Betriebswirtschaft für Fachhändler, Teil 23: Kommunikation

Schweigen ist nicht immer Gold

Uhr | Aktualisiert
von Ruedi Haeny, Haeny Management Consulting

"Das grösste Problem mit der Kommunikation ist die Illusion, sie sei gelungen." Marketing-Experte Ruedi Haeny verrät, worauf es ankommt, damit sich der Kunde nicht als Störenfried fühlt.

Als Branchenspezialist(in) kennen Sie sich aus: Kommunikation findet zwischen einem Sender und einem Empfänger statt. Das ist nicht nur bei den meisten Geräten so, die wir verkaufen, es gilt auch für Menschen. Doch Letztere haben keinen Off-Schalter, sie strahlen auch dann eine Botschaft aus, wenn sie gar nicht senden wollen. Ein Beispiel: Der Chef nimmt seinen neuen Angestellten mit zu einer Installation in einem Ferienchalet. Welch toller Einstieg für den Neuen! Nun wechselt aber der Vorgesetzte auf der stundenlangen Autofahrt kein Wort mit ihm. Vielleicht hat er einfach einen schlechten Tag oder familiäre Sorgen, das ist menschlich. Aber es wird nicht so verstanden. Was sein Schweigen signalisiert, ist Desinteresse am neuen Mitarbeiter und die totale Verweigerung, diesen näher kennenzulernen. Kein guter Start für eine erfolgreiche Zusammenarbeit. Schweigen ist nicht immer Gold!

Inhaltlich richtig und doch so vieles grundfalsch

Kürzlich musste ich ein Handy-Etui umtauschen, das nach nur drei Wochen defekt war. «Stv. Filialleiter» las ich mit Genugtuung auf dem Namensschild des Herren, der in aller Gemütsruhe aus der Mittagspause geschlurft kam und zumindest mich, als Vordersten in der Reihe, von der langen Warterei erlöste. Die Körpersprache signalisierte zwar "mir stinkt's, zu bedienen", aber kompetent sollte er gemäss Funktion ja sein. Am leichten Heben seines Kinns konnte ich erkennen, dass er mir jetzt vermutlich zuhören werde. Ich schilderte mein Anliegen. Wortlos entfernte er sich von mir. Ich folgte ihm und zeigte, wo das Objekt meiner Begierde letztes Mal zu finden war. Diese Hilfe schien nicht zu interessieren. Er suchte alle Haken im Gestell ab, ohne fündig zu werden. "Eben" sagte ich, "hier unten." Mich weiter ignorierend, ging er zum Computer. Und tatsächlich, er schien darin etwas gefunden zu haben, kam zurück und öffnete endlich die Schublade, die ich ihm gezeigt hatte. Darin lagen vier Exemplare des gesuchten Etuis. Wortlos schlurfte er mit einem davon zur Kasse, riss die Verpackung weg und überreichte es mir. Das Etui ging offenbar trotz fehlendem Garantieschein und Kassenbon auf Kulanz, denn seine Geste schien abschliessend zu sein. Auch das lief wortlos ab, ich hab’s ja begriffen. Abschiedsgruss? Fehlanzeige. Eigentlich wurde inhaltlich alles zum Wohle des Kunden getan und doch so vieles grundfalsch gemacht. Oder wollte er mir zu verstehen geben, dass man solche Kleinigkeiten heute via Webshop erledigt? Das war auch meine Absicht, aber braucht mein Handy XL oder XXL? Ich kann es zwar messen, seine "Kleidergrösse" weiss ich leider nicht. Relevante Aussagen zu machen, auch das gehört zur Kommunikation. Aber dies ist ein anderes Thema. Jedenfalls fühlte ich mich als Störenfried, nicht als Kunde.

Involvieren und informieren

Also, sagen Sie, was Sie tun und warum. Bleiben Sie mit dem Kunden im Gespräch. Vorbildlich machte es der Lernende, der meiner Frau einen Skihelm verkaufte. "Jetzt prüfen wir, wie gut er sitzt. Darf ich Ihnen dazu die Hand auf den Kopf legen?" Auf die CE-Branche übertragen, heisst das beispielsweise, die Anwesenden zu involvieren, wenn Sie in deren Räumlichkeiten arbeiten. Informieren Sie über Fortschritte oder Verzögerungen. Wenn's laut wird, erklären Sie, was Sie tun müssen und wie lange der Lärm dauern wird. Entkräften Sie Bedenken wegen Schmutz beim Bohren oder Sägen, bevor solche aufkommen, indem Sie nach dem Staubsauger fragen und dann auch alles wieder sauber machen.

Nicht immer ist die inhaltlich korrekte Antwort auch die richtige: Ich stand in einer lange Warteschlange an der Kasse. Der Mann zuvorderst schien etwas Kompliziertes gekauft zu haben, denn der Verkäufer hatte viel Papierkram zu erledigen. Unbeeindruckt von den Wartenden spulte er ganz ruhig auch seine Fragen zu Zusatzverkäufen ab und konnte tatsächlich noch eine Garantieverlängerung ausstellen. Da platzte der Dame hinter mir der Kragen: "Das geht doch nicht, so viele Kunden und ein einziger Verkäufer!" Die lakonische Antwort: "Nein zwei." Richtig – in der Wirkung aber wohl falsch. Die Dame rauschte nämlich wortlos davon und kommt vermutlich nicht so bald wieder.

Wer kritisiert wird, hat die spontane Tendenz, sich zu erklären. Der Gast, der sagt, der Wein sei zu warm, will aber nicht hören, dass die Flasche aus dem Weinschrank kommt. Er möchte einfach einen kühleren.

Eigentlich wäre es ganz einfach: Fragen wir uns, wie wir als Kunde behandelt werden möchten und gehen mit den Menschen, die uns etwas abkaufen möchten, genauso um! Die viel geschmähte Servicewüste Schweiz ist eher eine Kommunikationswüste. Wirken wir dem entgegen!

In der nächsten Folge geben wir einige Tipps, wie das, was wir uns vorgenommen haben, auch wirklich erledigt werden kann.

Mehr zum Thema erfahren Sie im Tagesseminar ­"Praxistipps zur Unternehmensführung" am 27. April 2015.

Persönlich

Ruedi Haeny ist lic.oec. HSG und begann seine berufliche Laufbahn in der Marktforschung, wechselte dann in Marketing und Verkauf, wo er verschiedene leitende Positionen innehatte, zuletzt während 16 Jahren bei Philips Consumer Electronics. Er war ­aktiv im Vorstand des Swico und leitete die IG CE. Im Februar 2013 gründete er die Haeny Management Consulting GmbH. Heute unterstützt er Firmen bei der Durchführung von Projekten und begleitet sie ­bei der Entwicklung und Umsetzung von Strategien. Zu seinen Kunden gehören Fachhändler, Handels­gruppen und Importeure.

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