Martin Kaufmann im Interview

Warum Walter Meier und Tobler Haustechnik fusionieren

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Das Gebäudetechnikunternehmen Meier Tobler ist Anfang des Jahres aus einer Fusion des Klimatechnikherstellers Walter Meier mit dem Grosshändler Tobler Haustechnik entstanden. Der vormalige Walter-Meier-Geschäftsführer und heutige Chef von Meier Tobler erklärt im Interview, was die Fusion für das neue Unternehmen bedeutet.

Martin Kaufmann, CEO, Meier Tobler. (Source: Netzmedien)
Martin Kaufmann, CEO, Meier Tobler. (Source: Netzmedien)

Wie verlief der Zusammenschluss von Walter Meier und Tobler Haustechnik?

Martin Kaufmann: Wir sind seit 1. Januar mit der kombinierten integrierten Organisation Meier Tobler auf dem Markt. Der organisatorische Zusammenschluss ist erfolgt und zu 95 Prozent abgeschlossen, wir liefern und führen unsere Servicedienstleistungen fristgerecht aus, jetzt geht es um den Feinschliff.

Was gibt es noch zu tun?

Als grösster Move steht Anfang des nächsten Jahres die Systemintegration an. Derzeit sind wir auf Vertriebsseite mit zwei Informatiksystemen unterwegs.

Warum kam es zum Zusammenschluss?

Aus zwei Gründen. Zum einen erwarten wir bei einer Fusion in dieser Grössenordnung Synergien von 15 bis 18 Millionen Franken. Zum anderen ergänzen sich vor allem die Firmen am Markt perfekt. Tobler kommt aus dem klassischen Handelsgeschäft mit Heizungs- und Sanitärkomponenten und ist mit seinem Netz mit fast 50 Standorten und einem Onlineshop im Markt präsent. Walter Meier ist ein Komplettanbieter bei der Wärme- und Kälteerzeugung, hat Handel aber nur nebenbei gemacht. Jetzt haben wir mit dem System- und dem Handelsgeschäft sowie mit unserem Servicegeschäft drei starke Säulen.

Wie will Meier Tobler im Markt auftreten?

Als Komplettanbieter auf der Temperaturachse des Gebäudes. Bei Heizen, Kühlen und Sanitär machen wir alles, vom Einfamilienhaus bis zur Kühlung des Datacenters. Wir bieten auch alle Technologien, Öl, Gas, Holz und Wärmepumpen am Markt an. Bei der Lüftung sind wir nur im Wohnbau tätig.

Wie viele Mitarbeiter wurden infolge entlassen?

Im Zuge der Fusion können aufgrund von Doppelspurigkeiten 120 Stellen abgebaut werden. Bis heute wurden 45 Stellen abgebaut, die meisten über natürliche Fluktuation. Bis jetzt mussten 6 Entlassungen ausgesprochen werden. Natürliche Fluktuation ist auch für die meisten weiteren Stellen unser Ziel, verteilt auf die nächsten zwei bis drei Jahre.

Sind Sie mit den dann 1350 Mitarbeitern gut aufgestellt?

Ja. Es gibt sicher weitere Optimierungsmöglichkeiten, aber das Ziel heisst nicht Stellenabbau. Wenn die Redundanzen beseitigt sind, stehen wichtige Themen an. Für die Energiewende müssen wir unsere Kompetenzen im Bereich erneuerbare Energien noch weiter aufbauen, beziehungsweise vertiefen. Ausserdem werden wir mit Unterstützung der Digitalisierung gewisse Ressourcen umschichten mit dem Ziel, die Kundendienstleistung weiter zu verbessern.

Was heisst das konkret?

Wenn wir Ressourcen aus dem Stammgeschäft freisetzen, etwa über die Automatisierung oder den E-Shop, können wir diese in neue Geschäftsfelder investieren. Dabei stehen neue Geschäftsmodelle wie etwa Dienstleistungsangebote mittels Fernwartung im Fokus.

Sind Fernwartungen in Zukunft Alltag?

Beim Servicegeschäft für konventionelle Öl- und Gasanlagen wird es wohl keine grossen Änderungen geben. Bei der Verbrennung gibt es Rückstände, das bedingt, dass man die Anlage auch in Zukunft regelmässig warten muss. Aber unsere Vision ist, bei allem, was mit dem Kältekreislauf zu tun hat, wo die Anlagen auch etwas sensibler sind, möglichst viele Daten in die Cloud zu bringen. So können wir Energieflüsse visualisieren und sicherstellen, dass die Anlage möglichst energieeffizient und störungsfrei läuft. Man spricht zwar viel über den Wirkungsgrad von Wärmepumpen, aber wie die Anlage im einregulierten Zustand wirklich läuft, weiss fast niemand. Dort liegt aus energetischer Sicht riesiges Potenzial.

Meier Tobler überwacht seit Anfang des Jahres rund 600 Wärmepumpen in der Cloud. Wie sind Ihre Erfahrungen?

Sehr gut. Wir bieten den Kunden ein Rundum-sorglos-Paket an. In Zusammenarbeit mit Swisscom bringen wir alle Daten über eine verschlüsselte Leitung in die Cloud. Dort überwachen wir die Wärmepumpen, schauen regelmässig, ob sie sauber laufen und wo Optimierungspotenzial besteht. Wir sind die Fachspezialisten für Wärmepumpen, wir sorgen dafür, dass der Komfort zuhause stimmt und die Wärmepumpe energieeffizient läuft.

Gibt es Bedenken von Kundenseite?

Wir fragen alle Kunden, ob sie die Daten in der Cloud haben möchten. Aber es sind sichere, verschlüsselte Lösungen. Die Daten sind in der Schweiz und auch nicht hochsensibel. Wir messen nur Energiefluss, Vor- und Rücklauf und den Druck der Wärmepumpe.

Wie verändert sich das Profil von Heizungs-, Klima- und Gebäudetechnikern angesichts der Digitalisierung? Werden sie zu Informatikern?

Das ist etwas übertrieben, aber die Komplexität nimmt zu. Es geht weg vom mechanischen und hin zu Regulierungs- und Steuerungsthemen. Er braucht mehr Systemverständnis und man muss sich besser bei Steuerungen zurechtfinden.

Wie sichern Sie das Know-how bei Ihren Mitarbeitern?

Das ist ein grosses Thema. Wir investieren viel in die Schulung unserer Servicetechniker, aber auch in die Verkaufscrew. Produkt- und Systemkenntnisse sind immer wichtig. Aber wir haben in der Haustechnikbranche einen Fachkräftemangel, es ist schwierig gute Leute zu rekrutieren.

Was müsste gegen den Fachkräftemangel getan werden?

Das Berufsbild des Gebäudetechnikers ist einfach schlecht. Es ist immer noch nicht sexy, Heizungsinstallateur zu lernen. Dabei wäre es ein Beruf, der wahnsinnig spannend und auch sehr anspruchsvoll ist. Ich bin überzeugt, dass die Chancen für junge Berufsleute im HLK-Umfeld und in der Gebäudetechnik sehr gross sind. Gebäude werden immer komplexer, die Haustechnik braucht dafür gute Leute. Leider ist es uns als Branche nicht gelungen, das Berufsbild bei jungen Leuten genug prominent zu verankern.

Braucht es eine neue Ausbildung?

Es gibt viele Bestrebungen auf allen Ebenen, aber das Hauptproblem ist, dass zu wenige unten einsteigen, also einfach mal Heizungs- oder Sanitärinstallateur lernen. Wenn man sich eine Stufe höher weiterbilden möchte, gibt es ein grosses Angebot. Aber wir haben als Branche die Berufe in der Gebäudetechnik nicht gut genug verkauft.

Was unternehmen Sie dagegen?

Der Verband Suissetec hat einiges getan, Lobbying in der Öffentlichkeit und politische Anstrengungen, damit man mehr für das Berufsbild tut. Auch wir versuchen, etwa mit Interviews wie diesem, den Beruf besser zu positionieren. Die Branche ist gross und wichtig; sie hat eine spannende Zukunft vor sich. Wir müssen den Gebäudepark in der Schweiz in den nächsten 20 Jahren energetisch sanieren, wenn wir die Energiestrategie 2050 umsetzen wollen. Das braucht gute Leute, das heisst, es gibt viele Chancen für junge Berufsleute. Dafür müssen wir ein Bewusstsein schaffen.

Heisst das, Sie erwarten langfristig eine positive Marktentwicklung in der Schweiz?

Es gibt zwei Aspekte. Der Neubau lief enorm gut in den letzten Jahren, vor allem im Wohnungsbau spürt man in gewissen Regionen eine Überhitzung, deshalb erwarte ich nun eine Abkühlung. Die energetische Sanierung des Gebäudeparks ist langfristig sicher eine Opportunität für uns. Aber ehrlich gesagt spricht man schon lange davon, und in den vergangenen Jahren stellten wir fest, dass die neuen Verordnungen eher hemmend sind. Niemand weiss, wie die Energiegesetzgebung in den Kantonen wirklich umgesetzt wird. Aber das theoretische Potenzial und der Druck, etwas zu tun, sind gross.

Welche Geschäftsentwicklung erwarten Sie dieses Jahr?

Wir gehen nach wie vor davon aus, dass der Sanierungsmarkt, der in den vergangenen Jahren etwas stockte, nicht gerade explodieren wird. Beim Neubau erwarten wir eine Seitwärtsbewegung bis leichten Rückgang, weil es nach wie vor eine Überkapazität auf Anbieterseite und dadurch einen hohen Preisdruck gibt.

Rechnen Sie mit einer Konsolidierung im Markt?

Es wäre nötig. Aber kleine Anbieter gibt es fast keine mehr.

Meier Tobler ist durch Übernahmen gross geworden. Sind weitere Akquisitionen geplant?

Im Moment ist nichts geplant. Wir müssen den Zusammenschluss, der zwar organisatorisch abgeschlossen ist, zuerst konsolidieren. Wir sind mit dem neuen Unternehmen gut gestartet, aber bis es so läuft, wie ich mir das vorstelle, braucht es noch etwas Zeit. Zudem haben wir in der neuen Konstellation noch viele interessante Möglichkeiten. Aber mittelfristig werden wir sicher nach wie vor die Augen offen haben und schauen, ob es Möglichkeiten für Akquisitionen gibt.

Warum zügelt Meier Tobler nach Nebikon?

Wir haben schon vor einigen Jahren entschieden, als wir noch vier verschiedene Lagerstandorte hatten, dass wir die Logistik zentral an einem Standort konzentrieren wollen. Wir wählten dafür Nebikon, weil es im Herzen der Schweiz liegt und einen guten Autobahnanschluss hat. Das ist wichtig, um unsere Logistikdienstleistung optimal zu erbringen. Vor zwei Jahren zogen wir auch mit dem Hauptsitz nach Nebikon. Und weil wir in der neuen Konstellation nur noch ein Schweizer Unternehmen sind, verlegen wir nun auch die Holding dorthin.

Wie hat sich das neue Dienstleistungscenter ausgezahlt, das Sie vor einem Jahr eröffneten?

Wir konnten deutlich Komplexität aus dem Unternehmen nehmen, weil die Ware an einem Ort ist. Mit der Automatisierung des Lagers konnten wir die Logistikkosten reduzieren. Das zahlt sich aus und funktioniert auch sehr gut.

Können Sie Vergleichszahlen zur Auslieferung der Pakete nennen?

Nein. Aber vorher mussten wir in vier Lagern händisch kommissionieren und die Ware oftmals hin- und herschieben, weil nicht überall das volle Sortiment verfügbar war. Jetzt ist die komplette Ware in Nebikon und wird kundenspezifisch kommissioniert. Wir fahren am Abend mit vollen Lastzügen in die Regionen und machen am nächsten Morgen die Feinverteilung. Dadurch fahren wir weniger Kilometer und sind schneller, haben weniger interne Verschiebungen und konnten die Kosten deutlich reduzieren, weil wir sehr viel automatisierten.

Wie ist das Kundenfeedback?

Wir waren früher nicht viel langsamer. Aber heute sind wir verlässlicher, haben eine höhere Verfügbarkeit, was der Kunde schätzt. Einziger Wermutstropfen ist, dass wir mit einer Ausbaureserve von 40 Prozent geplant haben. In der neuen Konstellation mit dem Zentrallager von Tobler in Dänikon ist das neue Gebäude zu klein. Ziel ist es, die beiden Lager in den nächsten Jahren zusammenzuführen.

Haben Sie eine Idee?

Ja, Ideen haben wir einige. Es gibt aber noch kein konkretes Projekt, da wir zuerst Land erwerben müssen.

Wie unterstützt Meier Tobler die HLK-Branche?

Wir machen etwa 550 Millionen Franken Umsatz, davon etwa 110 Millionen im Service. Aus historischen Gründen geschieht unser Service in der Schweiz zu 90 Prozent direkt beim Endkunden. Aber die anderen 440 Millionen, alles was Hardware ist, vertreiben wir über das Installationsgewerbe. Wir wollen den Installateuren ein möglichst guter Systempartner sein. Ob mit unserer Logistik oder unserem Aussendienst mit hoher Systemkompetenz. Und natürlich bieten wir ein flächendeckendes Servicenetz, das auch die Installateure unterstützt. Wir versuchen, die Branche mit Investitionen in die Ausbildung weiterzubringen und wollen ihr den Stellenwert geben, den sie auch verdient.

Was raten Sie Schweizer HLK- und Gebäudetechnikern?

Viele machen einen sehr guten Job. Ich würde mir aber wünschen, dass sie den Endkunden den Nutzen der neuen Dienstleistungen, Produkte und Technologien noch etwas aktiver aufzeigen. Sie haben den Zugang zum Kunden. Ich bin überzeugt, dass die Kunden bereit für Investitionen in energieeffiziente Haustechnikanlagen sind, wenn sie den Nutzen aufgezeigt bekommen.

Macht Meier Tobler keine Kommunikation zum Endkunden?

Wir kommunizieren über unsere Webportale und über den Service, indem wir Kunden über Möglichkeiten beispielsweise in der Heizungssanierung aufklären. Aber der Verkauf von Haustechnikanlagen und die Nutzenargumentation müssen im klassischen dreistufigen Vertriebsweg vom Installationsgewerbe kommen, es sind ihre Kunden. Aber die Kommunikation mit dem Liegenschaftsbesitzer ist anspruchsvoller geworden. Früher sprach man über Öl oder Gas. Heute ist der Kunde besser informiert, er will die technologischen Möglichkeiten prüfen und die für ihn bestmögliche finden.

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