Im Gespräch mit Bruno Schöllkopf, Zentralpräsident, VSRT

"Den Kunden zu helfen, darum geht es"

Uhr | Aktualisiert
von CEtoday

Bruno Schöllkopf ist seit Mai neuer Zentralpräsident des Verbands Schweizerischer Radio-, TV- und Multimediafachhandel, VSRT. Er ­übernahm das Amt von Raymond Vonesch, der den VSRT fast 30 Jahre ­lang geführt hatte. Mit Schöllkopf ist erstmals seit der Gründung des ­Verbands 1924 kein Radio-TV-Fachhändler VSRT-Zentralpräsident. ­Schöllkopf ist Managementberater und Coach. Seine Sicht der Branche und die wichtigsten Herausforderungen in seiner Funktion als Verbands­präsident erklärt er im Interview.

Bruno Schöllkopf, Zentralpräsident, VSRT (Quelle: Netzmedien)
Bruno Schöllkopf, Zentralpräsident, VSRT (Quelle: Netzmedien)

Was waren Ihre dringendsten Aufgaben, als Sie beim VSRT das Präsidentenamt aufnahmen?

Bruno Schöllkopf: Für mich war es ein sehr schöner Moment, von Raymond Vonesch das Präsidium zu übernehmen, der über 30 Jahre als VSRT-Zentralpräsident geamtet hatte. Ich übernahm eine Geschäftsstelle, die bestens von Andrea Tanner geführt wird. Mir gefiel, wie gut alles organisiert war und wie gut vieles funktionierte. Insofern gab es im operativen Bereich wenig, das ich sofort anpacken musste. Ich konnte mich also von Anfang an auf die strategische Neuausrichtung des VSRT konzentrieren und auch ein neues Leitbild entwickeln sowie das neue Corporate Design mitgestalten. In den ersten Wochen stellte ich mir zudem immer wieder die Frage, wie es uns gelingen kann, die Mitglieder besser in die Verbandsaktivitäten einzubinden, von ihnen zu lernen und sie bei heutigen und zukünftigen Herausforderungen besser zu unterstützen.

Und wie soll das gelingen?

Wir müssen den Takt und die Geschwindigkeit in der Kommunikation mit unseren Mitgliedern und auch innerhalb der Sektionsvorstände erhöhen. Entscheidungen müssen schneller gefällt und Ideen rascher umgesetzt werden.

Zurzeit hat der VSRT rund 300 Mitglieder. Es gibt aber etwa 3000 Radio-TV-Fachgeschäfte in der Schweiz. Eigentlich müssten ja alle diese Händler auch Verbandsmitglieder sein ...

Bevor wir uns vom VSRT anmassen, 100 Prozent des Marktes zu haben, müssen wir so gute und plausible Dienstleistungen haben, dass sie zuerst einmal von allen unseren bestehenden Mitgliedern verstanden und genutzt werden.

Was sind Ihre Ziele mit dem VSRT?

Ich will mit dem VSRT raus aus der Bescheidenheit. Wir wollen über unsere Attraktivität wachsen und neue Partner und Mitglieder gewinnen. Der VSRT soll ein Branchenmagnet werden.

Wie viele neue Mitglieder wollen Sie denn gewinnen?

Eine Steigerung um 20 bis 30 Prozent ist realistisch. Aber natürlich gerne auch mehr.

Wie stellen Sie sich das konkret vor?

Wir möchten die Qualität der Verbandsdienstleistungen verbessern und die bestehende Mitgliederbasis in allen Landesteilen und Sprachregionen besser in unsere Tätigkeiten einbinden. Die Mitglieder sollen wieder mehr Lust am Mitmachen bekommen. Es ist mir sehr wichtig, dass wir mit unserem Verband den Dialog innerhalb der Branche aufrechterhalten und fördern. Wenn wir das hinbekommen und der Verband auch für die bestehenden Mitglieder lebendiger und attraktiver wird, bin ich sicher, dass wir auch neue Mitglieder anziehen werden.

Welche Verbandsdienstleistungen sind denn aus Ihrer Sicht besonders nützlich für die Mitglieder?

Da gibt es einige. Unsere Partnerschaft mit Fical etwa. Fical finanziert Fachgeschäfte und Gewerbebetriebe in der ganzen Schweiz. Ich finde es schade, dass so wenige unserer Mitglieder diese Möglichkeit nutzen. Zudem wollen wir Partnerschaften mit Versicherungen und Krankenkassen anbieten, bei denen unsere Mitglieder Top-Konditionen haben.

Wie sieht es bezüglich Kooperationen mit anderen Verbänden aus? Gibt es solche?

Ja, aktuell im Zusammenhang mit dem Fachkongress "Smart Home", der in Spreitenbach stattfindet, bin ich in Kontakt unter anderem mit Electrosuisse und mit dem VSEI. Das Smarthome bringt zwangsläufig die verschiedenen Akteure in den verschiedenen Beschaffungs- beziehungsweise Bauphasen zusammen. Nicht alle können sich auf alles konzentrieren. Es braucht Spezialisten. So werden wir beim nächsten Fachkongress vor Architekten und Bauherren stehen und erklären, dass der Radio-TV-Fachhändler ein wichtiger und guter Partner für das Smarthome ist. Immer wenn eine Home-­Entertainment-Lösung ästhetisch und technisch perfekt installiert werden soll, wenn Unterhaltungselektronik ein Erlebnis sein und Emotionen wecken soll, damit die Nutzer lange Spass und Freude daran haben, dann ist der Radio-TV-Fachhändler der richtige Ansprechpartner. Ich wünsche mir, dass Radio-TV-Fachhändler und Elek­troinstallateure zusammenarbeiten und das Smart­home in der Breite zum Fliegen bringen. Beide sind Spezialisten und können voneinander lernen. Und wenn Spezialisten zusammenarbeiten, kann es ja nur speziell gut werden.

Aber Elektroinstallateure und Radio-TV-­Fachhändler haben oft Angst voreinander und glauben, dass der eine dem anderen die Butter vom Brot nimmt ...

Ich glaube stark an das Miteinander. Es braucht beide, und beide können voneinander profitieren. Wie gesagt: Es können nicht alle alles gleich gut machen können. Aber die Kunden möchten trotzdem die perfekte Heimkinolösung oder das perfekte Audio­erlebnis zuhause haben, NAS und Multi­room-Systeme miteinander vernetzen und zusammen nutzen. Wenn der eine Spezialist sich mit der Netzwerktechnik auskennt und der andere Spezialist weiss, wie man alles perfekt integriert, ist doch den Kunden geholfen. Und darum geht es doch letztlich: den Kunden zu helfen und für sie das Beste zu wollen.

Wie steht der VSRT Mitgliedschaften von CE-Unternehmen ausserhalb des Fachhandels gegenüber?

Wir sind offen dafür und bieten für Filialisten, Retailer, Discounter etc. die Möglichkeit der Partnermitgliedschaft. Ich würde es mir wünschen und mich freuen, wenn auch solche Händler den Dialog mit uns suchen und sich für eine solche Partnermitgliedschaft interessieren würden. Denn wir bilden am VSRT-BBZ in Grenchen ja auch alle Multimedia-Elektroniker und alle Detailhandelsangestellten in der Fachrichtung Consumer Electronics der ganzen Schweiz aus.

Welche Erfolgsrezepte haben Sie für Ihre Mitglieder im Köcher, um in schrumpfenden Märkten mit schrumpfenden Margen zu bestehen?

Wir können das Auswahlverfahren der freien Marktwirtschaft weder aushebeln noch beschleunigen, aber wir wollen den Stolz, die Leidenschaft und die sinnlichen Elemente, die die UE-Branche lange Zeit belebten, wieder aufblühen lassen. Im Verband, so glauben wir, kann das besser gelingen als allein.

Sie waren vor vielen Jahren auch einmal in der Geschäftsleitung der Schweizer Niederlassung eines amerikanischen Unternehmens tätig. Welche Erfahrungen helfen Ihnen bei Ihrer Tätigkeit beim VSRT?

Ich habe gelernt, welche Kraft eine positive Betrachtungsweise hat. Wenn ich Chancen statt Probleme sehe und den Kopf nicht in den Sand stecke, wenn einmal etwas schiefgeht, kurz: Wenn ich an mich und meine Fähigkeiten glaube, kann ich Erfolge erzielen. Zudem habe ich erlebt, wie viel man erreichen kann, wenn ein Team geschlossen auf ein Ziel hinarbeitet.

Seit fast 20 Jahren sind Sie als selbstständiger Kommunikationsberater und Verhaltenstrainer für Unternehmen in verschiedensten Branchen aktiv. Welche Kommunikationsprobleme hat der CE-Fachhandel?

Ich glaube nicht, dass der Fachhandel ein generelles Kommunikationsproblem hat. Es gibt viele Fachhändler, die sehr gut und zielführend kommunizieren. Was ich hingegen feststelle, ist eine gewisse Veränderungsresistenz bei vielen Gewerbetreibenden, also nicht nur im Radio-TV-Fachhandel. Eine solche Resistenz zeigt sich oft bei den sogenannten "Second Halfers", also bei denjenigen, die sich in der zweiten Hälfte ihres Lebens befinden. Vom Alter her sind sie typischerweise 45 oder älter. Sie tun sich manchmal schwer damit, Veränderungen in den marktwirtschaftlichen Rahmenbedingungen und Technologiewechsel mitzumachen, oder gar ihre Geschäftsmodelle zu überdenken. Wir werden alles tun, um solchen Radio-TV-Unternehmern in Zukunft durch regionale Veranstaltungen enger einzubinden und darüber hinaus Schulungen und Coachings anbieten und sie bei Veränderungsprozessen begleiten.

Welche Aufgaben rund um die Berufsbildung beschäftigen den VSRT zurzeit?

Die Förderung eines qualifizierten beruflichen Nachwuchses und damit die Entwicklung der dafür nötigen Berufsbilder ist eine unserer Hauptaufgaben. Am VSRT-BBZ in Grenchen bilden wir Multimedia-Elektroniker und Detailhandelsfachleute der Fachrichtung Consumer Electronics aus. Wir leiden in manchen Kantonen etwas darunter, dass sich zu wenige Junge für die Ausbildungsmöglichkeiten in unserer Branche interessieren. Deshalb engagieren wir uns auch vermehrt an kantonalen Berufsmessen und suchen aktiv Gespräche mit Meinungsbildern. Wir unterstützen auch gewissenhafte Betriebe und engagierte Schulen, um Anreize zu schaffen und junge Menschen für unsere Berufe zu begeistern. Gerade sind auch die neuen Lehrmittel fertig geworden, und ich bin begeistert vom Resultat. Zudem wurde im VSRT-BBZ eine faszinierende Lern-App entwickelt, mit der die Berufsschüler unserer Branche, wann und wo auch immer, Lerninhalte festigen können.

Ihre Message an die CE-Branche?

Ich wünsche mir eine Branche, die sich mit ihrer Arbeit und ihren Aufgaben wohlfühlt. Ich wünsche mir, dass Frust und Resignation durch Lust, Freude und Elan ersetzt werden und sich eine positive Grundhaltung den anstehenden Veränderungen gegenüber durchsetzt. Denn das stärkt das Selbstbewusstsein und die Kraft, um Kunden zu begeistern.

Persönlich

Bruno Schöllkopf (Jahrgang 1957) ist verheiratet und hat zwei erwach­sene Kinder. Mit seiner Familie geniesst er anregende und lehrreiche Diskussionen. Gute Gespräche, Literatur und Musik inspirieren Schöllkopf. Für seinen persönlichen Ausgleich ­bewegt er sich gerne im Wasser, und man findet ihn oft auch auf ausgedehnten Wanderungen. Bruno Schöllkopf ist gelernter FEAM (Fernmelde-, Elektro- und Apparatemonteur) und besuchte die Handelsschule. Am Abendtech in Zürich studierte er zudem Elektrotechnik.

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