Im Gespräch mit Marc Staubli, Geschäftsführer, Sennheiser Schweiz

"Es wäre falsch, den Onlinehandel zu verteufeln"

Uhr | Aktualisiert
von CEtoday

Seit eineinhalb Jahren ist Sennheiser nach der Übernahme des ­Sennheiser-Distributors Bleuel Electronic mit einer eigenen Niederlassung in der Schweiz vertreten. Im April ist das Unternehmen nun an seinen neuen Firmensitz nach Urdorf umgezogen. Sennheiser-Geschäftsführer Marc Staubli lässt die letzten 18 Monate im Gespräch Revue passieren und sagt, wo Sennheiser Schweiz heute steht.

Sennheiser ist kürzlich von Unterengstringen nach Urdorf umgezogen. Erfüllt der neue Standort Ihre Erwartungen?

Marc Staubli: Ja, absolut. Der neue Standort ermöglicht ein ganz anderes Zusammenarbeiten. Es ist kein Vergleich zu vorher in Unterengstringen. Ein wichtiges Ziel des Umzugs war, dass wir hier alle gemeinsam auf einer Etage zusammenarbeiten können. Das gilt nun auch für unser Service- und Dienstleistungscenter. Und die Büros hier In der Luberzen 29 in Urdorf sind grosszügiger und heller. Zudem passen die neuen Räumlichkeiten besser zum Premium-Anspruch der Marke Sennheiser. Zudem konnten wir das Erdgeschoss, wo wir uns befinden, nach unseren Bedürfnissen gestalten. Dennoch sind unsere neuen Büros weder klotzig und protzig. Es passt zu uns, wie wir uns im Markt sehen.

Warum war der Umzug nötig?

Mit dem alten Gebäude kamen wir an unsere Grenzen. Zudem lag es in einem Wohngebiet, ein weiterer Ausbau wäre schwierig gewesen.

Welche Bedeutung hat für Sie das neue Service- und Dienstleistungscenter hier?

Das Servicecenter ist für uns sehr wichtig und es ist mit modernster Technik komplett neu ausgerüstet. Eine Aufgabe des Service­centers ist der klassische Reparaturservice. Eine weitere sehr wichtige Aufgabe ist aber auch, dass wir hier Geräte testen und etwa Testprotokolle für Kunden über professionelle Produkte oder High-End-Kopfhörer erstellen. Im Pro-­Bereich helfen wir bei der Frequenzplanung oder machen akustische Messungen. Zudem bauen wir hier im Kundenauftrag auch Spezialanfertigungen. Aktuell etwa einen Antennen-Zonen-Splitter für das Schweizer Fern­sehen. Die Arbeitsplätze im Servicecenter sind zudem in allen drei Geschäftsbereichen Consumer, Pro und Integrated Systems mehrfach besetzt, damit wir jederzeit ein umfassendes Dienstleistungsspektrum anbieten können. Jetzt haben wir das Umfeld bei den Personen, bei deren ­Ausbildung, das Know-how und auch beim Equipment, um einen noch professionelleren Service zu bieten.

Viele Länderniederlassungen von Markenvertretungen haben den Service ausgelagert und machen nur noch Sales und Marketing. Warum machen Sie es anders?

Wir glauben, dass der Service zu unserem Kerngeschäft gehört, und deshalb wollen wir das selbst in der Hand haben.

Seit anderthalb Jahren ist Sennheiser nun mit der eigenen Ländergesellschaft in der Schweiz präsent. Was hat sich in dieser Zeit für den Handel verändert?

Die massgeblichste Veränderung war sicher die Einführung des selektiven Vertriebsmodells. Dies war für den Handel und auch für uns ein grosser Einschnitt, denn damit wurde unsere Zusammenarbeit neu definiert. Es geht uns beim selektiven Vertrieb darum, dass die richtigen Produkte am richtigen POS mit der richtigen Beratungsleistung angeboten werden. Es gibt verschiedene Detaillierungsgrade bei den verschiedenen Partnerstufen, die nach unterschiedlichen Kriterien durch Sennheiser autorisiert werden: Con­sumer-Audio, Premium, High-End-Bereich. Personell gab es bei Sennheiser Schweiz seit dem Start kaum Veränderungen; es ist das bewährte und bekannte Team im Markt unterwegs. Ich glaube, dass wir in vergangenen 18 Monaten professioneller und effizienter geworden sind. Auch ein grosser Vorteil aus meiner Sicht ist, dass wir mit der Länderniederlassung im Vergleich zu vorher mit Bleuel Electronic als Distributor viel näher an Sennheiser dran sind.

Wie haben Sie persönlich diese Zeit ­erlebt? Hatte der Tag manchmal zu wenige Stunden?

Es war eine spannende und auch sehr he­rausfordernde Zeit. Ich muss aber sagen, es ist alles sehr fair und sauber über die Bühne gegangen. Da merkte man gut den bestimmenden Einfluss der Familie Sennheiser. Und ich muss an dieser Stelle wirklich allen Beteiligten ein Kränzchen winden. Ich bekam hervorragende Unterstützung von allen Seiten. Insbesondere auch durch Co-Geschäftsführer Björn Grefer, der sich um die ganze Integration von Finanzen, Operations und IT kümmerte. Klar, es gab Spitzen und ja, manchmal hatte der Tag zu wenige Stunden. Es ist aber alles gut und professionell geplant und umgesetzt worden.

Wie laufen die Geschäfte für Sennheiser Schweiz? Welche Geschäftsfelder laufen gut, welche weniger?

Die Geschäfte laufen gut. Euphorisch sind wir aber nicht. Wir merken natürlich aufgrund der sehr vielen Anbieter eine gewisse Sättigung im Kopfhörermarkt. Kopfhörer sind ein Trendprodukt geworden. Es gibt immer mehr Wettbewerber. Der Absatz ist zwar immer noch gut, aber das Geschäft ist härter geworden. Es wird um Marktabteile gekämpft. Die Kopfhörerverkäufe stagnieren auf einem hohen Niveau. Im Profibereich sind wir dieses Jahr etwas schwächer unterwegs als in den letzten Jahren. Wir haben in den Jahren 2011, 2012, 2013 einen Boom bei den HF-Mikrofonen erlebt, der mit der Umfrequenzierung im Rahmen der "digitalen Dividende" zu tun hatte. (Die digitale ­Dividende beschreibt das Freiwerden von ­Frequenzbändern durch die Digitalisierung des Rundfunks, etwa durch die Umstellung des analogen terrestrischen Fernsehens auf DVB-T, Anm. d. Red.) Ein wichtiger Wachstumsmarkt ist Telekommunikation mit Head­sets. Das vor allem durch die wachsende Verbreitung Microsoft Lync bei Grossfirmen wie Bühler in Uzwil oder vielen städtischen und kantonalen Behörden. UC Telecom ist ein ganz stark wachsender Markt. Aktuell sind wir in diesem Markt die Nummer drei. Auch bei den Integrated Systems wachsen wir mit Sennheiser. In diesem Bereich kommen dieses Jahr auch noch weitere neue Produkte, wie etwa eine neue draht­lose Konferenzanlage und eine neue Streaming-Applikation für die Übertragung von Live-Inhalten auf mobile Geräte.

Was ist eigentlich mit den Drittmarken wie Elac, Foohn etc., die Sennheiser hierzulande noch distribuiert? Werden Sie dies weiterführen?

Ja, natürlich. Es bestehen keine Bestrebungen, an der Drittmarkendistribution etwas zu verändern. Drittmarken ergänzen das Sennheiser-Sortiment in wichtigen Bereichen. Zudem konnten wir gerade im Profibereich auch mit den Drittmarken wachsen, weil wir im Zusammenspiel dieser mit Sennheiser-Equipment vollständige Lösungen im Profibereich anbieten können.

Welchen Herausforderungen sieht sich Sennheiser in der Schweiz gegenüber?

Eine gute Sichtbarkeit unserer Produkte am POS zu erreichen, ist eine grosse Herausforderung. Es genügt nicht, wenn unsere Kopfhörer einfach irgendwo in einer Schachtel oben im Regal liegen. Oder stellen Sie sich vor, dass bei einem Retailer 100 Kopfhörer nebeneinander in der Auslage liegen. Da ist es für den Konsumenten enorm schwierig, wenn nicht unmöglich, das für ihn richtige Produkt auszuwählen. Hier versuchen wir, durch die richtige Positionierung unserer Produkte am POS anzusetzen. Dazu gehört natürlich auch, dass unsere Produkte vom Handel gut präsentiert und kompetent verkauft werden. Und das erreichen wir, indem wir für unsere Handelspartner attraktiv sind, etwa indem der Handel mit unseren Produkten eine gescheite Marge erwirtschaften kann, ein qualitativ hochwertiges Produkt erhält, das er seinen Kunden guten Gewissens empfehlen kann, und dass der Handel auf einen lokalen Top-Service zählen kann.

Wie haben sich Ihre Absatzkanäle in den letzten 18 Monaten entwickelt?

Wir sehen, dass der Onlinehandel immer öfter auch mit einem physischen Ladenlokal kombiniert wird. Solchen Hybrid-Modellen gehört meiner Meinung nach die Zukunft. Wichtig ist, dass die Sortimente den Vertriebskanälen angepasst sind.

Wie schätzen Sie die Marktchancen des klassischen Fachhandels mittel- und langfristig ein?

Für den klassischen Fachhandel, der sich nicht verändern kann oder will, wird es sicher schwierig werden. Gute Chancen hat der innovative moderne Fachhandel. Händlern, die sich weiterentwickeln und etwas verändern wollen, sich etwa mit professionellen Produkten auseinandersetzen möchten, denen bieten wir auch Möglichkeiten, dies zu tun. Zudem schulen wir und unterstützen den Handel mit unserem Know-how.

Wie verhält sich Sennheiser dem Onlinehandel gegenüber?

Es wäre falsch, den Onlinehandel auszuschliessen oder zu verteufeln, wenn Ihre Frage darauf abzielt. Der Onlinekanal gehört heute ganz einfach dazu, wie jeder andere Kanal auch. Online wird zweifelsohne auch noch weiter wachsen. Und auch der Fachhandel sollte sich überlegen, wie er diesen Kommunikationskanal zu seinen Kunden gewinnbringend nutzen kann. Im Internet muss man gefunden werden. Es braucht einen guten Auftritt. Auch der Onlinekanal ist übrigens in unser neues selektives Vertriebsmodell mit eingebunden. Es definiert die Kriterien, die im Onlinehandel mit Sennheiser-Produkten zu erfüllen sind.

Welche Trends spüren Sie im Markt?

Es gibt natürlich den Riesentrend zur Mobilität. Die Menschen sind unterwegs und wollen auch unterwegs mit ihren Kopfhörern Musik in guter Qualität hören. Zudem sehen wir, wie AV- und IT-Welt immer mehr verschmelzen, wie etwa die Bedienung von AV-­Produkten über eine App auf dem Smartphone. Wir stellen auch fest, dass die Konsumenten immer mehr technisches Wissen haben. Sie sind sehr gut informiert. Das fordert uns aber auch im Handel.

Wie schätzen Sie die Marktentwicklung für die CE-Branche dieses Jahr ein?

Verhalten positiv. Der CE-Markt war in den vergangenen Jahren stark unter Druck. Bei Sennheiser waren wir davon allerdings weniger betroffen. Ich glaube aber, dass die Tal­sohle im Gesamtmarkt irgendwann durchschritten sein wird. Es kommen ja auch immer wieder Innovationen auf den Markt.

Ihre Message an den Handel?

Für uns ist es wichtig, dass der Handel die neuen Herausforderungen im Markt annimmt. Dazu gehören auch Internet und der Onlinehandel. Es ist nötig, dass der Handel in diesem Bereich fit wird. Wir freuen uns, gemeinsam mit unseren Handelspartnern weiterzugehen und unterstützen sie mit allen unseren Möglichkeiten, sei es durch Coaching, Beratung oder Schulung, sei es durch unser Servicecenter, durch unsere Marketingmassnahmen oder unseren Aussendienst.

Persönlich

Marc Staubli ist seit Ende 2012 Geschäftsführer der Schweizer Sennheiser-­Niederlassung. Staubli ist gelernter Radio-­­TV-­Elektroniker mit Weiterbildungen zum eidg. diplomierten Verkaufskoordinator und Betriebsökonom. Zu seinen Hobbys zählt er seine Familie, Reisen, Wassersport und gutes Essen. Marc Staubli wohnt in Zumikon, ist verheiratet und Vater von zwei Kindern.

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