Audio

Ist wirklich immer Hi-Res drin, wo Hi-Res draufsteht?

Uhr | Aktualisiert
von Martin Kamber, Area Sales Manager, B&W Group Schweiz

Was heisst eigentlich Hi-Res-Audio und welches Format ergibt am meisten Sinn? Im digitalen Audiobereich gibt es einige Stolpersteine.

(Quelle: Emiliano Horcada / Flickr (CC BY 2.0))
(Quelle: Emiliano Horcada / Flickr (CC BY 2.0))

Ist es sinnvoll, immer die Hi-Res-Variante eines Albums bei Qobuz, HD-Tracks & Co. herunterzuladen? Nach den Download-Anfängen mit datenreduzierter Musik ist es begrüs­senswert, wenn das Angebot an hervorragender Qualität zunimmt. Aber leider gibt es auch Stolpersteine.

Zuerst einmal: Was heisst eigentlich Hi-Res-Audio? Wenn wir von unserer Audio-CD ausgehen, kennen wir die Parameter 16Bit/44.1 kHz als Definition. Was bedeuten diese? Wir haben es hier mit einer digitalen Wortlänge von 16 Bit und einer Abtastfrequenz von 44.1 kHz zu tun. Mit den 16 Bit können wir auf einer CD eine Dynamik von 96dB und mit den 44.1 kHz einen Frequenzumfang bis 22.05 kHz abbilden (Nyquist Theorem).

Das menschliche Hörvermögen und der Frequenzumfang der Instrumente sind der Massstab

Was heisst das, bezogen auf den menschlichen Hörbereich? Der Mensch kann in jungen Jahren Frequenzen bis 20 kHz wahrnehmen. Mit zunehmendem Alter verlieren wir allmählich die Fähigkeit, solch hohe Frequenzen hören zu können. Sie nimmt kontinuierlich ab bis auf 10 bis 12 kHz, was aber nur einem zehnprozentigen Hörverlust entspricht. Der Dynamikumfang wird vom Genre der Musik bestimmt. Im Pop-Bereich ist der Dynamikumfang der Musik nicht sehr gross und bewegt sich so im Rahmen von 20 bis 30dB. Ganz anders die Klassik, wo man locker mit einem grossen Sinfonieorchester einen Dynamikumfang von 90dB und mehr erreichen kann.

Als gängige Regel wird alles oberhalb von 16Bit/44.1kHz als Hi-Res bezeichnet. Hochauflösende Formate sind 24Bit/88.2kHz, 96kHz oder 192kHz. Mit 24 Bit lässt sich eine Dynamik von 144dB abbilden, und mit den genannten Abtastfrequenzen können Frequenzbereiche bis 44.1, 48, oder 96kHz dargestellt werden. Also weitaus mehr, als wir fähig sind, zu hören. Auch die Instrumente produzieren die meiste Energie unterhalb von 10kHz, ihre Obertöne können bis 30kHz reichen, allerdings mit nur noch sehr geringen Pegeln.

Welches von diesen Formaten ergibt nun am meisten Sinn? Ideal ist 24Bit/96kHz. Mit dieser Auflösung sind wir für alle Bereiche auf der sicheren Seite, da wir damit genügend Dynamikumfang und auch einen genügend grossen Frequenzbereich abdecken können. Aus dieser Betrachtungsweise ist es auch klar, dass eine höhere Frequenzauflösung wenig sinnvoll ist, da im Frequenzspektrum von 48 bis 96 kHz keine irgendwie verwertbaren Töne mehr vorhanden sein können.

Fehler werden in der digitalen Domäne ausgebügelt

Wird heutzutage eine neue Tonaufzeichnung gemacht, so geschieht dies selbstverständlich auf dem digitalen Weg. Es ist möglich, dass im Studio für die Aufzeichnung und das Mastering eine noch grössere Auflösung verwendet wird. Dadurch werden der Spielraum und die Sicherheitsmarge grösser. Denn im digitalen Bereich führt eine mögliche Übersteuerung sofort zu extremen Verzerrungen, und dies muss unter allen Umständen vermieden werden. Hier ist es selbstverständlich angebracht, diese gute Qualität auch in Hi-Res anzubieten und dann etwa mit Classé Elektronik und den neuen 800-Series-Diamond-Lautsprecher von Bowers & Wilkins vollumfänglich geniessen zu können.

Anders verhält es sich mit historischen Aufnahmen aus den 50er- bis 80er-Jahren. Damals arbeitete man mit den guten alten Tonbandmaschinen. Dies waren natürlich spezielle Studiomaschinen, die mit bis zu 76cm/s Geschwindigkeit arbeiteten und damit Frequenzen bis zu 22kHz (Studer A807; +/–2dB) aufzeichnen konnten. Die Topmaschinen konnten einen Dynamikumfang bis maximal 75dB, mit Dolby A bis 85dB erreichen, danach war endgültig Schluss.

Es ist durchaus lobenswert, wenn all die hervorragende Musik der alten Legenden sowohl im Jazz- wie auch im Klassikbereich wieder in einer guten Qualität auf den Markt gebracht wird. Und dass die Fehler und Eigenheiten der damaligen Technik in den Aufzeichnungen in der digitalen Domäne teilweise ausgebügelt werden können, ohne wieder neue Mängel hinzuzufügen.

Werden heute solche Aufnahmen in den Studios digitalisiert und dann remastered, ist es natürlich sinnvoll, in diesem Prozess auch die heutigen digitalen Standards wie etwa 24Bit/96kHz zu verwenden. Damit hat man in der Bearbeitung genügend Reserven. Aber wenn wir, wie vorher beschrieben, die damals möglichen Parameter der alten analogen Masterbänder anschauen, ist es kaum sinnvoll, diese Remaster-Versionen in einem Hi-Res-Format anzubieten.

Nicht immer ist Hi-Res drin, wenn Hi-Res draufsteht. 1 Kilogramm Mehl in einem 2-Kilogramm-Sack wiegt trotzdem nur 1 Kilogramm.

Persönlich

Martin Kamber ist seit seiner Kindheit leidenschaft­licher Musikliebhaber. Sein Hauptgenre ist die Klassik. Seine Ausbildung machte Kamber als Radio-TV-Elek­troniker in einem Einzelhandelsbetrieb. Nach der Ausbildung und einigen Jahren im Einzelhandel wechselte er in den Grosshandel. Zuerst als Techniker im Audio-Hi-Fi-, später im Videorekorder-Bereich. Nach dieser technischen Zeit und einigen Weiterbildungen wechselte er als Key Account Manager in den Aussendienst. Später kamen auch Schulungstätigkeiten dazu. Seit 2007 ist Kamber bei B&W Group Schweiz. Dort ist er als Area Sales Manager für die Kunden in der östlichen Hälfte der Schweiz zuständig sowie für Marketing- und Support­tätigkeiten.

(Quelle: www.bwgroup.ch)
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