Im Viadukt

Mit Pokern zum Erfolg

Uhr | Aktualisiert

Michael Kägi wollte im Zürcher Viadukt ein Kompetenzzentrum für Multi-Room-Systeme verwirklichen. Seit April 2010 betreibt er das Ladenlokal Klangwandel im Bogen Nummer 13. Seit der Eröffnung konnte Kägi den Personalbestand verdreifachen und beim Umsatz bereits die Millionengrenze überschreiten.

Herr Kägi, wie kamen Sie dazu, ein Geschäft in den Zürcher Viaduktbögen zu eröffnen?

Michael Kägi: Zwischen Herbst 2007 und Frühjahr 2008 erfuhr ich von dem Projekt der Stiftung PWG. Die Idee von einem Laden in einem der Bögen des Viadukts faszinierte mich von Beginn an. Von der Faszination bis zum Laden war es allerdings ein weiter Weg. Die Bögen waren äusserst begehrt. 2000 Bewerber reichten ein Dossier mit ihren Konzepten ein. Und die Voraussetzungen, um einen der Plätze zu bekommen, waren recht umfangreich. Ich musste einen sorgfältig durchdachten Businessplan vorlegen, nachweisen, dass ich kein totaler Nobody in der Geschäftswelt war und es brauchte auch einen klaren Bezug zu Zürich. Meine Erfahrung in der Gründung und Führung von Unternehmen kam mir dabei natürlich zugute. Als es am Schluss aber tatsächlich um die Zuweisung eines Platzes im Viadukt ging, habe ich dann noch mal hoch gepokert und den angebotenen Platz abgelehnt. Der Standort hatte nicht meinen Vorstellungen entsprochen. Die PWG liess mich dann aber nicht abblitzen, sondern teilte mir einen anderen Bogen zu. In dem sind wir jetzt und sind sehr zufrieden damit. Das Pokern hat sich also gelohnt.

Wie sieht das Konzept Ihres Ladens aus?

Auf dem Papier war es die Idee, Audio-Equipment so zu zeigen, wie es zu Hause im Wohnzimmer steht – in einer gemütlichen und entspannten Atmosphäre. Keine bis zur Decke vollgestopften Gestelle und grelle Neonbeleuchtung, sondern Wohlfühlklima. In der Realität ist es jetzt eher ein Mix aus beidem. Das "Wohnzimmerkonzept" benötigt einfach zu viel Platz. Als Kompromiss haben wir den Mittelweg gewählt und der bewährt sich bislang sehr gut.

Auf der Produktseite haben wir einerseits auf Digitalradio gesetzt, was zum Zeitpunkt der Firmengründung von allen Seiten schon wieder totgesagt wurde. Wir liessen uns davon aber nicht beirren und haben mit unserem Starrsinn ganz offensichtlich auf das richtige Pferd gesetzt. Auf der anderen Seite sind es vor allem Multi-Room-Systeme, die unser Konzept ausmachen. Ich habe mir 2007 ein Sonos Multi-Room-System zugelegt. Gekauft habe ich es bei Media Markt. Aber erklären wie es funktioniert konnte mir dort niemand. Vermutlich war das auch der Grund dafür, dass sie das System stark reduziert verkauft haben.

Diese Problematik war es, die mich dazu gebracht hat, Klangwandel als Kompetenzzentrum für Multi-Room-Systeme aufzuziehen. Ursprünglich hatten wir diverse Multi-Room-Musiksysteme im Sortiment, nach einem Jahr aber nur noch Sonos. Das Preis-Leistungs-Verhältnis von Sonos ist einfach unschlagbar. Von der Marge kann man das zwar leider nicht behaupten, doch über die Masse lässt sich das ganz gut kompensieren.

Welche Dienstleistungen bieten Sie an?

Es liegt uns am Herzen, unseren Kunden die Technologie vorzuführen und zu zeigen, was damit möglich ist. Darüber hinaus übernehmen wir aber auch die Konzeption und die Installation kompletter Multi-Room-Systeme. Das fängt bei kleinen Installationen für wenige Räume an und geht bis zur Einrichtung ganzer Häuser. Wir haben bereits jetzt schon Aufträge bis 2015. Unsere Projekte erstrecken sich dabei über eine grosse Bandbreite. Von der kleinen Zweizimmerwohnung, bis hin zu millionenteuren Villen haben wir alles schon betreut. Wir arbeiten gerade daran, unsere Projektsparte weiter auszubauen und auch vermehrt Geschäftskunden zu gewinnen. Wir werden hierfür demnächst eine eigene Projekt-Webseite launchen. (www.klangwandel.net)

Wer sind Ihre Kunden?

Um das zu beantworten, muss ich ein wenig ausholen. Für mich gibt es vier Kategorien von Händlern. Da haben wir erst einmal den konventionellen Radio- und TV-Händler mit bis unter die Ladendecke vollgestopften, verstaubten Regalen. Dann sind da die grossen Discounter mit ihren ganzjährigen Sale-Aktionen wie zum Beispiel Interdiscount oder Media Markt. Nicht zu vergessen die "Highender", die nur so teure Geräte in ihren Geschäften haben, dass sich niemand hinein traut. Und natürlich die Onlinehändler.

Wir passen mit unserem Konzept eigentlich in keine dieser Kategorien. Wir verzichten ganz bewusst auf Onlinehandel und Sale-Aktionen. Wir wollen die Nähe zu unseren Kunden und ihren Wünschen und Bedürfnissen gerecht werden. Sie sollen sich wohl fühlen und sich trauen, Fragen zu stellen.

Zurück zur eigentlichen Frage erklärt das vermutlich auch, warum eine sehr hohe Anzahl unserer Kunden Frauen sind. Frauen lassen sich gerne erklären, wie die Geräte funktionieren und wir erklären eben gerne. Ansonsten kommen Kunden aus der ganzen Schweiz zu uns. Vor kurzem hatten wir wieder jemand aus Basel hier. Die Kundin ist nur nach Zürich gefahren, um in unseren Laden zu kommen. Ich führe das auf unsere Homepage zurück, in die wir wirklich viel investiert haben. Dadurch kommen laufend neue Kunden aus der ganzen Schweiz zu uns.

Insgesamt haben wir in den letzten drei Jahren 4000 registrierte Kunden gewonnen und inzwischen auch etliche Geschäftsaufträge ausgeführt. Das letzte Business-Projekt war die Installation für ein Restaurant hier in Zürich. Man merkt einfach, dass es sich beim Geschäft mit Multi-Room-Systemen nicht mehr um einen Nischenmarkt handelt. Immer mehr Leute interessieren sich für die Technologie.

Welchen Herausforderungen sehen Sie sich mit Ihrem Geschäft gegenüber?

Ganz klar dem Onlinehandel. Ein Onlinehändler wird unsere Preise immer unterbieten, da er keine Ladenmiete zahlen muss, keine Serviceleistungen erbringt und weniger oder gar keine Mitarbeiter benötigt. Aber das ist auch der springende Punkt. Wir bieten Service und Dienstleistungen, die ein reiner Onlinehändler eben nicht bieten kann. Leider gibt es eine gewisse Kundengruppe, die genau das nicht versteht. Wir begegnen diesem Problem mit gnadenloser Preistransparenz. Wir zeigen unseren Kunden den Listenpreis der Hersteller, unseren Preis und die tagesaktuellen Onlinepreise. Wir verkaufen unsere Produkte auf Wunsch auch zum Preis der Onlinehändler, aber damit verzichten die Kunden dann auch auf jegliche Service-Ansprüche. Zudem mussten wir unsere Strategie bezüglich des Produktsortiments anpassen. Anfänglich hatten wir noch Brands im Sortiment, die über ihren Distributor in jeden Kanal liefern. Das führt natürlich dazu, dass die Preise für solche Produkte schmelzen wie Eis in der Sonne. Ein Bespiel dafür ist Pure: Als wir unseren Laden eröffneten, hatten wir die gesamte Modellpalette von Pure ausgestellt. Inzwischen sind es vielleicht noch ein oder zwei Modelle. Wir können, beziehungsweise wollen, die Geräte nicht zu dem Preis verkaufen, wie sie online angeboten werden.


 

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