5. DAB+-Automobil-Workshop

Nächster Halt: DAB+

Uhr | Aktualisiert
von Brigitte Maurer, MCDT

Die DAB+-Ausrüstung von Neuwagen führender Autohersteller nähert sich der 100-Prozent-Marke. Doch bei den Occasionen hapert es. Und das Nachrüsten von UKW-Autoradios mit DAB+ läuft zaghaft. Diese Themen standen deshalb im Mittelpunkt des fünften DAB+-Automobil-Workshops.

Ende Mai hat sich die Radio- und Automobilbranche in Zürich getroffen. Sie brachte sich auf den neuesten Stand und skizzierte Wege, wie der 4,5 Millionen starke Fahrzeugpark Schweiz für den DAB+-Empfang fit gemacht werden kann.

Spätestens seit das Bundesamt für Strassen (Astra) im April 2016 die Ausrüstung von 200 Nationalstrassentunneln mit DAB+ angekündigt hat, sind auch Zauderer vom UKW-Nachfolger überzeugt. Nun gilt es, die Autobesitzer für den Wechsel auf DAB+ zu sensibilisieren. Denn bereits in vier Jahren werden die ersten UKW-Sender vom Netz gehen. Bis zum Jahr 2020 muss eine halbe Million Occasionwagen pro Jahr nachgerüstet werden. Ein immenses Potenzial und ein starker Wachstumsmarkt.

Bald lückenloser Empfang

Kein Wunder, dass der Appell der Radioleute bei den Fahrzeugexperten auf offene Ohren stiess: Ab sofort seien Neuwagen ausschliesslich mit DAB+-Radios auszuliefern und Occasionen auf DAB+ umzurüsten. Zumal die Schweiz heute schon die weltweit beste DAB+-Netzabdeckung auf Strassen bietet. Und bis Ende 2018 sind auch die meisten Autobahntunnel mit DAB+ versorgt. Zudem schliessen die Netzbetreiber die letzten Empfangslücken in den nächsten Jahren, wie am Anlass bekannt wurde.

Occasion-Markt erwacht

Auf dem grössten Onlinemarktplatz für Autos in der Schweiz werden pro Jahr 650'000 Fahrzeuge inseriert. Noch kommt das Stichwort DAB+ nicht in den Suchkriterien vor. Ab August 2016 wird sich das ändern. Dann kann bei der Ausstattung neu das Kriterium DAB+ angehakt werden. So wird das Interesse von Käufer und Verkäufer für den digitalen Radioempfang auch im Auto geweckt.

Einblick in die Praxis

Einige haben das Geschäft mit DAB+ früh erkannt. Am Workshop boten zwei Nachrüstprofis eine Live-Demonstration an zwei Fahrzeugen. Ausgerüstet wurden die Autos mit unterschiedlichen Systemen. Beim ersten Auto speisten die beiden das DAB+-Signal über einen UKW-Sender ins Audiosystem ein, beim zweiten über die UBS-Schnittstelle. Damit kann das neue DAB+-Radio über das bestehende Audiosystem bedient werden. Kostenpunkt: Für die erste Lösung bezahlt der Kunde etwa 350, für die zweite rund 500 Franken.

DAB+ als Verkaufsargument

Um den Einbau von Digitalradios in Autos anzukurbeln, muss DAB+ aktiv verkauft werden. Denn die Nachfrage hält sich noch in Grenzen. Rund die Hälfte seiner Kundschaft wisse nicht, worum es sich bei DAB+ handle, berichtete ein renommierter Garagist. Er riet deshalb, Demofahrzeuge und Ersatzwagen mit DAB+-Radios auszustatten, Kundschaft den Unterschied von UKW und DAB+ praktisch zu erklären. Etwa wie ein DAB+-Sendersuchlauf funktioniert. Es gelte, das Bewusstsein für DAB+ an der Verkaufsfront zu schärfen.

Privatradios sind ein Hype

Die Nachricht kam exakt zur richtigen Zeit. Gleichentags, unmittelbar vor Beginn des Workshops, kommunizierte der Bundesrat den für Privatradios so wichtigen Entscheid. Er setzt das revidierte Radio- und Fernsehgesetz (RTVG) per 1. Juli 2016 in Kraft. Damit erhalten die lokalen Radiostationen mit Gebührenanteil mehr Geld: Ihre DAB+-Verbreitungskosten werden bis zu 80 Prozent subventioniert, die Motivation, ihre Programme auch auf DAB+ anzubieten, erhöht.

Wie ein Privatradiovertreter aufzeigte, herrscht bei den privaten Radioveranstaltern derzeit Aufbruchstimmung. Zuspruch und Rückmeldung der Hörerschaft würden das wachsende Interesse an DAB+ spiegeln. Die Privatradios schöpfen die Möglichkeiten des Digitalradios zunehmend aus. DAB+ habe auch bewirkt, dass erstmals alle Privatradios bei der Promotion am selben Strang zögen, sagte der Exponent der Privaten. Kürzlich lancierten sie ihren ersten gemeinsamen Videoclip.

SRG übergibt Stab an Private

Die Firma MCDT, Veranstalterin des Automobil-Workshops und SRG-Tochtergesellschaft, leistet seit 2011 Pionierarbeit für DAB+. Mit der Gründung der Arbeitsgruppe "DigiMig" (Digitale Migration) kam das Digitalradio 2014 in eine neue Phase. Und mit dem Inkrafttreten des neuen RTVG stehen heute den Privatradios Fördergelder des Bundes für die Digitalradio-Promotion zur Verfügung. Damit hat die SRG über MCDT ihre Aufgabe als DAB+-Lokomotive erfüllt und gibt die Führung an die privaten Radioveranstalter ab. Als Folge wird MCDT per Ende 2016 stillgelegt.

DAB+ und Internetradio: Duett statt Duell

Die in früheren Workshops viel diskutierte Frage, ob DAB+ oder IP das Rennen um die digitale Radiozukunft im Auto machen wird, stellte sich dieses Jahr nicht mehr. Beide Technologien werden gleichermassen gebraucht. Je nach Ort, Netz und Gerät ergänzen sie sich optimal. Hybridradios, die beide Empfangsarten vereinen, werden die mobilen Begleiter der Zukunft sein.

Dass es für UKW eine Nachfolgetechnologie braucht, ist auch im Internetzeitalter unbestritten. In erster Linie als zuverlässiges Informationsmedium in Krisen und Katastrophen. Aber auch, weil die IP-Verbreitung für hiesige Radioveranstalter erhebliche Risiken birgt. So haben sie etwa keinen Einfluss darauf, was mit ihrem Stream geschieht, wer ihn wie weiterverwendet oder bearbeitet. Bei der Verbreitung über DAB+ bleiben die Fäden in ihrer Hand und ihre Verbreitungskosten hängen auch nicht, wie bei IP, von der Hörerzahl ab.

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