Vom Zauber der Games

Warum die Plattform für Game-Entwickler entscheidend ist

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Steam? Nintendo Switch? Oder doch iOS? Jeremy Spillmann von Blindflug hat an der Zürcher Hochschule der Künste aufgezeigt, warum die Plattformwahl für Game-Entwickler entscheidend ist.

Jeremy Spillmann, Creative Director und Co-President der Agentur Blindflug
Jeremy Spillmann, Creative Director und Co-President der Agentur Blindflug

Die Zürcher Hochschule der Künste hat zur Veranstaltung Vom Zauber der Games eingeladen. Sie behandelte unter anderem, wie Entwickler Spiele gestalten und vermarkten können. Auch rechtliche Fragestellungen rund um Games waren ein Thema.

Die Redaktion besuchte das Referat von Jeremy Spillmann, Creative Director und Co-President der Agentur Blindflug. Er gab einen Einblick in den Spielemarkt.

Die wichtigsten Aussagen im Überblick:

  • Gamer sind durchschnittlich 35 Jahre alt. 27 Prozent der Spieler sind unter 18, 29 Prozent zwischen 18 und 35, 18 Prozent zwischen 36 und 49 und 26 Prozent älter als 50.

  • 59 Prozent der Gamer sind Männer, 41 Prozent Frauen.

  • Spieler kaufen einen Grossteil der Games im physischen Handel. Der digitale Vertrieb macht weniger als 40 Prozent aus.

  • Der Aufstieg der Indie-Games war nur dank der digitalen Distribution möglich. "Ohne sie könnten wir kein Geld verdienen", sagte Spillmann.

  • Die wichtigsten Business-Modelle sind Premium, Subscription, Shareware/Demos und Free2Play mit In-App-Käufen oder Werbung.

  • Die Wahl des Geschäftsmodells hat Auswirkungen auf das Game-Design. Spiele mit Abokosten sollten zum Beispiel einen Multiplayer-Modus haben, Games mit In-App-Käufen sollten leicht erweiterbar sein, und Games mit Werbung sind im Idealfall besonders ansteckend.

  • Mobile Geräte wie Smartphones und Tablets sind mit rund 40 Prozent Marktanteil die wichtigste Spieleplattform. Darauf folgen der PC mit 31 Prozent und die Konsolen mit 29 Prozent.

  • Das Produktionsbudget für ein Indie-Game für Mobile liegt bei 20'000 bis 200'000 Franken. Die Promotion von Free2Play-Titeln kann zusätzlich einen 6- oder 7-stelligen Betrag kosten.

  • Auf Mobile sind nur Android und iOS relevant. "Über andere Systeme müssen wir momentan gar nicht reden", sagte Spillmann.

  • Achtung: Wer auf Android setzt, sollte beachten, dass der Google Play Store nicht alles ist. In Südamerika und Asien gibt es alternative Stores, die massiv grösser sind als der von Google.

  • Ein Risiko auf Android ist der fragmentierte Markt. Es gibt über 3000 verschiedene Geräte. Die Kuratierung im Play Store ist abhängig von SEO-Massnahmen. Da die Piraterie-Raten auf Android sehr hoch sind, funktioniert eine Premium-Strategie fast nie.

  • Schweizer Games erwirtschaften auf Android zwischen 100 und 800'000 Franken. Das durchschnittliche Einkommen für Games auf Android liegt bei rund 22'000 US-Dollar.

  • Ein Risiko auf iOS ist die riesige Konkurrenz: Pro Woche kommen 5000 Spiele raus. Ein Featuring im Store ist ohne Kontakt zu Apple fast unmöglich. Und der Review-Prozess kann Wochen dauern.

  • Wie hoch das durchschnittliche Einkommen für iOS-Games ist, weiss niemand so genau. Der Grund sind Schweigeabkommen mit Apple. Auch der Umsatz, den Schweizer Games auf iOS generieren, ist nicht bekannt.

  • Das Produktionsbudget für ein Indie-Game auf Steam liegt bei 100'000 bis 500'000 Franken. "Steam ist riesig", sagte Spillmann. Die Software von Valve hat über 30 Millionen monatliche Nutzer.

  • Wer sich für die PC-Plattform entscheidet, sollte trotzdem auch über den Tellerrand gucken - es gibt nicht nur Steam. Alternative Stores sind etwa Amazon, Humble Bundle und itch.io.

  • Auch Steam bringt Risiken mit sich. Die Kuration läuft fast komplett automatisiert und Hardware-Support ist ein Muss. Die PC-Spieler sind zudem auf Sales konditioniert. Auf der Plattform gebe es auch viele schlechte Games. "Die Käufer sind darum skeptisch und oft sehr vorsichtig", sagte Spillmann.

  • Ein Viertel der auf Steam gekauften Games werden nie gespielt. Bei fast 20 Prozent liegt die Spielzeit unter einer Stunde. 1 Prozent der Games erreicht eine Spielzeit von über 478 Stunden.

  • Steam bietet einige Vorteile. "Nirgend ist es so leicht, eine Community aufzubauen", sagte Spillmann. Die Entwicklung und das Updaten der Spiele sind verhältnismässig einfach. Mit Bundles und Sales gibt es zudem gute Chancen für die Zweitvermarktung.

  • Schweizer Games erwirtschaften auf Steam 10'000 bis 350'000 Franken Umsatz. Das durchschnittliche Einkommen liegt bei rund 250'000 Franken.

  • Das Produktionsbudget für ein Konsolen-Game liegt bei 200'000 bis 1'000'000 Franken. Eine Konsole verkauft sich in einer Generation bis zu 150 Millionen Mal.

  • Die Portierung von Konsolen-Games bedeutet im Vergleich zu anderen Plattformen viel Aufwand. Die Auslieferung von Updates kostet. Wer keinen Publisher als Partner hat, wird kaum wahrgenommen. Jede Plattform hat zudem eigene Nutzungsbedingungen.

  • Konsolen-Games haben im Vergleich zu den anderen Plattformen die kleinste Konkurrenz. Wer ein Exklusivspiel umsetzt, kann stark profitieren. Die Gamer in diesem Markt sind noch bereit, Spiele zum Vollpreis zu kaufen.

  • Schweizer Games für Konsolen machen zwischen 5000 und 100'000 Franken Umsatz pro Plattform. Die Höhe des durchschnittlichen Einkommens ist nicht bekannt.

"Jede Plattform hat eigene Chancen und Risiken", sagte Spillmann. Heute sei es zudem leichter denn je, Spiele auf allen Plattformen zu veröffentlichen. Die Portierung sei noch nie so einfach gewesen. Entwickler sollten die Wahl der Plattform auch der Zielgruppe anpassen, empfahl Spillmann. Es gebe aber keine Plattform, die ein Minimum an Verkäufen garantiere. "Games sind ein Hit-Geschäft", schloss Spillmann. "Die meisten sind leider nicht rentabel."

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