Betriebswirtschaft für Fachhändler, Teil: 28 Marketingmassnahmen

Emotionen helfen verkaufen

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von Ruedi Haeny, Haeny Management Consulting

Wie vermittelt man dem Kunden, dass er nach dem Bezahlen nicht in Vergessenheit gerät? Oft braucht es nur wenig dazu. Einige Anregungen und Beispiele.

Wohin man in den vergangenen Wochen in der Stadt auch blickte, an fast jedem Geschäft prangten Kleber und Plakate mit dem Wort "Sale". Die angepriesenen Rabatte waren dabei vielfach näher bei 100 als bei 20 Prozent. Wurden die diversen anderen Instrumente des Marketings, die wir einmal gelernt hatten, verdrängt und überlebte nur der Preis? In der Tat haben viele der traditionellen Massnahmen zur Bearbeitung des Marktes an Wirkung verloren. Diese nun für viel teures Geld zu intensivieren und dabei die Preise weiter ins Bodenlose zu senken, bringt wenig bis gar nichts. Der Markt hat sich verändert, die Konsumenten verhalten sich nicht mehr so wie einst. Wir müssen uns also neue Wege ausdenken, wie wir die Kunden erreichen können.

Kürzlich drehte sich die Diskussion im Kollegenkreis um einen Händler, von dessen Leistungen einer von uns hell begeistert war. Lobend wurde geschildert, wie zuvorkommend und pünktlich der Empfang zur vereinbarten Zeit vonstatten ging, wie fachkundig man beraten wurde, wie überzeugt man vom Gekauften sei und dass der Preis sich trotz der tollen Leistung durchaus im Rahmen hielt. Je länger ich zuhörte, desto mehr fragte ich mich, was denn an dieser Geschichte nun erzählenswert sei. Hier wurde doch einer mit viel Lob bedacht, der eigentlich nur das tat, was man bei einem Einkauf als ganz normal erwarten dürfte. Oder sind wir als Kunden schon so abgestumpft von negativen Erlebnissen, dass wir uns begeistern lassen, wenn einer einfach "e gueti Büez" gemacht hat? Wir sind uns sicher einig – gute Arbeit ist die minimale Basis, von der wir ausgehen. Aber der Ansatz ist spannend! Wie bringe ich Leute dazu, nicht nur bei mir zu kaufen, sondern freudig weiterzuerzählen, welch tolle Erfahrungen sie im Kontakt mit meinem Geschäft machten? Und setzen wir noch einen drauf: Wie kann diese Begeisterung möglichst lange erhalten bleiben?

Steilvorlage für kreative Händler

Eine von GfK Roper Reports publizierte Studie belegt, dass 60 Prozent der Verbraucher sagen, das Markenerlebnis sei der wichtigste Faktor bei der Entscheidung für ein Produkt, und 50 Prozent bereit seien, für ein einzigartiges Markenerlebnis einen höheren Preis zu zahlen. Ein grosser Teil der Konsumenten spricht also beim Einkaufen auf Emotionen an. Das ist doch geradezu eine Steilvorlage für initiative und kreative Händler! Und die Umsetzung muss nicht einmal viel Geld kosten, denn gute Ideen lassen sich überall finden. Wichtig ist, mit kleinen positiven Überraschungen immer wieder Möglichkeiten zu nutzen, um sich in Erinnerung zu halten. Hier einige Beispiele, teils auch aus anderen Branchen, zur Anregung und um zu zeigen, wie wenig es eigentlich braucht:

  • Zwei Monate nach dem Verkauf telefonisch nachfragen, ob der Kunde zufrieden ist. Dabei nachhaken, ob er mit der Bedienung zurechtkommt. Falls noch Fragen offen sind, etwa eine Schulung vor Ort vorschlagen, wobei 30 Minuten als Bestandteil des ­Ser­vicepakets ohne Kostenfolge sind, allfällig notwendige weitere Zeit aber verrechnet wird
  • Gratulation zum Geburtstag per E-Mail, SMS oder eleganter mit einer Postkarte
  • Mein Optiker verschickt ein Kärtchen, mit dem man ihn bei Zufriedenheit Bekannten weiterempfehlen kann. Falls es so zu einem Abschluss kommt, erhält der Empfehlende einen ­Rabatt beim nächsten Einkauf
  • Unser Lieblingsreisebüro erkundigt sich nach den Ferien mit einer Postkarte, ob man wieder gut nach Hause gekommen und alles nach Wunsch verlaufen sei
  • Kunden rechtzeitig auf den Ablauf der Garantie aufmerksam machen und gleichzeitig eine Verlängerung anbieten
  • Hinweise auf erhältliche Software-Updates verschicken und Installation anbieten
  • Informationsschreiben versenden, die Auswirkungen von angekündigten Neuerungen bei einem Provider auf Ihre Kunden haben und Unterstützung anbieten
  • Persönliche Einladung zum Tag der offenen Tür, verbunden mit einer Weindegustation und unter Einbezug des Metzgers oder des Bäckers im Ort.
  • usw.

Gute Kunden sind Gold wert

Das Ziel bei all diesen Aktivitäten ist, dem Kunden zu vermitteln, dass er nach dem Bezahlen der Rechnung nicht in Vergessenheit geraten ist, sondern Sie sich weiterhin um ihn kümmern. Dies setzt eine aktuelle, gut gepflegte Kundendatei voraus, die neben den normalen Adressangaben auch Geburtsdatum, E-Mail-Adresse und Handynummer, Kaufdatum, Bezeichnung der Produkte inklusive Software-Release, Garantieablaufdatum etc. beinhaltet. Gute Kundendaten sind heutzutage Gold wert. Es lohnt sich, den Effort zu machen.

Ihre Kunden werden von Ihnen überrascht sein – und Sie vom Resultat.

Persönlich

Ruedi Haeny ist lic.oec. HSG und begann seine berufliche Laufbahn in der Marktforschung, wechselte dann in Marketing und Verkauf, wo er verschiedene leitende Positionen inne­hatte, zuletzt während 16 Jahren bei Philips Consumer Electronics. Er war aktiv im Vorstand des Swico und leitete die IG CE. Im Februar 2013 gründete er die Haeny Management Consulting GmbH. Heute unterstützt er Firmen bei der Durchführung von Projekten und begleitet sie bei der Entwicklung und Umsetzung von Strategien. Zu seinen Kunden gehören Fachhändler, Handelsgruppen und Importeure.

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