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"Batterien gehören zu den lukrativsten Artikeln"

Uhr | Aktualisiert
von Fabian Pöschl

Spectrum Brands hat einen neuen CEO. Zuvor musste der Konzern in die Insolvenz. Im Interview erklärt Tobias Schümperli, CEO Spectrum Brands Schweiz, was dies für die Schweizer Niederlassung bedeutete.

Tobias Schümperli, CEO von Spectrum Brands Schweiz. (Quelle: Netzmedien)
Tobias Schümperli, CEO von Spectrum Brands Schweiz. (Quelle: Netzmedien)

Spectrum Brands Schweiz führt mit Varta, Rayovac, Remington, Russell Hobbs und Stanley eine Auswahl der Marken von Spectrum Brands. Warum nicht alle?

Tobias Schümperli: In der Schweiz sind prinzipiell alle Marken von Spectrum Brands vertreten, die auch in Europa vermarktet werden. Einige davon – etwa aus dem Geschäftsbereich "Pet" – werden heute aus historischen Gründen durch einen Distributor betreut.

Welchen Produkten gilt ihre grösste Aufmerksamkeit?

Klar dem Geschäftsbereich Batterien und ­Appliances. Mit den Marken Varta, Remington und Russell Hobbs machen wir unser Hauptgeschäft. Für Bat­terien könnten wir auch die ­Marke Rayovac als Zweitmarke nennen.

Warum führen Sie eine Zweitmarke?

Zum Verständnis müssen wir auf das Jahr 2002 zurückblicken, als Rayovac die Con­sumer-­Batteries-Sparte von Varta kaufte. Varta war in Europa stark und Rayovac in den USA. Es war nur logisch, diese Markenpolitik auch weiterhin kontinental differenziert zu gewichten und die jeweils "andere" Marke als taktische Zweitmarke im Köcher zu halten. Heute ist es aber so, dass doch einige Retailer Eigenmarken führen und somit die Zweitmarken an Bedeutung eingebüsst haben. Rayovac ist aber nicht nur eine Zweitmarke. Bei Batterien für Hörgeräte sind wir ausschliesslich auf Rayovac konzentriert, weil Rayovac Pionier in diesem Bereich und global führend ist.

Sie sind seit letztem Jahr mit Varta Marktführer mit einem Anteil von 27 Prozent in der Schweiz. Wie gelang Ihnen das?

Vor zehn Jahren waren wir mit Varta eine von vielen Marken in der Schweiz. Seither konnten wir stetig neue Kunden dazugewinnen und unsere Aktivitäten ausbauen. Wir machen das aber nicht über klassische Kommunikation wie unsere Mitbewerber, sondern wollen unsere ­Mittel direkt für unsere Kunden einsetzen und spezifische Konzepte für sie umsetzen. Über unser Spectrum-Brands-Value-Modell versuchen wir, uns stark auf den Verkaufspunkt zu konzentrieren. Ein zentrales Element ist ein konsequentes Category Management. Dabei machen wir für unsere Kunden Analysen, wie sie ihr Geschäft weiter optimieren können, und entwickeln individuelle Lösungen.

Wie sehen solche Lösungen aus?

Unser Category-Management-Prozess verläuft in mehreren Stufen. Wir prüfen Sortiment, Promotionsmöglichkeiten, Layouts und Zweitplatzierungspotenziale und setzen es in Kontext zu den Zielen und typischen Käufern des jeweiligen Kanals. Für die Umsetzung können wir dann auf zahlreiche eigene Tools zurückgreifen, aber natürlich auch ganz auf das Konzept des Kanals abgestimmte Tools entwickeln. So entstehen Hebel, die im Extremfall bis zu 90 Prozent mehr Umsatz mit Batterien ermöglichen.

Warum sind Batterien fast immer zum ­Aktionspreis erhältlich?

Der Anteil an Promotionen ist bei Batterien gigantisch. Auf der einen Seite werden damit Batterien über Display- und Promotionsflächen präsenter, was wichtig ist für einen Artikel, der oft nicht auf dem Einkaufszettel steht. Auf der anderen Seite ist es für den Verbraucher immer interessant, wenn er sich mit einem günstigen Angebot eindecken kann.

Der Batterienmarkt in der Schweiz ist seit Jahren rückläufig. Warum sollte der Fachhandel trotzdem Batterien verkaufen?

Batterien gehören im Non-Food-Bereich weiterhin zu den lukrativsten Artikeln, denn sie bieten dem Fachhandel sehr interessante Margen. Es ist ja auch nicht so, dass sich der Batteriemarkt auflösen würde, denn es gibt keine Alternativen für die mobile Energieversorgung. Nicht zuletzt gibt es auch einige Bereiche bei batterieverbrauchenden Geräten, die sich auch in Zukunft positiv entwickeln ­werden, etwa bei Spielzeug. Zudem gibt es auch bei Batterien echte Wachstumssegmente. So boomt die Nachfrage nach Knopfzellen, für die durch eine Vielzahl miniaturisierter ­Geräte neuer Bedarf entsteht. Da bieten sich auch dem Fachhandel zahlreiche Chancen.

Wie reagiert Spectrum Brands auf den Marktrückgang bei Batterien?

Wir versuchen, neue Wege mit Varta zu gehen. Zum Beispiel seit zwei Jahren mit dem neuen Portable-Power-Sortiment. Das sind Produkte, die mobile Geräte mit Notstrom über Standardschnittstellen versorgen. Ein weiteres Beispiel sind internationale Kooperationen, wie sie jüngst mit Universal Studios für den neuen Film Minions zustande gekommen sind und zu Produkten wie Nachtlichter oder Taschenlampen führen. Das sind dann komplementäre Geschäftsfelder, die unser Batteriegeschäft unterstützen.

Spectrum Brands musste 2009 Insolvenz gemäss Chapter 11 des US-Insolvenzrechts beantragen. Wie kam es dazu?

Spectrum Brands hat von Beginn an im Jahr 2005 stark auf Expansion in den USA gesetzt und dafür zahlreiche Marken dazugekauft. Damals ist man zu schnell in Geschäftsbereiche gegangen, die unbekannt waren und schliesslich zu finanziellen Problemen geführt haben. Dank Chapter 11 konnte Spectrum Brands das Geschäft fundamental restrukturieren und ist so wieder aus der Insolvenz herausgekommen. Auch heute reden wir wieder über den Expansionskurs mit neuen Geschäftsfeldern und Marken. Denn unsere Zielsetzung ist nach wie vor, dass sich Spectrum Brands zu einem weit grösseren Consumer-Group-Unternehmen entwickelt. Dass wir dabei auf guten Weg sind, lässt sich wohl vom Börsenwert ableiten, der unsere heutige, grundsolide Situation reflektiert.

Was bedeutete die Insolvenz für Spectrum Brands Schweiz?

Spectrum Brands Europa ist eigenständig und war durch die Aktivitäten in Europa nicht von der Insolvenz betroffen. Es war aber eine schwierige Zeit, weil wir viel erklären mussten. Es herrschte eine gewisse Unsicherheit. Auch bei uns gab es Restrukturierungen, wir hatten uns aber eigentlich schon vor der Chapter-­11-Geschichte damit beschäftigt. Heute sind wir bei Spectrum Brands Schweiz als reine Vertriebsorganisation rund zehn Personen. Fairerweise sollte ergänzt werden, dass wir uns für einige Prozesse und Aufgaben auf Kollegen im Europa-Hauptsitz stützen.

Seit April ist der deutsche Andreas Rouvé neuer CEO bei Spectrum Brands. Was be­deutet das für Spectrum Brands Schweiz?

Mit dem neuen CEO wird es keine Veränderung, sondern eine Weiterentwicklung unserer Strategie geben. Für uns ist es sehr positiv, dass jemand aus Deutschland in den USA die Funktion als CEO übernimmt. Weil das so selten vorkommt, ist es für ihn ein sehr guter Leistungsausweis. Zudem kennt Rouvé jeden von uns. Er kennt unsere Probleme und marktbedingten Besonderheiten, was uns nur helfen kann.

Ist Spectrum Brands Schweiz auf Kurs?

Wir blicken bei Batterien auf eine sehr starke Entwicklung über Jahre hinweg bis zur Marktführerschaft. Dann kam mit Remington eine komplett neue Welt dazu. Auch diese Marke haben wir in den letzten zehn Jahren gut aufbauen und im Schweizer Markt verankern können. Russell Hobbs brachte uns dann nochmals einen grossen Schub. Unsere Zielsetzung ist kontinuierliches Wachstum, deshalb wollen wir auch mit Remington und Rus­sell Hobbs eine der führenden Stellungen in ihren Kategorien anstreben.

Wie soll Russell Hobbs im Schweizer Markt eine führende Marke werden?

Die Marke ist noch nicht so bekannt hierzulande, in England ist sie aber in fast allen Bereichen die Nummer eins. Wir haben Russell Hobbs 2010 übernommen und sind in der Schweiz noch in der Aufbauarbeit. Wir gehen dabei genauso vor wie bei Varta oder Remington. Das heisst, wir wollen unseren Kunden einen Mehrwert mit attraktiven Produkten für den Konsumenten bieten.

Wie kommen die Produkte im Markt an?

Sehr gut. Wir sind stark in den Feldern Speisezubereitung, elektrisches Kochen und auch Frühstück, wo der Markt eher gesättigt ist. Wir heben uns aber ab mit Produkten, die nicht nur durch Design und Technik überzeugen, sondern auch durch das Einfliessen von echten Konsumentenbedürfnissen in die Pro­dukte. So sind etwa unglaublich schnelle Toaster oder flüsterleise Wasserkocher entstanden.

Was ist zum 60-Jahr-Jubiläum von Russell Hobbs geplant?

Wir feiern das Jubiläum etwa mit der Legacy-­Sonderserie. Die Neuauflage orientiert sich am Original und setzt sich deutlich vom Wettbewerb ab. Dabei wird auf eine Symbiose von Tradition und Moderne besonders geachtet. Etwa beim Wasserkocher liegt die Verwandtschaft zum Modell K1 auf der Hand – dem erfolgreichsten Produkt der Russell-Hobbs-­Geschichte, das während unglaublichen 40 Jahren produziert und erfolgreich vermarktet worden ist.

Persönlich:

Tobias Schümperli (43) ist seit 2004 bei Spectrum Brands Schweiz als Verkaufsleiter und seit 2008 als Geschäftsführer tätig. Zuvor war er in diversen Marketing- & Verkaufspositionen in verschiedenen Unternehmen der Konsumgüterindustrie. Der dipl. Betriebswirtschafter HF ist verheiratet und hat zwei Kinder. Seine Leidenschaft ist das Tauchen, und auch sonst begeistert er sich mit Camper und Kanu für eine aktive Freizeitgestaltung mit der Familie.

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