Interview mit dem neuen Geschäftsführer

Was Matthew Neumann mit Telion plant

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Matthew Neumann hat den langjährigen Telion-­Geschäftsführer Peter Specker abgelöst. Was ändert sich dadurch? Im Interview spricht Neumann über die Zukunft Te­lions, Loewes und des TV-Marktes.

Matthew Neumann ist neuer Geschäftsführer von Telion. (Source: Telion)
Matthew Neumann ist neuer Geschäftsführer von Telion. (Source: Telion)

Peter Specker war 20 Jahre lang Vorsitzender der ­Geschäftsführung von Telion. Was ändert sich durch seinen Rückzug aus dem operativen Geschäft?

Matthew Neumann: Wir haben den Wechsel an der Führungsspitze über anderthalb Jahre intensiv vorbereitet. Ich hatte das Privileg, in dieser Zeit vieles über die Märkte, Kunden und Lieferanten zu lernen. Für diese gute und intensive Übergangsphase möchte ich Peter Specker danken. Ich freue mich, Telion weiterhin als starken Partner für unsere Kunden und Lieferanten zu positionieren sowie mit unseren Mitarbeitern weiterzuentwickeln. Ich werde nicht alles auf den Kopf stellen, sondern bestehende Erfolgsmodelle im operativen Geschäft und in den Strate­gien beibehalten.

Sie sind seit 2015 für Telion tätig. Wie wollen Sie Telion ausrichten?

Wir wollen gut funktionierende Geschäftsmodelle konsequent weiterführen. Gewisse erfolgreiche Stossrichtungen intensivieren wir bereits, zum Teil auch durch eine Aufstockung der Ressourcen, gewisse Stossrichtungen adjustieren wir leicht, und wir schlagen auch neue Wege ein. Dazu bauen wir das benötigte Know-how entsprechend auf.

Was sind das für neue Wege?

Wir haben eine neue Mitarbeiterin im Team, um die Digitalisierung bei uns und unseren Partnern vorantreiben zu können. Sie begleitet Projekte mit einer externen Agentur und durchleuchtet Partner, damit wir deren Digitalisierung unterstützen können. Ausserdem will ich unsere Werbemassnahmen verstärken und auch neue Ansätze aus meinen Erfahrungen im Schweizer Markt für Fast Moving Consumer Goods in die Firma Telion einbringen. Ich habe gelernt, dass die zwei Märkte oft nicht viel vonei­nander unterscheidet.

Wie wollen Sie die Werbemassnahmen verstärken?

Wir wollen Neukunden auf unsere Produkte aufmerksam machen, indem wir neue digitale Kanäle nutzen, um sie gezielt ansprechen zu können.

Welche Bedeutung haben die Geschäftsbereiche «Consumer + Professional Electronics», «Household & Batteries» sowie «Beauty Brands» für Telion?

Die drei Geschäftsbereiche von Telion ermöglichen uns eine gute Differenzierung. Zudem führen wir in allen drei Bereichen mehrere starke Premium-Marken mit einem breiten Online- und Offline-Kundenportfolio. Natürlich bringen drei Bereiche Komplexität mit sich. Jeder Bereich hat eigene «Spielregeln», auf die wir eingehen, was sich auch organisatorisch auswirkt. So haben die verschiedenen Geschäftsmodelle eigene Aussendienstmannschaften, die unsere Kunden professionell beraten können. Trotz der Unterschiede sehen wir uns aber auch immer wieder mit den gleichen Potenzialen und Herausforderungen konfrontiert. Wir werden deshalb den Austausch zwischen den Bereichen in Zukunft intensivieren, um verstärkt voneinander zu lernen.

Können Sie ein Beispiel für die Zusammenarbeit der Bereiche nennen?

Wir werden in Zukunft etwa verstärkt unsere Premium-Marken aus den verschiedenen Bereichen kombinieren. Es bieten sich verschiedenste Möglichkeiten, etwa Produkte der Marken Loewe und Braun in einer Aktion zusammenzubringen und unseren Kunden und Konsumenten dadurch einen Mehrwert zu bieten.

Welche neuen Bereiche wollen Sie mit Telion erschliessen?

Wir machten vor einem Jahr mit den Grillmarken Char-Broil und Dancook den Schritt in den Garten. Wir schauen, ob es in dem Bereich weitere Möglichkeiten für uns gibt.

Welche Bedeutung messen Sie dem Schweizer Consumer-Electronics-Markt angesichts des Umsatzrückgangs zu?

Eine hohe Bedeutung, auch wenn es einen Umsatzrückgang gibt und gewisse Märkte gesättigt sind. Der Kuchen wird kleiner, doch kann ich Massnahmen einleiten, um mein Kuchenstück zu vergrössern. Der rückläufige und hart umkämpfte Markt bietet Chancen für kreative und initiative Lieferanten und Händler, die auch eine intensivere und proaktivere Betreuung von bestehenden und neuen Kunden nicht scheuen. Wir bieten dazu jedem Händler die Hand. Gerne unterstützen wir die Händler auch beim Einstieg in andere Marktsegmente wie etwa in den rasch wachsenden Markt von Digital Signage. Dabei hilft uns wieder die Produkte- und Dienstleistungsvielfalt in unserem Unternehmen.

Loewe hat im Frühling einen Schweizer Händlerbeirat ­gegründet. Wie sieht Ihr erstes Fazit aus, und wie profitieren Händler davon?

Die drei Fachhändler Wegmüller, Bula und König vertreten die Interessen der Schweizer Telion-Fachhändler. Wir haben die Vertreter der drei Sprachregionen eingebunden und erhalten wertvolle Marktinformationen und Vorschläge aus dem Gremium. Wir diskutieren mögliche Massnahmen und Strategien und holen kompetente Meinungen unserer Beiräte ein. Wir wollen etwa zusätzliche engagierte Fachhändler für Loewe begeistern und gewinnen. Auch dafür geben uns unsere Beiräte Tipps und unterstützen uns in diesen Bemühungen. Ziel der besprochenen und umgesetzten Massnahmen muss es sein, die Marke Loewe und somit auch unsere Händler im Schweizer Markt zu stärken.

Wie haben Sie die Insolvenz von Loewe wahrgenommen? ­Warum wird Loewe so etwas nicht mehr passieren?

Loewe hat aus der Insolvenz viel gelernt, sich gesundgeschrumpft und brüllt wieder in alter Stärke. Es ist auch eine neue Firmenkultur spürbar, die durch ein höchst fokussiertes und engagiertes Management vorgelebt wird. Meines Erachtens spürt man sehr deutlich, mit welcher Kreativität und Leidenschaft an den Neuentwicklungen und Projekten gearbeitet wird. Das Festhalten am Produktionsstandort Deutschland unterstreicht den absoluten Willen, den höchsten Qualitätsstandards gerecht werden zu wollen. Zudem ging Loewe wichtige internationale Kooperationen im technischen Bereich ein. Die Marke Loewe ist aus meiner Sicht aktuell sehr gut positioniert, sodass ich äus­serst positiv in die Zukunft schaue.

Wie ist Ihre Meinung zum aktuellen Loewe-Sortiment?

Das aktuelle Loewe-Sortiment ist so gut wie noch nie, wie mir langjährige Telion-Mitarbeiter, Fachhändler und auch Endkunden sagen. Die verschiedenen Modellreihen von Bild und Klang bieten etwas für fast jeden Geschmack. Loewe hat eines der breitesten OLED-Sortimente, dadurch haben wir einen klaren Vorsprung am Markt. Die Produkte sprechen Kunden auf einer emotionalen Ebene an und sind damit auch sehr begehrenswert.

Welche Entwicklung erwarten Sie im TV-Markt?

Wir sind wieder in einem Ersatzmarkt angekommen, die Wachstumsphase ist für den Moment definitiv vorbei. Wir müssen deshalb die Kunden vom Nutzen neuer Geräte überzeugen. Speziell mit OLED-Panels gelingt es, den «Wow»-Effekt zu erzeugen und dem Kunden einen wirklichen Mehrwert zu vermitteln. Vor allem sind wir froh, dass wir uns mit Loewe im Premium-Segment bewegen und es immer Kunden gibt, besonders in der Schweiz, die sich etwas Spezielles gönnen wollen: ein hervorragendes Bild, sinnvolle Funktionalitäten, ein einzigartiges Design und dies alles in sehr wertigen Materialen verarbeitet. Weil wir den Preiskampf nicht eingehen, sind wir auch nicht so stark vom Rückgang betroffen.

Wie unterstützt Telion den Handel?

Ein Händler, der die Premium-Marken Loewe und Vogel’s führt, kann mit diesen Produkten eine gute absolute Frankenmarge realisieren. Die Wandhalterungsmarke Vogel’s ermöglicht dem Händler interessante Zusatzverkäufe. Aus­serdem kann er mit uns neue Geschäftsbereiche im Professional-Bereich wie Digital-Signage-Lösungen erschlies­sen. Wir unterstützen Händler mit unserem grossen Lager und unserem B2B-Webshop, auf dem sie jederzeit technische Daten und Verfügbarkeit prüfen können. Was sie heute per Telefon oder über unseren Onlineshop bestellen, ist in der Regel am nächsten Tag bei ihnen und kann dem Kunden sofort geliefert werden. Wir sind der Meinung, dass der Händler eine repräsentative Ausstellung braucht und nicht ein überdimensioniertes, kostenintensives Lager. Ausserdem ist uns ein enger Kontakt zu unseren Partnern wichtig. Wir bieten Schulungen, Vorortbetreuung, eine eigene Reparaturwerkstatt in Schlieren und POS-Unterstützung.

Wie lautet Ihr Rat an den Handel?

Die Ausstellung im Ladenlokal wie auch der Onlineauftritt sind die Visitenkarte des eigenen Unternehmens und bieten die Möglichkeit, gerade auch Premium-Marken gut zu präsentieren und erlebbar zu machen. Ich rate dazu, mutig zu sein und neue Wege mit entsprechendem Enthusiasmus einzuschlagen. Der rückläufige und hart umkämpfte Markt bietet Chancen für kreative und initiative Händler, die auch eine proaktivere Betreuung von Endkunden nicht scheuen.

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