminsuche bei Fachärzten schon heute erleben, wird die digitale Gesundheitsversorgung eine deutlich grössere Rolle einnehmen müssen."

Eine der grossen Herausforderungen ist demnach, dass "viele Player zusammenarbeiten müssen, um schlagkräftige Angebote zu realisieren, von den Krankenkassen über Medizingerätehersteller bis hin zum Bundesamt für Gesundheit."

Die im Rahmen der Studie Befragten seien bereit, auf ihre Weise daran mitzuwirken. So können sich 84 Prozent vorstellen, ihre Gesundheitsdaten unter bestimmten Bedingungen zur Verfügung zu stellen

  • Wenn die Auswertung anonymisiert erfolgt (36 Prozent).
  • Wenn sich dadurch Krankenversicherungsbeiträge sparen lassen (32 Prozent).
  • Wenn sie selbst auswählen können, wer genau ihre Daten nutzen kann (30 Prozent).
  • Wenn dadurch wissenschaftliche Erkenntnisse vorangetrieben werden (17 Prozent).

Diese Zahlen seien ermutigend, findet Tholen. "Sie zeigen, dass die Befragten sich bewusst sind, wie wertvoll und wichtig diese Daten sind. Jetzt liegt es an den Unternehmen und staatlichen Organisationen, zusammenzuarbeiten und vertrauenswürdige Lösungen zu schaffen. Das Ziel muss sein, dass die Spende von Daten den gleichen Stellenwert hat wie eine Blutspende." 

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