Mit griffiger Strategie

E-Commerce krempelt den Vertrieb um

Uhr | Aktualisiert
von Tania Henz

Wer als sich Elektronikfachhändler (noch) nicht mit dem elektronischen Handel auseinandergesetzt hat, dürfte früher oder später den Anschluss verlieren. Durch den Einstieg in den E-Commerce mit einer griffigen Strategie können neue Kunden gewonnen und zahlreiche weitere Vorteile realisiert werden.

Elektronikfachhändler ohne E-Commerce-Strategie dürften es künftig schwer haben. Ob es sie in fünf Jahren noch geben wird? Der Trend (der längst kein Trend mehr ist) geht eindeutig in Richtung Onlinehandel. Viele Kunden wollen online einkaufen. Und es werden immer mehr.

Doch wie entwickelt man als Fachhändler eine passende Strategie, um sich auch online etwas vom Umsatzkuchen abzuschneiden? Und was ist eigentlich E-Commerce genau?

E-Commerce bezeichnet eine unmittelbare Geschäftsbeziehung zwischen Anbieter und Abnehmer, wobei als Handelsmedium elektronische Kommunikationstechniken eingesetzt werden. Wie aus dem E-Commerce-Report 2012 der Fachhochschule Nordwestschweiz hervorgeht, treten in der Schweiz seit 2009 vermehrt neue Anbieter in den Schweizer E-Commerce-Markt ein. Dies ist hierzulande die zweite E-Commerce-Anbieterwelle, die im letzten Jahr einen vorläufigen Höhepunkt erreichte.

Während der erste Ansturm in den Jahren 1996 bis 2000 in erster Linie E-Commerce-Pioniere in Gestalt von Start-ups auf den Markt brachte, engagieren sich nun vor allem etablierte Unternehmen. Wie die Studie herausfand, geschieht dies nicht selten als Reaktion auf Marktanteilsverluste.

Insgesamt prognostiziert der E-Commerce-Report 2012 dem elektronischen Handel gute Geschäftsaussichten. Trotz Absatzschwächung entwickelt sich der Online-Kanal auch noch nach 15 Jahren besser als andere Kanäle, wie der Report festhält. Vor allem in Branchen mit einem E-Commerce-Anteil von unter zehn Prozent wird auch für die nächsten fünf Jahre mit hohen Wachstumsraten gerechnet.

Grosse Händler sind längst dabei

Die grossen Player im Elektronikfachhandel – man denke an Brack, Digitec oder auch Steg – sind vor geraumer Zeit in den E-Commerce eingestiegen. Damit erreichen sie ihre Kunden da, wo diese sowieso schon sind: online. Diese Händler müssen nicht nur mehr darauf hoffen, dass der Kunde ihre Werbebroschüre erhält, sie liest und sich dann auch noch entschliesst, in den Laden zu kommen. Die potentiellen Kunden sind nur einen Klick vom Shop entfernt.

Traditionelle Händler, die nur auf den Verkauf via Ladenlokal setzen und keinen Internetauftritt mit angeschlossenem Shop haben, scheinen für die Zukunft schlechte Karten zu haben. Eine Investition in den elektronischen Handel würde sich auch nur schon aus dem Grund lohnen, um seinen Konkurrenten im Web das Feld nicht kampflos zu überlassen. Und natürlich, um Kunden zurückzuholen, die bereits an Online-Händler "verloren" waren. Des Weiteren erschliesst sich durch den neuen Kommunikationskanal auch ein neuer Weg, um mit seinen Kunden zu interagieren. Durch den Einsatz von sozialen Medien kann ein Kunde etwa ein Produkt seinen Freunden empfehlen. Dies ermöglicht die Gewinnung von Neukunden und kann auch die Bindung bestehender Kunden an den Händler erhöhen. Zusätzlich kann durch automatisiertes Beantworten von definierten Kundenanfragen (beispielsweise die vergessene Kundennummer) die Kundenbetreuung optimiert werden.

Zudem bietet der elektronische Handel auch bei Arbeitsabläufen und Werbung Vorteile. Durch den Einsatz von elektronischen Medien kann die Arbeit mit Unterlagen in Papierform auf ein Minimum beschränkt werden, was allfällige Medienbrüche – also ein Wechsel des Mediums bei der  Übertragung von Information und somit auch potenzielle Fehlerquellen – reduziert. Zudem kann der Geschäftsablauf so automatisiert werden, dass weniger manuelle Eingriffe nötig sind. Gleichzeitig ist der Händler flexibler, indem er beispielsweise direkt seinen aktuellen Lagerbestand im Online-Shop spiegeln kann: Ist das letzte Produkt verkauft, ist es automatisch nicht mehr im Shop verfügbar. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass der Händler durch E-Commerce eine nicht zu vernachlässigende Effizienzsteigerung erreichen kann.

Auch bei der Produktpräsentation gibt es im Web tolle Möglichkeiten. Über das Internet kann der Händler dem Kunden mehr Informationen zur Verfügung stellen, zum Beispiel durch eine Produktpräsentation mit dreidimensionalen Bildansichten oder Videos. Daneben hat der Händler die Möglichkeit, mit Konfigurationsprogrammen zu arbeiten. Damit kann ein Kunde sein Produkt in Ausstattung, Farbe und Design an seine Wünsche anpassen und dann direkt seine individualisierte Version bestellen. Dies stärkt nicht nur Kundenzufriedenheit und -bindung, sondern gibt dem Händler auch wertvolle Informationen über die Kundenpräferenzen. Ganz generell kann das Kundenverhalten via E-Commerce sehr genau analysiert werden. Auch der Werbeerfolg kann einfacher und genauer gemessen werden als mit traditionellen Werbemitteln.

So gelingt der Einstieg

Der Einstieg in den E-Commerce ist kein Sonntagsspaziergang – auf dem Weg lauern zahlreiche Herausforderungen. Um erfolgreich zu sein, gilt es die folgenden Punkte zu beachten:

• Um sich zu präsentieren, braucht es einen Online-Auftritt. Allerdings ist es mit dem blossen Aufschalten einer Webseite nicht getan. Der Kunde erwartet auch online Top-Kundenservice.

• Da die Informationsflut im Internet viel grösser ist, muss sich der Händler so hervorheben, dass ihn der Kunde finden kann. Dabei ist neben einem eingängigen Domainnamen auch die Suchmaschinenoptimierung der Webseite wichtig.

• Hat der Händler bislang nur traditionell über ein Verkaufsgeschäft seine Ware vertrieben, ist beim E-Commerce nun der Aufbau einer versandhandelstypischen Organisation gefragt. Dies bedeutet, dass Prozesse zur Versandabwicklung und -auslieferung definiert werden müssen.

• Durch den Internetauftritt stellt sich der Händler einer viel grösseren Konkurrenz; hat so aber auch die Möglichkeit, den Online-Mitbewerbern die Stirn zu bieten. Seine Produkte sind zwar – vor allem bezüglich Preis – jetzt viel besser vergleichbar, aber immerhin ziehen die potentiellen Kunden das Angebot in ihre Suche mit ein.

• Eine grosse Herausforderung zeigt sich auch in der Absprungrate bei Online-Einkäufen. Mit nur einem Klick kann der Kunde den Einkauf abbrechen und die Seite verlassen – bei einem Einkauf im Laden wird er mit grosser Wahrscheinlichkeit nicht aus einem laufenden Verkaufsgespräch einfach rausspazieren. Abfangen lässt sich dies durch Online-Beratung und -Verkaufsunterstützung, beispielsweise mit Live-Support-Systemen.

• Da der Austausch von Ware und Geld nicht direkt vor Ort erfolgt, ergeben sich zusätzliche Risiken im Zahlungsverkehr. Die Gefahr des Nichtbezahlens von Rechnungen gab es zwar schon im klassischen Versandhandel, allerdings kommen mit dem E-Commerce auch die Sicherheitsaspekte der Bezahlung übers Internet dazu. Hier ist es wichtig, eine Shop-Software zu haben, welche die Online-Bezahlung sicher umsetzt.

Zusätzlich zur Berücksichtigung dieser Punkte ist es wichtig, die Bedürfnisse der Kunden nicht aus den Augen zu verlieren. Viele Kunden wollen nicht einen oder gar mehrere Tage warten, bis ihr bestelltes Produkt bei ihnen ankommt, sondern ihr neues Gadget am liebsten gleich abholen. Oder sie wollen das Gerät vor dem Kauf noch in den Händen halten oder wünschen eine persönliche Beratung. Sinnvoll ist also eine Kombination von Ladenlokal und Online-Shop. Wer will kommt vorbei, lässt sich beraten und schaut sich das Produkt an. Dann kauft er entweder direkt im Laden oder bestellt später über das Internet. Damit der online dann tatsächlich auch im eigenen Shop kauft, könnte man mit Coupons arbeiten, die einen zusätzlichen Rabatt oder eine Gutschein für eine Blu-ray etc. beinhalten.

Und nun?

Elektronikfachhändler, die nicht online gehen, werden früher oder später von der Konkurrenz mit Online-Präsenz abgehängt. Auch viele Kunden dürften sich abwenden, da sie sich online informieren wollen und auch da kaufen, wenn das Angebot attraktiv ist. Die Anpassung an den sich verändernden Markt, und damit das Mitziehen beim E-Commerce, sichert dem Handel langfristiges Überleben.

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