Die besten Schweizer Apps am Simsa Late Afternoon Talk

Von Taxifahrern, Cheatern und dem Wetter als Erlebnis

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Beim Simsa Late Afternoon Talk haben Sieger des diesjährigen Best of Swiss App Awards über ihre Erfolgsgeheimnisse gesprochen. Die erfolgreichen Apps setzen auf Einfachheit und konzentrieren sich auf das Wesentliche.

Stephan Klaus, CEO von Apps with Love (Source: Netzmedien)
Stephan Klaus, CEO von Apps with Love (Source: Netzmedien)

Alljährlich lädt der Verband Simsa zu den Late Afternoon Talks. Traditionell sprechen die Sieger der Best of Swiss Apps Awards dann vor einem Fachpublikum über ihre Projekte. Dieses Jahr fand der Event im Zunfthaus zur Saffran in Zürich statt. Der Eingang war schon mit Tannenbäumen ausgeschmückt, auch die Stimmung im Saal locker und vorweihnachtlich.

Design möglichst simpel halten

Nach einer kurzen Begrüssung durch den Simsa-Vizepräsidenten Claudio Dionisio war zuerst der Master-Gewinner "go! So einfach geht Taxi" an der Reihe. Die App holte den Preis, ohne in einer Kategorie zu gewinnen. In vier Kategorien gewann "go!" jedoch Silber und Bronze.

Über die App sprach als Auftragnehmer Stephan Klaus, CEO von Apps with Love. Anhand von Skizzen zeigte er, wie Apps with Love das Bedienkonzept für die App entwickelte. Dieses sollte möglichst einfach sein. Sowohl junge wie auch alte Leute sollten die App bedienen können.

Apps with Love entschied sich daher für ein möglichst simples Layout, dass sich auch mit einer Hand bedienen lässt, betonte Klaus. Mit der Entwicklung wurde die App jedoch immer komplexer. Vor allem die Interaktionsmöglichkeiten der Taxi-Chauffeure mit den Kunden brachten eine zusätzliche Komplexität mit sich. "Viele Fälle, in denen etwas schief geht, müssen berücksichtigt werden", betonte Klaus.

Neue Welt erschlossen

Der Kontakt zur Taxi-Welt war für Klaus auch besonders. Beim ersten Treffen mit dem Zürcher Taxiunternehmen 7x7 trafen sich die Firmen in Bern, damit kein Konkurrent von den Plänen für eine App erfährt, sagte Klaus. Auch war es für ihn spannend zu sehen, dass in der Taxi-Zentrale ein langhaariger Rocker sitzt, der den Taxifahrern bei schlechter Arbeit auf die Finger klopft. Zudem seien in der Taxi-Branche noch viele sehr alte Betriebssysteme und Anwendungen im Einsatz. Die neue App sollte die Taxifahrer auch unabhängiger von solchen Systemen machen und geringere Investitionen für die Fahrer mit sich bringen.

Neben der technischen Umsetzung entwickelt Apps with Love auch den Namen der App: "go!". Das Layout des Schriftzugs leitet sich übrigens von einem Google-Pin ab, der auf einen Ort zeigt, erklärte Klaus.

Im Vergleich zur grossen Konkurrenz Uber liegt "go!" noch deutlich zurück, wie Klaus auf Nachfrage von Dionisio sagte. Bei Marketing und Verbreitung spielten beide Apps nicht in der gleichen Liga. Jedoch habe auch "go!" schon zahlreiche immer wiederkehrende Nutzer, was ihn optimistisch für die Zukunft stimmt.

Literatur neu erleben

Im Anschluss traten für die Bux App zwei Damen auf die Bühne. Als Auftraggeber war dies Stephanie Grubermann, CEO New Babylon Creations / Universität St. Gallen, und für die Umsetzung die Projektleiterin Laura Orlando von Dreipol. Bux gewann zwei Mal Gold.

Stephanie Grubermann, CEO New Babylon Creations / Universität St. Gallen (Source: Netzmedien)

Die Idee für die App kam laut Grubermann durch ein Forschungsprojekt an der Universität St. Gallen. Dies geht rund zwei Jahre zurück. Anstelle Literatur einfach nur über einen E-Book-Reader zu digitalisieren, wollten die Forscher Literatur digital erlebbar machen. Dabei sollte jedoch nicht das Lesen abgeschafft, sondern das Literaturerlebnis erweitert werden, betonte Grubermann.

Es stellte sich die Frage, was digitalisiert werden kann. Eine Antwort war die Geolokalisierbarkeit von Geschichten. Als Aufhänger wurde die Stadt Zürich gewählt, da dort viele Geschichten handeln und auch historische Ereignisse verortet sind. Als Beispiel die Entstehung der Dada-Bewegung oder die Reformation durch Zwingli.

Die Anforderungen an die Entwicklung der App, gingen dann an Dreipol. Laut Orlando waren diese noch sehr grob und Dreipol musste zunächst Ideen entwickeln, wie diese alle umzusetzen sind. Dabei war die Zeit mit einem halben Jahr, inklusive Testing, relativ knapp bemessen.

Projektleiterin Laura Orlando von Dreipol (Source: Netzmedien)

Die grösste Herausforderung war die Zusammenarbeit in einem interdisziplinären Team. Zudem war Dreipol am Ende der Kette, denn Inhalte wie Videos oder Texte wurden von anderen Partnern und Hochschulen zugeliefert. Je mehr das Projekt fortschritt, desto grösser wurde der Stress, betonte Orlando. Dennoch gelang es, die Timeline einzuhalten.

Infrastruktur muss leistungsfähig genug sein

Wie die Bux App siegte "ewz-on" in gleich zwei Kategorien. Die App erzählt anhand von sechs Minigames die Geschichte des Elektrizitätswerk der Stadt Zürich und gibt auch einen Ausblick in die Zukunft. Die Umsetzung der Spiele sowie auch der AR- und VR-Elemente machte das Start-up Staay, das erst im April 2016 gegründet wurde. Für das Unternehmen sprach Dimo Notarfrancesco, CTO und Mitgründer von Staay.

Dimo Notarfrancesco, CTO und Mitgründer von Staay (Source: Netzmedien)

Eine der grössten Herausforderungen war die unbekannte Anzahl von Spielern, welche die App in dem Aktionszeitraum von drei Wochen spielen würden, sagte Notarfrancesco. Die Infrastruktur war am Ende so stark, dass die Auslastung zu keinem Zeitpunkt über 3 Prozent war, wie Notarfrancestco sagte.

Schwierig war der Umgang mit Cheatern, die ihr GPS manipulierten. Um dies zu unterbinden mussten zahlreiche Daten gesammelt werden, ohne jedoch das Datenvolumen der Nutzer unnötig zu überlasten. Die identifizierten Cheater wurden zudem nicht gleich bestraft, sondern erst am Ende einer Spielrunde, um ihnen nicht die Möglichkeit für Gegenmassnahmen zu bieten. Dies war nötig, denn für die Sieger von Spielen winkten teilweise hohe Preise von den EWZ.

Leidensdruck für Wechsel nötig

Tobias Häckermann, CEO Sherpany, sprach für den Sieger in der Kategorie Business. Die neue Sherpany-App für die Sitzungsvorbereitung von Verwaltungsräten. Sherpany muss nicht nur einen Kunden überzeugen, sondern gleich 200, die bisher die alte Version nutzten.

Tobias Häckermann, CEO Sherpany (Source: Netzmedien)

Schwieriger war es vor allem, die Nutzer zum Wechsel auf die neue App zu bewegen. Sherpany wählte dazu den Weg, die alte App nicht mehr weiterzuentwickeln und nur Sicherheitsupdates zu machen. Laut Häckermann war es wichtig, einen gewissen Leidensdruck zu erzeugen, um die Nutzer zum Wechsel zu bewegen. Die Balance musste jedoch stimmen. Laut Häckermann gelang dies Sherpany, denn kein Kunde sprang ab.

Für die App setzte auch Sherpany auf eine möglichst einfache Bedienung und einen möglichst geringen Funktionsumfang. Häckermann riet den Anwesenden, "alles rausstreichen, was nicht wirklich genutzt wird". Dabei sollten die tatsächlichen Nutzerzahlen angesehen werden und nicht die Nutzer alleine befragt werden. Denn häufig wurden diese eine Funktion als wichtig einstufen, diese im Endeffekt aber nicht nutzen.

Möglichst früh mit Testing beginnen

Zum Schluss des informativen Abendprogramms ging es um das Wetter. Wetteralarm, der Sieger der Kategorie User Experience, sprach über die neue App. Für Wetteralarm sprach Florian Walther, Teamleiter Wetter-Alarm, GVB Services, und der Auftragnehmer war durch Daniel Estermann, CEO von Appculture, vertreten.

Florian Walther, Teamleiter Wetter-Alarm, GVB Services (Source: Netzmedien)

Die grösste Neuerung der App war, dass nun auch Livecams zu den Wetterabfragen eingeblendet werden. Dazu greift Wetteralarm auf ein bestehendes Netz von Livecams eines Partners zurück. Aktuell sind dies mehr als 160 Standorte, über die ganze Schweiz verteilt. Der Kunde soll sich damit ein Bild vom Wetter machen können. Dies bringe ein zusätzliches emotionales Erlebnis für diesen, sagte Walther von Wetteralarm. Die Bilder werden fast in Echtzeit zur Verfügung gestellt. Der Nutzer kann entweder mit dem Finger oder durch Bewegungen mit dem Smartphone durch das Bild steuern.

Für Appculture-CEO Daniel Estermann war das Rezept zum Erfolg, dass man sich von Beginn an nur auf die Kernelemente konzentriert hat. Die "nice to haves" wurden auf später verlegt. Zudem begannen die Firmen bei der Entwicklung schon sehr früh mit dem Testing und Prototyping, um Kosten und Zeit zu sparen. Seitdem die Bilder eingebaut sind, konnte Wetteralarm über 150'000 Nutzer hinzugewinnen. Bald hofft Walther, die Grenze von 1 Million Nutzer zu überwinden.

Appculture-CEO Daniel Estermann (Source: Netzmedien)

Nach den Vorträgen ging es zum informellen Teil des Nachmittags. Durch die Vorträge waren die Gäste intellektuell gesättigt und bei einem Apéro Riche konnten sie ihren Hunger stillen. Auch für Networking und Austausch wurde der Abend intensiv genutzt.

Die Bestenliste von Best of Swiss Apps ist ab heute Online.

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