Pressekonferenz in Mailand

Photokina mit neuem Fokus

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Im September findet in Köln erneut die Photokina, die "Weltleitmesse für Foto und Video", statt. Die Veranstalter haben nach Mailand zur Pressekonferenz geladen – und stellten die Neuausrichtung des Events vor.

Verantwortliche der Koelnmesse haben in der Spazio Theca in Mailand die Pressekonferenz zur diesjährigen Photokina einberufen. Markus Oster, Geschäftsbereichsleiter der Koelnmesse, und Christian Müller-Rieker, Geschäftsführer Photoindustrie-Verband, informierten bei durchzogenem Wetter die Schweizer und die italienische Fachpresse über die Neuerungen der Kölner Fotomesse. Bereits der in rotem und blauem Licht getauchte Presseraum verwies auf das neue Image, das die Veranstalter im Vorfeld präsentiert hatten.

Weiterentwicklung als neuer Ansatz

Ebenso verdeutlichte ein Einleitungs-Video die neue Stossrichtung der Messe: "Imagine a new Photokina. Imagine more reach and more publicity", hiess es, ehe das Video abrupt endet. Markus Oster springt ein. Für ihn sei die Neuausrichtung notwendig: Die Messe finde in einem gewandelten Umfeld statt, die Imaging-Branche verändere sich stetig. Die Photokina müsse daher auf diese Neuerungen reagieren. Schliesslich herrsche in der Branche auch Unsicherheit über die Zukunft der Fotoindustrie.

Trotz dieser Ausgangslage bleibe aber vieles gleich: Die Photokina sei für Oster nach wie vor die Weltleitmesse für das Bild – Auch wenn der Bereich Video immer mehr in den Vordergrund tritt. Daher wollten die Veranstalter mit der Messe gleichermassen dem Steh- wie auch dem Bewegtbild gerecht werden.

Wie bisher stünden professionelle Anwender ebenso im Fokus wie auch der Handel. 2014 hätten die Veranstalter über 180'000 Messebesucher gezählt, davon seien viele Professionelle gewesen. Für die Hersteller sei das B2B-Geschäft immer noch die Basis, die Organisatoren möchten diesen Sektor weiterhin pflegen.

Bei all diesen Konstanten heisst der neue Ansatz Weiterentwicklung. Denn zu den bekannten Säulen möchten die Veranstalter jetzt eine neue Zielgruppe erreichen: Junge Leute. Bei ihnen sieht Oster grosses Potenzial. Schliesslich kommunizieren sie fortwährend mit Bildern und bearbeiten diese bereits oftmals selbst.

Junge Besucher im Fokus

Die Photokina möchte diese Zielgruppe nun mit Produkten der Industrie, wie etwa Smartphones, erreichen. Darüber hinaus sei es immer der Anspruch der Veranstalter gewesen, den gesamten Markt abzubilden. Daher sollen in diesem Jahr auch neuere Felder hinzukommen.

Oster bezeichnet Bilder als sowohl emotionales wie auch interaktives Thema. So sollen Messebesucher Geräte testen können, zudem werde das Thema Event noch weiter bespielt. Etwa werden an der diesjährigen Photokina Light-Art-Künstler eingeladen, um ihre Werke zu präsentieren. Der Bereich Astro-Fotografie und die neue Sparte Zoom werden die Veranstalter nach draussen verlagern, erklärt Oster. Es gebe ein Kurzfilm-Festival sowie Vlog-Konferenzen von Youtubern.

Unter dem Namen "Dimension" widme sich die Messe auch den Bereichen Virtual und Augmented Reality. Ausserdem kämen Drohnen als neues Thema hinzu. Die Veranstalter beabsichtigen, junge Leute durch die Contents an die Hersteller zu führen. Insgesamt erwarten Besucher an der Photokina 2016 über 100 Events. LED-Leinwände werden während der Messezeit das Kölner Stadtbild prägen und das Geschehen der Messe nach aussen kommunizieren, verspricht Oster.

Zudem werden Start-ups erstmals mit einer eigenen Halle an der Messe vertreten sein, verspricht Oster. Die Neuausrichtung der Messe habe sich erfolgreich niedergeschlagen. Bereits 80 Prozent des Messegeländes sind ausgebucht, wie Oster sagt.

Umfassende Kommunikation

Die Berücksichtigung der neuen Zielgruppe ist laut Oster aber auch mit Schwierigkeiten verbunden. Gerade die Ansprache von jungen Menschen erweise sich als schwierig. Jedoch finde vier Wochen vor der Photokina auf der selben Ausstellungsfläche die Gamescom statt. Bereits dort werde die Fotomesse beworben. Schliesslich liessen sich bei Gamern mit Virtual und Augmented Reality Berührungspunkte zu den neuen Feldern der Photokina finden. Und Besucher von Role-Play-Conventions seien überdies stark daran interessiert, sich fotografieren zu lassen.

Ebenso umfassend wie das Angebot falle auch die weitere Kommunikationsstrategie der Photokina aus: Mit Social Media, aber auch mit direct Mails möchte man weltweit B2B-Anwender adressieren und ansprechen. Durch die Zusammenarbeit mit Bloggern oder Youtubern (Alexibexi) würden die Organisatoren auch ein konsequentes Influencer-Marketing betreiben.

Zudem werden die Veranstalter Printanzeigen und Online-Werbung schalten und die Messe im Radio ankündigen. Alle Massnahmen seien dabei auf die einzelnen Ausstellungsthemen fokussiert. So führe man eine zielgruppennahe Ansprache durch, sagt Oster.

Das Beste von beiden Seiten

Christian Müller-Rieker zeigt sich überzeugt vom Veranstaltungsprogramm: "Es wird eine der spannendsten Photokina-Messen der letzten Zeit", verspricht er, und schlussfolgert für die Vergangenheit: Früher habe man anhand der Hardware den Markt hochrechnen können, er habe sich auch beim Wechsel von analog zu digital definieren lassen.

Doch die Ausgangslage sei nun eine andere. Der Smartphone-Start habe das einstige Geschäftsmodell der Fotografie komplett auf den Kopf gestellt. Die Leute würden nun mit dem Handy fotografieren und die Bilder schnell verbreiten. Deren Qualität sei gut genug, es gehe schliesslich viel mehr um ein schnelles Storytelling.

Nun wolle der Markt das Beste von beiden Seiten verbinden. Rieker spricht über das Huawei P9, welches mit Leica-Kameras ausgestattet ist. Oder über das iPhone 6, dessen Werbung mit selbstgemachten Fotos klar die Qualität der Kamera fokussiere. "Wir sind sehr Hardware-gesteuert", hält er fest.

Diese Tendenz spiegle nun aber nur noch einen Bruchteil dessen wider, wo die Industrie hinlaufe. Rieke geht noch weiter auf den Wandel der Branche ein: So müsse der Datentransfer in Zukunft ebenso gewährleistet sein. Schliesslich prognostiziert IDC 44 Trillionen Gigabytes an Daten, die 2020 hin- und hergeschickt werden sollen.

Auch werde der Fotografie-Markt für Rieker nicht mehr durch die klassischen Hersteller dominiert. Es werde kein Stand-alone mehr geben, strategische Allianz sei das Stichwort, um neue Geschäftsmodelle aufzuschliessen. Die Unternehmenskultur müsse sich an diese Veränderungen anpassen. Die Bedingungen dafür seien für Rieker bereits vorhanden. Doch bedürfe es sehr viel Arbeit, dass dieser Wandel reibungslos klappt.

Neuaufteilung der Ausstellungsflächen

Die Photokina habe für dieses Jahr anfänglich Einbussen von grossen Ausstellungsflächen hinnehmen müssen. Etwa werde Samsung – zumindest über den Foto-Sektor – nicht an der Messe vertreten sein. Die Veranstalter stünden laut Oster aber immer noch in Gesprächen mit dem Konzern – für den Bereich Virtual und Augmented Reality.

Auch werde Leica mit einer kleineren Ausstellungsfläche vertreten sein. Oster begründet dies mit den vergleichsweise hohen Preisen der Kameras. Der Hersteller konzentriere sich fortan auf professionelle Anwender. Leica werde dieses Jahr aber mit einer Fotoausstellung und dem Thema "qualitatives Bild" vertreten sein.

Dennoch bleibe die Bruttofläche im Vergleich zur letzten Photokina ungefähr gleich. Die Flächen fülle man wieder mit vielen kleineren Firmen. Laut Oster müsse man in die Messe investieren, ansonsten tue man der Branche keinen Gefallen.

Die Lage sei ähnlich wie beim Wegbruch der Filmbranche, wovon sich Marken wie Kodak, Aqua, Polaroid und Fuji zurückgezogen haben. Damals sei die Branche nicht tot gewesen, sondern sie habe sich verändert und entsprechend neue Player hervorgebracht.

Oster wagt eine Prognose: Die Foto-Branche werde kleinteiliger, mit kürzeren Lebenszyklen der Produkte. Seine Haltung macht er daraufhin aber deutlich: "Ohne Investition kein Fortschritt."

Profi-Sektor werde stärker

Doch einige der Konferenzteilnehmer stehen den Innovationen der diesjährigen Photokina mit Skepsis gegenüber. Vor allem langjährige Besucher der Fotomesse sind besorgt um den Anteil des professionellen Foto-Sektors, den sie durch die Ansprache junger Leute gefährdet sehen.

Oster entwarnt: Er sehe keine Verschiebung, der Anteil der Profi-Sparte werde sogar noch etwas stärker sein. Der Video-Bereich sei etwa immer präsenter, und der Drohnen-Markt wachse massiv. Die Copter seien nämlich keine Gadgets für Jugendliche. Drohnen werden von Herstellern als professionelles Produkt beworben, welche ganz neue Arten von Aufnahmen ermöglichen.

Zuletzt geht Müller-Rieker auf die Erdbeben in Kumamoto ein. Diese hatten schon bei Sony und Nikon Lieferverzögerungen verursacht. Davon würden auch Händler betroffen sein.

Markus Oster ergänzt: Die Messe könne man nicht verschieben. Dennoch bleibe für Hersteller genügend Zeit, um neue Produkte an der Photokina präsentieren zu können. Die Beben hätten Einfluss auf die wirtschaftliche Situation der Firmen. Die Auswirkungen für die Photokina schätzt Oster aber als gering ein.

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