One-to-One

"Wir setzten die Hürden für Partner tiefer an"

Uhr | Aktualisiert

Fadri Haller hat im Mai die Geschicke bei der Revox-Gruppe übernommen. Im Interview erklärt der neue CEO, wie es dazu kam und welche Pläne er mit dem Schweizer Traditionshersteller verfolgt.

Sie sind seit Mai neuer CEO der Revox-Gruppe. Wie erlebten Sie die ersten 100 Tage?

Fadri Haller: Sie waren sehr interessant, ich konnte viele neue Erkenntnisse gewinnen. Jetzt geht es darum, diese umzusetzen.

Was sind das für Erkenntnisse?

Vor allem im Vertrieb. In unseren Hauptmärkten Schweiz, Deutschland und Österreich gilt es jetzt, die Aktivitäten zu koordinieren und so Synergien zu nutzen. Wir sind auf der Suche nach neuen Fachhandelspartnern und werden uns hier eher breiter aufstellen wie bis jetzt. Im internationalen Vertrieb sind wir mit Distributoren in einigen Ländern gut vertreten, in anderen werden wir Anpassungen vornehmen müssen.

Was wollen Sie bei Revox verändern?

Es geht nicht darum, alles umzukrempeln. Revox ist eine funktionierende Firma. Wie schon erwähnt, werden wir vor allem im Vertrieb Anpassungen vornehmen.

Wie kam die Wahl des CEOs auf Sie?

Letztes Jahr kam der damalige CEO Christoph Frey auf mich zu, mit dem ich sieben Jahre zusammenarbeitete. Er fragte mich, ob ich sein Nachfolger werden möchte, weil er nach über 20 Jahren kürzer treten wolle. Das war eine grosse Ehre für mich, bedeutet aber auch grosse Verantwortung. Wichtig war mir ein geordneter Übergang. Ausserdem hilft es mir sehr, dass Christoph Frey weiter aktiv im Verwaltungsrat ist.

Wie lange werden Sie als CEO auch noch die Vertriebsleiterfunktion ausfüllen?

Ich sehe mich nicht auch noch als Vertriebsleiter, wir sind in der Schweiz ein überschaubares Team. Es geht vor allen darum, unsere Ziele gemeinsam im Team umsetzen zu können. Auch wichtig ist mir der Kontakt zum Handel im Kernmarkt Schweiz.

Wie wird Revox Schweiz künftig aufgestellt sein?

Ein Teil meines Aufgabenbereichs ging an meine Mitarbeiter David Brouwer und Marco Dubs. Wir sind aber noch auf der Suche nach Verstärkung für unser Team und für die Westschweiz. Mit Präsenz wäre dort noch viel Potenzial auszuschöpfen. Wir brauchen eine Person, die gut ins Team passt, die nötigen Consumer-Electronis-Branchenkenntnisse mitbringt und motiviert für Neues ist.

Was ist Ihre Produktstrategie?

Wir haben heute zwei Produktlinien, das Multi-User-System für das Projektgeschäft und die Joy-Serie im hochwertigen Stand-alone-Audiobereich. Es liegt auf der Hand, dass wir die zwei Produktlinien miteinander verschmelzen.

Wie soll das funktionieren?

Ein grosser Teil davon ist die Systemsoftware. Wir werden unsere Software im Multi-User-System so erweitern, dass wir sie in die Joy-Linie einbinden können.

Wie weit sind Sie mit der neuen Produktstrategie?

Wir stecken mittendrin. Wir brachten vor 15 Monaten das neue Multi-User-System auf den Markt. Zu Beginn war es ein reiner IP-steuerbarer Verstärker. Mit kontinuierlichen, quartalsweise erscheinenden Software-Updates ist es nun ein fertiges System. Der Kunde kann es für seine Musik oder für Mobile-Services in beliebig vielen Räumen nutzen. Es bietet diverse Schnittstellen und seit Jahresanfang gibt es auch ein KNX-Modul für Integrationslösungen. So kann jeder Integrator mit ETS-Kenntnis auch Revox integrieren. Durch die Software-Updates ist es mittlerweile auch für den CE-Handel sehr gut geeignet, weil es nicht mehr so technisch komplex und programmierlastig ist.

Wie kommt das Multi-User-System bei Handel und Kunden an?

Sehr gut. Zur Einführung in der Schweiz bestückten und schulten wir während der ersten neun Monate nur unsere rund 20 Key-Partner. Trotzdem erzielten wir letztes Jahr in der Schweiz 38 Prozent mehr Umsatz, hauptsächlich dank des neuen Systems. Ich bin überzeugt, dass wir weitere Partner aus dem CE- und Integratorenbereich dazugewinnen können.

Planen Sie dafür Änderungen am Partnerkonzept?

Ja. Früher machten wir unseren Partnern sehr selektive Vorgaben, etwa was sie im Showroom zeigen müssen. Heute sind unsere Produkte sehr viel flexibler einsetzbar und günstiger, deshalb wollen wir uns breiter aufstellen und haben die Hürden für neue Partner tiefer angesetzt. Ein neuer Partner kann heute schon mit zwei kleinen Räumen im Showroom beginnen. Händler, die mehr machen, erhalten dafür eine grössere Marge. Revox wird aber auch in Zukunft einen selektiven Vertrieb haben, und wir setzen weiterhin eine Schulung voraus.

Wie kam das neue Konzept im Handel an?

Zu Beginn gab es eine Bereinigung der Partner und die Anzahl Partner wurde etwas reduziert. Aber im letzten Jahr erweiterten 17 Joy-Händler ihr Sortiment, und auch im Projektgeschäft kamen 10 neue Integrationspartner dazu.

Welche Bedeutung hat das Lautsprechergeschäft für Revox?

Das Lautsprechergeschäft ist wichtig als Teil der Gesamtlösung, weil wir so das Know-how von der Funktionalität über die Endstufentechnologie im Gerät bis hin zur perfekten Abstimmung mit unseren Lautsprechern haben. Es gibt nur wenige Hersteller, die die ganze Kette so gut wie wir im Griff haben.

Wie will Revox dem Rückgang im Audio-Markt entgegenwirken?

Man muss unterscheiden zwischen dem Projekt- und dem reinen Audiogeschäft. Im Projektgeschäft sind lösungsabhängige, technische Kriterien entscheidend. Interessanterweise konnten wir im Audiosortiment Joy in Kombination mit Lautsprechern zulegen. Heute ist es schwierig, eine Anlage für 10?000 Franken oder mehr in grösseren Stückzahlen zu verkaufen. Aber der Bereich zwischen 1500 bis 5000 Franken läuft für uns sehr gut.

Gilt Ihr Augenmerk dem Projektgeschäft?

Ja, wir wollen uns noch mehr auf diesen Bereich konzentrieren. Vor zehn Jahren begann unsere erste Partnerschaft mit einem KNX-Integrator in der Schweiz. Das ist heute einer unserer grössten Handelspartner. In anderen Ländern haben wir schon viel mehr Partnerschaften mit Systemintegratoren. Das ist ein Bereich, den wir in der Schweiz stark ausbauen wollen.

Was sind Ihre Ziele mit Revox?

Wir wollen im Audiogeschäft dieselben Umsätze wie im letzten Jahr erzielen. Wir wollen das Joy-Sortiment stabil halten und neue Händler dazugewinnen. Ausserdem wollen wir weitere Joy-Händler vom Multi-User-System überzeugen. Weiter wollen wir unser Projektgeschäft ausbauen. Ich sehe ein grosses Potenzial mit Systemintegratoren, und wir werden in der Schweiz vermehrt KNX-Integratoren angehen.

Wie machen Sie das?

Wir sind bei KNX gelistet und nahmen an diversen KNX-Events teil. Wir planen auch eigene Events in Zusammenarbeit mit einem der grösseren Lieferanten von KNX-Systemtechnik. Wir werden an der Electro-Tec Ost in Winterthur ausstellen und waren letztes Jahr an der Ineltec in Basel. Wir sind jetzt dabei, uns in diesem Bereich stärker zu präsentieren.

Wie kann der Fachhandel mit Audiogeräten Geld verdienen?

Es ist ein schwieriges Umfeld, aber die Entwicklung ist ja seit Jahren erkennbar. Fachhändler, die sehr gut unterwegs sind, haben sich spezialisiert. Das bedeutet aber auch, sich von Geschäften zu trennen, die vielleicht seit vielen Jahren zu funktionieren scheinen. Wichtig sind Beratungen zu Gesamtlösungen, die über ein Produkt hinausgehen.

Wie soll der Fachhandel Revox verkaufen?

Als Teil einer Lösung, den Verstärker zusammen mit Lautsprecher in Kombination mit Quellengeräte und die passende Bedienung dazu verkaufen. Gerade unser Multiusersystem ist sehr lösungsorientiert.

Wie unterstützen Sie den Fachhandel?

Darauf legen wir schon seit Jahren grossen Wert. Der Händler soll einen engen Kontakt zu uns als Hersteller pflegen. Das ist auch ein Verkaufsargument, wenn er etwa im Projektgeschäft das erste Gespräch mit dem Endkunden bei uns führt. Wir bieten dabei Beratung, Planungsunterstützung, Konfiguration vor Ort und auch Support. Das Risiko für einen Händler ist also gering. Um diese Unterstützung weiter auszubauen, bauen wir seit Anfang des Jahres die Partnerfirma Suplan auf.

Was ist Suplan?

Der Name steht für Support und Planung. Es ist eine reine Dienstleistungsfirma für den Fachhandel und unser offizieller Planungs- und Support-Partner. Der Händler bekommt Unterstützung zu Revox-, aber auch zu Produkten anderer Hersteller. Suplan verkauft keine Produkte, auch kein Zubehör. Bei Projekten bietet Suplan Unterstützung von der einfachen Konfiguration bis hin zur Komplettplanung inklusive Inbetriebnahme.

Warum bietet das Revox nicht selbst?

Wir spürten, dass es im Handel ein Bedürfnis nach einem Dienstleistungspartner gibt. Hätten wir Suplan aber in Revox integriert, wäre es wohl nicht der richtige Ansprechpartner bei Nicht-Revox-Produkten. Revox ist aber sehr eng mit Suplan verflochten.

Wie denn?

Suplan hat den Sitz bei uns in Regensdorf. Sie übernahm auch einen Teil unseres technischen Supports und verfügt über denselben Wissenstand wie wir. Früher machten wir das selbst oder in Zusammenarbeit mit unseren Technikern im Werk in Villingen. Der einfache Support bei uns ist natürlich kostenlos. Sobald Suplan aber vor Ort geht und projektbezogene Planungsunterstützung bietet, zahlt er etwas zu Vorzugspreisen über seine Marge. Diese Dienstleistung lassen sich aber auch an die Kunden weiter verrechnen.

Gibt es schon Reaktionen?

Wir sind sehr zufrieden. Nicht jeder Händler nutzt schon die Dienstleistungen von Suplan. Manche brauchen es auch nicht. Aber Suplan macht es gerade auch für Neuhändler einfacher beim ersten Projekt. Beim dritten Mal, kann er es dann wahrscheinlich schon alleine und alle sind happy.

Zur Person

Fadri Haller (32) arbeitet seit seiner Berufslehre in der Unterhaltungselektronikbranche. Zuerst im Lehrbetrieb in St.Moritz. Anschliessend war er zwei Jahre bei einem Revox-Händler in Baar für Installationen zuständig. Seit sieben Jahren ist Haller nun bei Revox, seit vergangenem Mai als CEO. Er lebt in einer Partnerschaft und macht in seiner Freizeit sehr viel Sport. Im Sommer geht er bergsteigen, wandern oder mountainbiken, im Winter macht er Langlauf und Skitouren. Quelle: Revox

Webcode
9433