Besuch im Handel

"Ultra-HD beim 55-Zoll-TV ist ein Marketinggag!"

Uhr | Aktualisiert

Lohnt sich der Kauf eines Ultra-HD-TVs bereits jetzt, auch ohne Ultra-HD-TV-Sender? Was meint der Handel? ­Die professionelle Mystery-Shopperin Astrid T. machte den Test.

Nagra zeigt an der CES neue Lösungen für das Fernsehvergnügen zuhause. (Quelle: Panasonic)
Nagra zeigt an der CES neue Lösungen für das Fernsehvergnügen zuhause. (Quelle: Panasonic)

4K oder Ultra-HD? Astrid T. hört immer wieder vom neuen TV-Standard mit "unglaublich klarem Bild". Schon HD-TV ist für sie ein Erlebnis, aber ihre Neugier nach Ultra-HD war geweckt. Doch lohnt es sich schon, mehrere tausend Franken für einen Ultra-HD-TV zu bezahlen? Ist die Technik schon ausgereift? Gibt es überhaupt schon Inhalte? As­trid war sich unsicher, der Handel musste ihr helfen. Sie ging in Begleitung von CEtoday auf Mystery-Shopping-Tour nach einem neuen 4K-TV. Dafür hat Astrid Melectronics, einen unabhängigen TV-Fachhändler mit eigener Reparaturwerkstatt, Interdiscount, Media Markt und einen B&O-Fachhändler besucht. Einen Preisdeckel gab sie sich nicht, was sich als Fehler herausstellen sollte. Dazu später mehr.

Melectronics

Den Melectronics musste Astrid in dieser Migros-Filiale zuerst finden. Er war zwischen Kleider- und Spielzeug-Abteilung versteckt. Dort angekommen sprach Astrid nach kurzer Zeit einen freien Verkäufer an und stellte die Kardinalfrage: "Lohnt sich ein Ultra-HD-TV bereits?", wollte sie wissen, worauf der junge Verkäufer entgegnete: "Ja, das Fernsehbild ist mit einem 4K-Panel hochwertiger. Es bringt mehr Leistung." Zwar seien noch keine Ultra-­HD-Sender vorhanden, aber Astrid merke auch so einen Unterschied, weil der Fernseher das Signal hochrechnen könne. Zudem sei sie mit einem Ultra-HD-TV auf dem neuesten Stand. Deshalb riet er zum neuen Gerät und meinte: "Das ist ja kein grosser Aufpreis mehr." Er ging mit Astrid zum 50-Zoll-Philips-­Ultra-HD-TV 50PUK6809, der in ein paar Tagen zum Aktionspreis von unter tausend Franken erhältlich sein werde. Der Verkäufer verwies aber auch auf einen "M-Budget-TV" von Samsung für die Schnapszahl von 777 Franken. Als Astrid nach den Unterschieden fragte, meinte er: "Samsung bietet das dynamischere Bild, Philips das natürlichere. Aber das ist Geschmacksache." Den Samsung-TV zeigte er Astrid gar nicht erst und sagte stattdessen, dass Philips die bessere 3-D-Technik und die höhere Hertz-Rate biete. "Für die Grösse und die Technik kriegen Sie bei Phi­lips ein Supergerät", meinte er und ergänzte, dass sie nur gute Erfahrungen mit Philips gemacht hätten. Eventuell kämen noch Lautsprecher infrage, weil der Fernseher seinen Ton nach hinten abstrahle. Nach rund fünf Minuten Bedienung verabschiedete sich der Verkäufer, indem er Astrid einen Prospekt mitgab. Sie sollte mit dem Kauf warten, bis der Philips-TV zum Aktionspreis erhältlich sei. Astrid bedankte sich, hätte aber gerne noch mehr über den Fernseher erfahren als technische Details und den Preis. Angaben zur Bedienung etwa machte der Verkäufer keine.

Unabhängiger TV-Fachhändler mit ­eigener Reparaturwerkstatt

Etwas ganz anderes bekam sie beim Fachhändler zu hören. Ein junger Verkäufer begrüsste Astrid beim Betreten des Ladengeschäfts und meinte auf ihre Frage nach einem Ultra-HD-TV: "Man sieht den Unterschied auch beim normalen Fernsehen, aber es gibt noch zu wenige Inhalte. Ehrlich gesagt, lohnt sich der Kauf noch nicht." Er fragte, ob er ihr verschiedene Modelle mit und ohne Ultra-­HD-Panel vorführen dürfe, wovon alle von Panasonic stammt. Der Verkäufer erklärte: "Wir führen nur Panasonic-TVs, weil sie qualitativ am hochwertigsten in puncto Hardware, Verarbeitung und Software sind." So würden sie Samsung-TVs etwa nur noch mit dem PC einrichten, weil die Bedienung so umständlich sei. Während der Vorführung zeigte der Verkäufer die integrierte Kamera, ging auf die Bedienung ein und erklärte Smart-TV-Funktionen. Er riet zum TX-58AXW804 für knapp 3700 Franken. Darauf fragte er nach Zusatzgeräten. So brauche sie für 3-D-TV unbedingt einen 3-D-Blu-Ray-Player. Für "normales" TV sei 3-D nicht geeignet, weil das Bild nur kopiert werde. Für einen High-End-Player müsste sie zwar nochmals 700 Franken bezahlen, aber "das lohnt sich auch wirklich". Sie hätten zudem auch eine Tastatur für 80 Franken, die sich speziell für die Onlinebedienung eigne. Darauf wollte er die Fernbedienung erklären, was Astrid aber ablehnte. Sie hatte in den rund 30 Minuten Bedienung genug gesehen und gehört. Sie war rundum zufrieden. Der Verkäufer wollte das Gespräch fortsetzen, erwähnte Heimkino-Anlagen, doch Astrid verlangte die Preisliste mit Ultra-HD- und Full-HD-TVs, die ab 2000 Franken begannen.

Interdiscount

Genau so sollte eine Beratung sein. Zwar meinte der Fachhändler, Ultra-HD lohne sich noch nicht, gab Astrid aber die Chance, sich ein eigenes Bild zu machen. Tatsächlich empfand sie das Bild des Full-HD-TVs mit besserem Prozessor schöner als beim Ultra-­HD-TV. Astrid wollte sich aber ein umfassenderes Bild machen und ging zu Interdiscount, wo sie nach einiger Zeit einen freien Verkäufer fand. Dieser meinte, Ultra-HD lohne sich schon, "aber erst in ein bis drei Jahren". Zwar gebe es heute schon gute Geräte, aber zukünftig werde die Auswahl grösser. Zudem sei dann auch das Potenzial besser ausgeschöpft und sie komme in den Genuss von "richtigem" Ultra-HD. Sollte Astrid also noch warten können, würde er ihr das wärmstens empfehlen. "Die Fernseher sind dann auch nicht mehr so teuer", ergänzte er und verabschiedete sich.

Media Markt

Jetzt war Astrid doch wieder unsicher, ob es denn schon heute ein Ultra-HD-TV sein sollte. Hilfe suchte sie bei Media Markt. Dort angekommen, fand sie sich in einer riesigen TV-Abteilung mit grob geschätzt hundert Fernsehern wieder. Astrid sprach einen Verkäufer an, der wiederum das Gegenteil des Interdiscount-Verkäufers sagte: "Ultra-HD-­TVs lohnen sich schon, wir haben sehr gute Modelle." Er ging mit Astrid zum LG-Modell 55UB850V, das ganz neu zum Preis von knapp 1600 Franken verfügbar sei. "Da sei alles dabei, 3-D, Smart-TV etc.", sagte er, ohne auch nur eine Funktion genauer zu erklären. Stattdessen marschierte er mit Astrid zu einem vergleichbaren TV von Sony und hetzte weiter an zahlreichen Fernsehern vorbei zu einem Philips-Gerät. Während dieser kurzen Zeit konnte sich Astrid keinen Eindruck von den TVs machen, weshalb sie den Verkäufer nach den jeweiligen Vorteilen fragte. Er riet ihr zum LG-Modell, weil dieses die höchste Hertz-Rate biete. Zudem mache LG die Panels selbst, die anderen würden alle bei LG einkaufen. Überhaupt sei LG vom Preis-Leistungs-Verhältnis unerreicht. "Die haben auch immer schöne Geräte, die edel verarbeitet sind", ergänzte er. Damit war das Verkaufsgespräch beendet, der Verkäufer verabschiedete sich nach rund fünf Minuten, ohne vertieft auf die Geräte einzugehen. Auch an einem Verkaufsabschluss schien er nicht interessiert.

B&O-Fachgeschäft

Das Gegenteil war beim B&O-Fachhändler der Fall. Dort begrüsste Astrid ein Verkäufer, der mit grossem Enthusiasmus zu Werke ging. Zwar meinte er, Ultra-HD sei nicht unbedingt notwendig, weil es noch keine Sender gebe. Er führte ihr dann aber den Ultra-­HD-TV Avant 55 für rund 10'000 Franken vor. Der sei ganz neu eingetroffen und verkaufe sich super. Er zeigte ihr den motorisierten Schwenkfuss und führte die Bedienung vor. Weiter zeigte er, wie Astrid Apple TV oder den Blu-Ray-Player mit dem Fernseher verbinden könne, um diesen in eine Multimediaanlage zu verwandeln. Darauf führte er die inte­grierten Lautsprecher mit 500 Watt anhand Musik-­Streams von Spotify und Deezer vor. Astrid war beeindruckt, aber als sie den hohen Preis bemerkte, meinte der Verkäufer: "Die Leute sind überrascht vom günstigen Preis." Normalerweise koste ein Fernseher von B&O schon mal das Doppelte. Er bemerkte aber, dass Ultra-HD bei einem 55-Zoll-TV ein reiner Marketinggag sei. Bei der Grösse brauche es noch kein Ultra-HD. "Aber weil es die anderen machen, macht B&O es auch." Die vergleichsweise immer noch hohen Preise erklärte der Verkäufer mit dem hochwertigen Samsung-Panel. Auch Samsung verkaufe Fernseher für mehrere tausend Franken mit Premium-Panel, rechtfertigte er sich. Dann kam er ins Schwärmen, welch edle Materialien B&O verwende. Der Hersteller sei bekannt für sein Aluminiumwerk, mit dem er auch Hersteller wie Audi beliefere. B&O biete aber auch eine preisgünstigere TV-Linie namens B&O Play mit Modellen für 3000 bis 4000 Franken, bei denen günstigere Materialien verwendet würden. Davon riet er aber ab. Sein Favorit war das Modell Beovision 11, das ebenfalls rund 10'000 Franken kostete. Der sei zwar ohne Ultra-HD-Panel ausgestattet, dafür aber mit sehr guter Bild- und Soundtechnik. Bei dem Gerät könne sie zudem kabellose Lautsprecher verbinden und mit derselben Fernbedienung steuern.

Fazit

Astrid bedankte sich für rund 15 Minuten Beratung und verliess den Laden ohne Kaufabschluss. 10'000 Franken hätten ihr Budget dann doch gesprengt. Zwar liess auch sie sich von den edlen Materialien und dem satten Sound der B&O-Geräte begeistern. Aber der Panasonic-­TV beim Fachhändler würde ihr ebenfalls gefallen und nur ein Drittel kosten. Ultra-HD musste es aber nicht unbedingt sein. Wahrscheinlich würde Astrid noch ein bisschen abwarten. Sicher war aber, dass sie nur im Fachhandel einen Kauf getätigt hätte. Dieser nahm sich viel Zeit für eine ausführliche Beratung und liess sie die Geräte auch selbst ausprobieren.

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