Afrikanisches Sprichwort

«Schnelles Laufen ist keine Garantie, das Ziel zu erreichen.»

Uhr | Aktualisiert
von Ruedi Haeny, Haeny Management Consulting

Was müssen Unternehmen bei der Buchhaltung beachten und welche Sofortmassnahmen können sie treffen? Auskunft gibt Ruedi Haeny in der Serie Betriebswirtschaft für Fachhändler.

Unser Musterhändler Franz Scheidweg ist Handwerker aus Leidenschaft. Er könnte sich trotz aller erlebter Höhen und Tiefen keinen schöneren Beruf vorstellen. Jede Installation muss bei ihm höchsten qualitativen Ansprüchen genügen. Mit entsprechendem Stolz übergibt er sie denn auch jeweils seinen Auftraggebern. Sein höchstes Lob sind Weiterempfehlungen durch zufriedene Kunden. Würde man Scheidweg nach seinen Schwächen fragen, käme er wohl auf die Administration zu sprechen. Und die Buchhaltung, ja mit der kann er sich ganz und gar nicht anfreunden. Damit hat er am liebsten gar nichts zu tun.

Bis vor zwei Jahren gehörte er noch zu jenen Händlern, die im Sommer jeweils nicht wussten, ob sie besser oder schlechter als im Vorjahr dastehen. Zwar besprach er jeden Frühling einmal mit dem Treuhänder den zurückliegenden Jahresabschluss. Ihn interessierte aber lediglich, ob ein Gewinn übrig blieb. Dies änderte sich an jenem Tag, an dem er sich mit einem saftigen Verlust konfrontiert sah. Jetzt musste er gezwungenermassen über die Bücher. Seine Buchhalterin zeigte ihm Beispiele, bei denen er auf Verkäufen Geld verloren und Dienstleistungen nicht in Rechnung gestellt hatte. Scheidweg dämmerte, dass er jetzt handeln musste, wollte er nicht am Ende mit seiner Firma Schiffbruch erleiden.

Mit Verlust verkaufen

Er sah ein, dass er externe Hilfe benötigte. Diese fand er bei einem branchenerfahrenen Berater. Zu Beginn war unser Fachhändler überrascht, wie stark er bei der Analyse selbst gefordert wurde. Insgeheim hatte er gehofft, dass ihm nun einfach die Lösung seiner Probleme präsentiert würde. Bald wurde ihm aber klar, dass einerseits die notwendigen Inputs nur von ihm kommen konnten, und er andererseits dank dieses Vorgehens gleich die Schwachstellen erkennen und begreifen würde.

Da die Buchhaltung die notwendigen Antworten nicht liefern konnte, nahmen sich die beiden die Rechnungen des letzten Jahres vor. Sie schlüsselten den Umsatz auf nach Hardware- beziehungsweise Zubehörverkäufen, Arbeitsmaterial und erbrachten Dienstleistungen. Aufgrund der Einkaufspreise eruierten sie den Deckungsbeitrag 1 (Einkaufspreis ./. kalkulierte Bruttomarge ./. gewährte Rabatte). Sehr rasch ergab sich ein ernüchterndes Bild. Insbesondere auf gewissen TV-Geräten waren Scheidwegs Verkäufe teilweise mit Verlust erfolgt. Jetzt sah er die Auswirkungen der Rabatte, die er unter dem Druck der Konkurrenz gegeben hatte, schwarz auf weiss. Ebenso klar zeigte sich die sehr interessante Marge auf Zubehör. Nur waren hier die Umsätze viel zu gering, um einen wesentlichen Beitrag zum Betriebsergebnis zu leisten. Die Schlussfolgerung war eindeutig: Scheidweg musste sein Angebot an Hardware grundlegend überdenken, sich von gewissen Marken oder Modellen trennen, die zu stark im Fokus des Preiskampfes standen. Weiter musste er sein Lager reduzieren und kurzfristiger zu aktuellen Preisen einkaufen, um Abschreiber auf dem Warenlager möglichst vermeiden zu können. Und dann war da die Erkenntnis, dass man nicht jeden Verkauf realisieren darf, nur weil der Kunde zu sehr auf Rabatt drängt. Besonders ärgerlich fand er, dass durch zu wenig Beachtung des Zubehörs viel Marge nicht realisiert worden war. Hier wollte er umgehend seine Mitarbeitenden schulen, damit möglichst kein Kunde mehr den Laden ohne einen realisierten Zusatzverkauf verlassen würde.

Sofortmassnahme gegen entgangene Einnahmen

Bei den Dienstleistungen wurde rasch klar, dass zu vieles gar nicht oder dann nicht entsprechend der effektiv geleisteten Zeit abgerechnet worden war. Der Arbeitsweg war nur in Einzelfällen aufgeführt. Der Berater rechnete Scheidweg vor, wie viel Einnahmen ihm so entgangen waren. Als Sofortmassnahme führten sie einen einfachen Arbeitsrapport mit Arbeitszeit- und Kilometererfassung ein. Aufgrund der geschätzten effektiven Arbeitsstunden bei Kunden konnte auch der bisherige Stundenansatz verifiziert werden. Wenig überraschend war nach Jahren ohne Änderung eine Anpassung nötig. Eine zusätzliche positive Erkenntnis ergab sich fast nebenbei: Die steigende Nachfrage nach Dienstleistungen dank immer mehr vernetzter Geräte verspricht zusätzliche Ertragsmöglichkeiten.

Nach zwei sehr intensiven und anstrengenden Tagen hatte Scheidweg wertvolle Erkenntnisse gewonnen. Er wusste jetzt, was er ändern musste, wo er zukünftig Geld verdienen konnte und wo nicht. Doch nun wollte er von seinem Berater noch wissen, wie er die zu erwartenden Verbesserungen denn kontrollieren und steuern solle, damit sie nicht zu einem Papiertiger verkommen und wieder im Sande verliefen. Er kannte sich selbst zu gut und hatte da so seine Erfahrungen gemacht.

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